Einreisesperre droht

Tennis-Star ausgewiesen: Hier verlässt Djokovic Australien

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Weiterer Turnierplan des ''Djoker'' wegen Impfunwilligkeit offen.

Melbourne. Novak Djokovic darf nicht an den Australian Open teilnehmen und ist ausgewiesen worden. Wie das Bundesgericht in Australien am Sonntag entschied, wurde der Einspruch des serbischen Tennisstars gegen seine verweigerte Einreise und die Annullierung des Visums abgelehnt. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, hieß es in der Bekanntgabe der drei Richter. Die Begründung soll in den nächsten Tagen folgen. Djokovic verließ um 22.30 Uhr (12.30 Uhr MEZ) in Richtung Dubai das Land.

Gegen das Urteil können beide Seiten vor dem Bundesgericht keine Rechtsmittel einlegen. Einem Bericht der Nachrichtenagentur AAP zufolge wäre eine Berufung vor dem High Court, dem höchsten Gericht Australiens, möglich. Die Erfolgschancen seien aber gering. Djokovic zieht offenbar keine weiteren juristischen Schritte in Erwägung. Er respektiere die Entscheidung des Gerichts und werde mit den Autoritäten kooperieren, was seine Abreise aus Australien betreffe, teilte der Weltranglisten-Erste in einer Stellungnahme mit, aus der am Sonntag mehrere Medien zitierten.

Djokovic: "Ich bin extrem enttäuscht"

"Ich bin extrem enttäuscht über die Entscheidung", erklärte Djokovic. Ziel des 34-Jährigen war es, in Melbourne mit dem 21. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier Roger Federer und Rafael Nadal zu übertreffen und alleiniger Rekordhalter zu werden. Nun darf er nicht zu einer Titelverteidigung beim ersten Major des Jahres, das er bereits neunmal gewonnen hat, antreten.

"Ich fühle mich unwohl, dass ich der Fokus der vergangenen Wochen gewesen bin, und ich hoffe, dass wir uns nun alle auf das Spiel und das Turnier, das ich liebe, konzentrieren können", sagte Djokovic nach der unter Vorsitz von Richter James Allsop gefällten Urteil. Er werde sich nun ein bisschen Zeit nehmen, sich zu erholen, bevor er darüber hinaus weitere Kommentare abgebe. Wenige Stunden später hob Djokovic elf Tage nach seiner Landung in "Down Under" wieder ab.

Djokovic
© AFP/APA
× Djokovic

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Djokovic verlässt Australien.

Serbien Präsident Aleksander Vucic hatte davor laut eigenen Angaben mit dem nationalen Sporthelden Kontakt. "Ich habe ihm gesagt, dass wir es nicht erwarten können, ihn zu sehen. Ich habe gesagt, dass er immer in Serbien willkommen ist." Vucic kritisierte aber auch den Umgang der australischen Behörden mit Djokovic scharf. Seit seiner Ankunft in Australien mit einer medizinischen Ausnahmegenehmigung habe der nicht gegen Corona geimpfte Spitzensportler "nichts als Willkür und Schikanen" erfahren.

Vucic spricht von "Hexenjagd"

Das serbische Staatsoberhaupt meinte, die Schikanen gegen Djokovic hätten "beispiellose Ausmaße" angenommen. Eine "Hexenjagd" sei gegen ihn entfacht worden, die Medien hätten eine "Lynchstimmung" erzeugt. "An Novak wollte man eine Exempel dafür statuieren, wie die Weltordnung funktioniert." Doch Djokovic könne "mit erhobenem Haupt" nach Serbien zurückkehren.

Scharf argumentierte auch Serbiens Ministerpräsidentin Ana Brnabic: "Ich denke, dass die Gerichtsentscheidung skandalös ist. Ich denke, es zeigt, wie die Rechtsstaatlichkeit in einigen anderen Ländern funktioniert, oder besser nicht funktioniert." Serbische Online-Medien reagierten ebenfalls erwartet empört. "In Melbourne geschah die größte Schande in der Geschichte des Sports! Schäm dich, Australien! (...) Das Recht hat verloren, die Politik hat gesiegt", schrieb etwa "kurir.rs". "alo.rs" sah "eine Schande, wie man sie noch nie gesehen hat!"

