Spanier schöpfte sein Potenzial trotz zweier WM-Titel wegen Fehltritten nicht ganz aus.
Es war eine große Karriere. Sie hätte aber noch viel größer werden können. Am Sonntag ist sie zu Ende, die Formel-1-Laufbahn des Fernando Alonso. Der Spanier absolviert in Abu Dhabi seinen letzten Grand Prix. Er gilt als einer der besten Piloten der vergangenen 20 Jahre. Und dennoch hat der 37-Jährige seit 2013 kein Formel-1-Rennen mehr gewonnen.
Sein Potenzial hat Alonso trotz zweier Weltmeistertitel 2005 und 2006 nie ganz ausgeschöpft. Das mag einerseits an schlechten, weil im Affekt getroffenen Entscheidungen liegen, andererseits auch seiner nicht immer glücklichen Teamwahl. Geduld ist nie die Stärke des Mannes aus Oviedo gewesen. Auf der Strecke, da sind sich viele Experten einig, konnte ihm aber kaum jemand das Wasser reichen.
Seit seinem Debüt 2001 hat Alonso die Königsklasse entscheidend mitgeprägt. Als junger, aufstrebender Renault-Pilot beendete er die Triumphfahrten von Michael Schumacher im Ferrari. Er spielte aber auch die Hauptrolle in einem bitterbösen McLaren-Stallkrieg mit Lewis Hamilton 2007. Er stellte sich in der Spionageaffäre im selben Jahr gegen sein Team und war 2008 in Singapur Nutznießer eines absichtlichen Unfalls seines Teamkollegen Nelson Piquet jr.
Kein Glück bei Ferrari
Es folgte ein unvollendetes Engagement bei Ferrari. Dort hätte Alonso schon im ersten Jahr 2010 zum Heilsbringer avancieren können, scheiterte beim WM-Finale in Abu Dhabi aber an Sebastian Vettel. 15 Punkte Vorsprung verspielte er auf den damaligen Red-Bull-Jungstar, weil er auf dem Yas Marina Circuit nicht am Russen Witali Petrow vorbeikam. Genau dort fährt Alonso am Sonntag sein letztes Rennen. Für 313 Grand Prix war er angemeldet.
"Es wird sehr emotional", sagte Alonso vor seiner Abschiedsvorstellung - wohlwissend, dass seine Karriere mit einem Ferrari-Titel wohl ganz anders verlaufen wäre. Nun liegt es an Vettel, die Durststrecke der seit 2007 titellosen Italiener zu beenden. Alonso dagegen, mit Ferrari dreimal Vizeweltmeister, fuhr seit seinem Wechsel zu McLaren 2015 nur noch hinterher. Sein letzter GP-Sieg gelang ihm im Mai 2013 zu Hause in Spanien.
Öffentliches Jammern über die Formel 1, vor allem aber über seinen nicht konkurrenzfähigen McLaren, gehörten seither zu Alonsos Markenzeichen. "Der Motor fühlt sich gut an. Viel langsamer als vorher. Großartig", funkte Alonso etwa im Vorjahr bei seinem Heimrennen. Der Unterhaltungswert derartiger Aussagen war zwar groß - dem früheren Motorenpartner Honda dürften sie aber auch nicht geschmeckt haben.
"Triple Crown" als letztes Ziel
Alonso hat bei vielen seiner Stationen verbrannte Erde hinterlassen. Am schlimmsten war es 2007 bei McLaren, als er das Team nach einem Stallkrieg mit dem damaligen Debütanten Hamilton nach nur einem Jahr fluchtartig verließ. "Er hat immer ein bisschen Chaos hinterlassen, wenn er gegangen ist", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner einmal über Alonso. Auch beim österreichisch-englischen Rennstall hatte sich der Asturier einst - erfolglos - angetragen.
Seinen Rückzug aus der Königsklasse mit Saisonende gab Alonso im August bekannt. Den Entschluss soll er schon Monate davor gefasst haben. "Wir hatten sehr gute Zeiten, einige sind unvergesslich, andere waren wirklich schlimm", erklärte Alonso in seinem Rücktrittsvideo.
Als Ziel verbleibt die "Triple Crown" des Motorsports, die bisher nur der Engländer Graham Hill erobert hat. Nach Siegen im Formel-1-Klassiker in Monaco und in diesem Jahr beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans fehlt Alonso dafür nur noch ein Triumph beim Indy500 in den USA. Im Mai kommenden Jahres will er in Indianapolis den nächsten Anlauf starten.
Mit der Formel 1 hat er abgeschlossen, mit Hamilton längst die Friedenspfeife geraucht. Der mittlerweile fünffache Weltmeister gehöre zu den fünf besten Piloten der Formel-1-Geschichte, meinte Alonso. Sich selbst zählt er nicht dazu. Hätte er in seiner Karriere manchmal andere Schritte gesetzt, wäre vermutlich auch sein eigenes Urteil anders ausgefallen.