Die am Sonntag (19.05 Uhr/live ORF Sport +) beginnende "best of three"-Finalserie der Handball-Meisterliga glänzt mit zwei Überraschungsteams. Das finanziell ausgeknockte Westwien könnte sich mit dem 1. Meistertitel seit 1993 verabschieden, der HC Linz peilt das erste Championat seit 1996 an.
Die Wiener, die im ersten Spiel in der Südstadt Heimvorteil haben, dürfen sich in leichter Favoritenrolle wähnen. In den Neunziger-Jahren war es eines der großen Duelle im heimischen Männerhandball, nun kommt es zur Neuauflage. Vor allem für die Linzer, die 1996 ihren bisher letzten von insgesamt sieben Meistertiteln feierten und zuletzt 2003 im Finale der Eliteliga standen, ist es eine durchaus unerwartete Renaissance. 2019 entgingen die Oberösterreicher noch hauchdünn dem Abstieg, vier Jahre später ist man wieder ein gefürchteter Gegner. Erst schaltete die Truppe von Milan Vunjak Cupsieger Hard aus, im Halbfinale folgte dann Titelverteidiger Krems.
Als Siebenter nach dem Grunddurchgang war das eine durchaus bemerkenswerte Leistung. "Wir hatten zwar einen durchwachsenen Grunddurchgang, aber jetzt, wo's zählt, sind wir voll da", meinte Kapitän Alexander Hermann. Gegen Krems etwa war in der ersten Saisonphase kein Sieg gelungen, das gleiche gilt nun vor dem Wiedersehen mit Westwien. Dessen ist sich auch Vunjak bewusst. "Westwien ist eine überragende Mannschaft, die eine tolle Saison gespielt hat, und sie stehen zurecht im Finale. Aber wir sind bis in die Haarspitzen motiviert, da braucht niemand eine Extraportion Motivation", erklärte der Slowene, einst im Innsbrucker Dress zweifacher HLA-Torschützenkönig.
Spieler haben eine sichere Zukunft
Dass der Meister erstmals seit 2000 (Bärnbach/Köflach) nicht Bregenz, Hard, Fivers oder Krems heißen wird, ist auch Westwien zu verdanken. Umso mehr schmerzt, dass der fünffache Meister, der in den Neunzigerjahren unter dem legendären Trainer Vinko Kandija nicht zuletzt mit Platz vier in der Champions League 1993/94 für Furore gesorgt hatte, am Ende der Saison aus wirtschaftlichen Gründen abtreten muss - nicht nur Fans des Vereins. Obwohl Westwien ohne Legionäre auskommt, sei das Unterfangen nicht mehr finanzierbar, argumentierte Manager Konrad Wilczynski und führte Corona-Nachwehen, Teuerungen und abgesprungene Sponsoren ins Treffen. Dazu kommt die ewige Hallenlosigkeit, eine Hürde nicht zuletzt in der Vermarktung. Zur echten Heimat ist die Südstadt nie geworden.
Die Spieler, darunter einige Nationalteamakteure, sind Großteils bereits bei anderen Clubs untergekommen, mehrere wechseln ins Ausland. Nun hat der Club einen Abgang mit Stil im Sinn. Wilczynski sprach angesichts des Finaleinzugs von "Sprachlosigkeit und Stolz". "Jetzt kann das Märchen weitergehen", meinte der ehemalige ÖHB-Teamspieler. Bei Kapitän und WW-Urgestein Wilhelm Jelinek, der in der kommenden Saison für Krems auflaufen wird, schwang im Jubel Wehmut mit: "Ich freue mich riesig, dass wir noch einmal vor so einer Kulisse spielen dürfen, weil das wird es nicht mehr geben."