Australiens Premierminister Scott Morrison hingegen begrüßte wie erwartet die Entscheidung: "Jetzt ist es an der Zeit, mit den Australian Open weiterzumachen und wieder den Tennis-Sommer zu genießen", schrieb der Regierungschef auf Facebook. Die Entscheidung sei aus Gründen der "Gesundheit, Sicherheit und der Ordnung" gefallen. Sie sei "im öffentlichen Interesse". Starke Grenzen seien für die australische Lebensweise von grundlegender Bedeutung - genauso wie die Rechtsstaatlichkeit.

Bedauern kam von der ATP

Australiens Tennisverband (TA) gab an, die Entscheidung zu respektieren, Bedauern kam von der Männer-Tennis-Organisation ATP. "Novak ist einer der größten Champions unseres Sports und sein Fehlen bei den Australian Open ist ein Verlust für das Spiel", hieß es. Mats Wilander, schwedische Tennis-Größe früherer Zeiten, gab sich "überrascht und geschockt", und sah die Karriere von Djokovic in Gefahr: "Er muss nun etwas machen, was er nicht wirklich will. Letztlich muss er sich impfen lassen."

Die Sitzung des Bundesgerichts hatte gegen 9.30 Uhr (Ortszeit) begonnen, rund fünf Stunden später hatten sich die drei Richter zur Urteilsfindung zurückgezogen. Um kurz vor 18.00 Uhr Ortszeit wurde die Entscheidung bekannt. Wie die australische Nachrichtenagentur AAP berichtete, hatte Djokovic die Sitzung aus dem Büro seiner Anwälte in Melbourne verfolgt. Die Nacht vor der Verhandlung beim Bundesgericht hatte der Rekordsieger der Australian Open in einem Abschiebehotel verbracht.

Mehr als 85.000 Menschen schauten zwischenzeitlich die entscheidende Sitzung auf dem YouTube-Kanal des Bundesgerichts. Vor dem Bundesgericht hatten während der Beratungen rund 70 Djokovic-Fans gewartet und gesungen, bei der Urteilsverkündung lauschten sie dieser vor einem Lautsprecher. Es dauerte aber einige Minuten, bevor sie die Niederlage von Djokovic realisierten. Danach zogen sie enttäuscht ab.

Visum für ungültig erklärt

In der Anhörung ging es unter anderem darum, ob Djokovic mit seinem Aufenthalt eine "Anti-Impf-Stimmung" in Australien fördere. Das hatte die australische Regierung als einen Grund angegeben, warum Einwanderungsminister Alex Hawke am Freitag das Visum von Djokovic erneut für ungültig erklärt hatte. Die Anwälte des Serben warfen die Frage auf, ob Hawke nicht bedacht habe, ob auch eine "Anti-Impf-Stimmung" geschürt werde, wenn das Visum des Tennisprofis für ungültig erklärt werde.

Wie Djokovic nun inmitten der Pandemie ohne eine Kehrtwende in der Impffrage an den wichtigsten Turnieren teilnehmen will, erscheint fraglich. Bei den Masters-Events in Indian Wells und Miami im März sind ebenso nur geimpfte Spielerinnen und Spieler zugelassen. Über die Regeln in Wimbledon ist noch nichts bekannt. Nur bei den French Open in Paris dürfte Djokovic als Ungeimpfter nach aktuellem Stand wieder angreifen. Sein früherer Coach Boris Becker rät Djokovic daher zur Impfung.

Die Ausgangslage bei den Australian Open ist nun ebenfalls offen wie selten. Anwärter auf den Thron gibt es einige. Rafael Nadal ist der einzige im Raster mit einem Australian-Open-Titel auf seiner Visitenkarte, dieser liegt 13 Jahre zurück. Der Spanier hat nun aber als einziger die Chance, seinen 21. Major-Titel zu holen, da der Schweizer Federer in Melbourne verletzt fehlt. Turnierfavorit ist aber der russische Weltranglistenzweite Daniil Medewedew, auch der Deutsche Alexander Zverev ist hoch einzuschätzen.

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