Die österreichischen Biathleten haben nach dem verpatzten Sprint ein tolles Comeback geschafft. Mit einer furiosen Leistung in der Loipe und am Schießstand lief der Steirer Christoph Sumann im 12,5-km-Verfolgungsbewerb vom zwölften Rang zur Silbermedaille. Der 34-Jährige eroberte damit das zweite Edelmetall für Österreich bei den XXI. Winterspielen und erfüllte sich einen Traum.
"Vielleicht war das der Durchputzer", hatte Sumann nach dem Sprint gemeint, nachdem er in seinem ersten Rennen nach dreiwöchiger Pause körperlich nicht in bester Verfassung gewesen war. Und das traf zu, denn zwei Tage später, trotz einer leichten Magenverstimmung im Vorfeld, präsentierte sich Sumann enorm stark. Der Rückstand von 1:24 am Start schien viel, doch er zeigte, dass im Biathlon vieles möglich ist. Sumann hatte bereits mehrfach tolle Aufholjagden geliefert.
Das gelang ihm auch in Whistler. Nach zwei fehlerfreien Liegend-Schießen war der Polizist aus Frojach schon Sechster, aber noch 45 Sekunden hinter dem führenden Sprint-Sieger Vincent Jay aus Frankreich. Ein Fehlschuss liegend machte nicht viel aus, denn auch die Konkurrenz blieb nicht fehlerfrei - Sumann war nach dem dritten Schießen Vierter (+26 Sekunden), nur noch zwölf Sekunden hinter Gold.
"Jetzt bin ich leicht nervös", meinte Trainer Reinhard Gösweiner am Schießstand, doch Sumann behielt ruhig Blut. Dank starker Laufleistung und mit nur einem weiteren Fehler im letzten Schießen sicherte er sich vor der letzten Runde Rang drei. Nur kurz drohte von hinten Gefahr, doch der erste Weltcup-Spitzenreiter des ÖSV - das Gelbe Trikot in Whistler war ein schöner Nebeneffekt - hatte noch Kraft für das Finish. Er überholte Jay und sicherte sich als zweiter Österreicher nach Wolfgang Perner (Sprint-Bronze 2002) eine olympisches Biathlon-Medaille.
Trainer Gösweiner vermochte die Tränen nicht mehr zurückzuhalten. "Das ist ein Traum, ich hätte nicht geglaubt, dass sich das ausgeht. Wir haben gezeigt, dass wir zurückschlagen können. Wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt nach dem Sprint, sondern nach vorne geschaut. Ich bin einfach überglücklich."
Sumann, eine der buntesten Figuren im Biathlon-Zirkus, machte bei seinen dritten Spielen erstmals die schönste Erfahrung eines Sportlerlebens. "In Salt Lake City war ich zu jung und Turin habe ich verdrängt", sagte der Steirer mit Hinweis auf die Doping-Razzia im Österreicher-Quartier. Er war von der Affäre nicht betroffen und holte danach noch zwei Top-Ten-Plätze. In Kanada gelang ihm nun die Krönung seiner Laufbahn.
"Silber - Wahnsinn, ich bin sprachlos. Ich hatte mir nicht zu große Erwartungen gesteckt, der Rückstand war eigentlich schon zu groß. Ich muss aber auch sagen - perfektes Material, der Ski war genial. Es war ein Traum, eine Medaille zu machen, jetzt geht sicher alles leichter", strahlte Sumann. "Die weiteren Wettbewerbe können kommen. Für alle anderen werde ich mich zerreißen. Der große Unterschied zum Sprint war, dass die Nervosität weg war. Ich brauche einfach immer ein wenig, um in ein Großereignis hineinzuwachsen."
Überschwängliche Freude bei Sumann, aber Enttäuschung im Lager von Simon Eder. Der 26-jährige Salzburger belegte nach drei Fehlschüssen mit 31 Sekunden Rückstand den vierten Rang, nur knapp drei Sekunden hinter dem im Finish locker auslaufenden Jay. "Ein Treffer mehr und wir hätten eine Doppelmedaille", seufzte Trainer-Vater Alfred Eder, der am Schießstand mit seinem Sohn mitlitt.
Zwei Fehler im ersten Stehend-Anschlag warfen den Schnellschützen auf Rang acht zurück, ein weitere Strafrunde am Ende bedeutete das Ende der Hoffnungen. Denn Jay rettete nach insgesamt nur zwei Strafrunden seine zweite Medaille. Alfred Eder konnte das doppelte Pech - im Sprint war der Sohn nach fehlerfreiem Schießen an den Bedingungen gescheitert und nur Elfter geworden - nicht fassen.
Superstar Ole Einar Björndalen, der nach dem dritten Schießen schon eineinhalb Minuten aufgeholt hatte und als Dritter noch die Chance auf seine sechste Olympia-Goldmedaille hatte, fiel nach seinen zwei einzigen Fehlern am Ende auf Platz sieben zurück (+51,4), unmittelbar vor dem Sprint-Zweiten, seinem Landsmann Emil Hegle Svendsen, der mit vier Fehlern die Chance auf Gold vergab.
Dominik Landertinger verbesserte seine Position. Der Massenstart-Weltmeister skatete trotz dreier Fehler mit bester Laufzeit von Rang 34 auf 14 (+1:28,3). Der Kärntner Daniel Mesotitsch wurde nach vier Fehlern 41. (+3:17,6).