Zwei Tage war Max Verstappen nach seiner Rammbock-Aktion gegen George Russell abgetaucht. Inzwischen ist der F1-Weltmeister im Anflug auf Salzburg. Am Rande der großen Wiedereröffnung des Hangar-7 kommt's zum "Gipfel" mit Helmut Marko. Lesen Sie, was das Red-Bull-Mastermind dazu zu sagen hat.
oe24: Herr Marko, hat sich Max Verstappen inzwischen beruhigt?
HELMUT MARKO: Ja, aber unser Problem ist dadurch nicht gelöst.
oe24: Und zwar?
MARKO: Unser Auto ist nicht schnell genug. Das regt mich noch mehr auf als die Aktion vom Max. Uns fehlen noch immer drei Zehntel gegenüber McLaren.
oe24: ORF-Experte Alex Wurz meint, Sie würden das zu pessimistisch betrachten. Seiner Meinung nach steht Red Bull besser da als noch vor ein paar Wochen.
MARKO: Trotzdem fehlen uns vom Speed her mindestens drei Zehntel. In Barcelona haben wir gesehen, dass die Reifen bei uns nach zehn Runden eingehen und McLaren zulegt. Da muss der Wurz ein bissl genauer schauen.
Resigniert Verstappen im WM-Kampf? "So ist es ..."
oe24: Wenn man Max Verstappen zuhört, hat man den Eindruck, dass er im Kampf um die WM langsam resigniert.
MARKO: So ist es. Ich versuche ihn aufzurichten: Wir geben nicht auf, aber da muss sich beim Auto endlich was tun.
oe24: Und wenn es eng wird, gibt es ja den Max-Faktor, auf den Sie in der Vergangenheit immer wieder zählen konnten.
MARKO: Aber nicht gegen einen derart starken Gegner. Die McLaren sind auf jeder Strecke stark. Aber Sie haben schon recht: Das Auto muss wettbewerbsfähig sein, dann besorgt der Max den Rest.
oe24: Dazu besteht plötzlich die Gefahr, dass Verstappen bei einem weiteren Ausraster für den Österreich-GP gesperrt werden könnte.
MARKO: Nein, nein, das wird nicht passieren. So weit hat er sich im Griff.
oe24: Wäre schlimm, wenn die 30.000 Holländer in Spielberg nicht mit ihrem Nationalhelden mitfiebern könnten ...
MARKO: Daran hat Max in dem Moment (als er Russell absichtlich ins Auto fuhr und die Lizenzpunkte-Strafe kassierte, d. Red.) sicher nicht gedacht. Aber wenn man wie er heuer immer mit dem Messer zwischen den Zähnen fahren muss, dann ist halt alles schwieriger. Wobei ich zur Verteidigung vom Max sagen muss: ServusTV hat am Montag sehr eindeutige Aufnahmen gezeigt, dass Max in Barcelona bei 300 km/h von Leclerc gerammt wurde. Aber da ist nix passiert. Das regt ihn natürlich auch auf.
oe24: Max wurde vor wenigen Wochen zum ersten Mal Vater. Bei Jungvätern lässt sich beobachten, dass sie die neue Rolle entweder gelassener oder gereizter macht. Wie verhält es sich bei Ihrem Lieblingspiloten?
MARKO: Er ist gelassener gewesen - bis zum Grand Prix in Spanien. Da ist viel für ihn zusammengekommen: Man hat ihm den falschen Reifen draufgegeben, er musste seine Position zurückgeben, obwohl er sich hundertprozentig im Recht glaubte. Dann noch die Aktion von Leclerc - irgendwann geht einem die Hutschnur.
"Ich weiß nicht, wo er diesen Blödsinn gesagt hat"
oe24: Dann kommt noch Experte Ralf Schumacher mit der Theorie, dass Verstappen schlechte Ergebnisse provozieren könnte, um aus seinem Red-Bull-Vertrag zu kommen.
MARKO: Ich weiß nicht, wo er diesen Blödsinn gesagt hat. Aber das könnte Max viel elegantere Weise regeln.
oe24: Es geht offenbar um die Klausel, dass Verstappen mit Saisonende aussteigen darf, wenn er in der WM nicht in den Top 3 ist ...
MARKO: Überall tauchen andere angebliche Ausstiegsklauseln auf. Das ist im Moment alles nicht relevant.
oe24: Haben Sie vor, Schumi zur Rede zu stellen?
MARKO: Wenn ich ihn das nächste Mal treffe, dann sag ich's ihm schon.
Nächtstes Rennen: GP von Kanada in Montreal am 15. Juni (20 Uhr, ServusTV live)