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Japaner dominierte Vierschanzentournee erneut fast nach Belieben - Vorarlberger Schallert österreichische Erfolgskomponente des 25-Jährigen 

Nicht einmal eine Corona-Infektion konnte Ryoyu Kobayashi aus der Bahn werfen. Wegen Covid-19 verpasste der Japaner Anfang Dezember drei Weltcupbewerbe, aber nicht den Anschluss. Ganz im Gegenteil, danach ging es mit dem Siegeslauf erst los. Hatte Kobayashi unmittelbar vor der Pause in Ruka gesiegt, gewann er danach fünf von acht Bewerben, woraus fast der insgesamt vierte Grand Slam der Tournee-Geschichte folgte. Dafür fehlte allein der Sieg zum Abschluss in Bischofshofen.

Mit dem hätte der 25-Jährige ein Alleinstellungsmerkmal in der nun 70-jährigen Tournee-Geschichte gehabt. Drei Jahre davor hatte der Mann aus Sapporo in dieser Manier schon triumphiert, Olympia-Favorit ist er nun dennoch. Denn 2019 nahm Kobayashi den Tournee-Flow mit, feierte in der damaligen Saison insgesamt 13 Weltcup-Siege und holte damit natürlich auch den Gesamt-Weltcup. Da hat er als aktueller Leader erneut alle Chancen, freilich stehen heuer aber überdies Winterspiele an.

Tournee-Bewerbe als nächtliche Show in Japan

Das Abschneiden ihrer Landsleute im fernen Europa verfolgen die Japaner daher derzeit mit besonderem Interesse. Weltcup- und damit auch die Tournee-Bewerbe werden live im Fernsehen übertragen, Bischofshofen wurde damit zur nächtlichen Show. Denn wegen des Zeitunterschieds ging der Innsbruck-Ersatzbewerb ab 0.30 Uhr Japan-Zeit über die Bühne, das Finale ab 1.30 Uhr Früh. Vier japanische Journalisten berichteten von der Tournee - alle aus dem Printbereich, drei davon in Europa stationiert.

Kobayashi will von dem Interesse aus der Heimat an ihm nichts mitbekommen. "Davon weiß ich nichts, weil ich nicht in Japan bin", sagte er auf Anfrage der APA - Austria Presse Agentur trocken. Ebenso unaufgeregt ging Kobayashi an seinen zweiten Tournee-Grand-Slam heran. "Ich denke nicht darüber nach und springe einfach meine Sprünge", ließ er noch am Tag vor dem Gesamt-Triumph wissen. Auch könne man die beiden Grand Slams nicht miteinander vergleichen, jeder stünde für sich.

Nichts kann Kobayashi aus der Ruhe bringen

Der Gewinner von insgesamt 25 Weltcup-Springen ist auf Social Media sehr präsent und meinte, vor dem einen oder anderen seiner acht Wettkampfsprünge Nervosität verspürt zu haben. "Das war vor dem zweiten Durchgang in Garmisch-Partenkirchen so, weil Eisei (Markus Eisenbichler, Anm.) vor ihm einen großartigen Sprung hatte", hatte Kobayashi ein Beispiel parat. Er distanzierte den Deutschen aber um 0,2 Punkte, womit der kritische Punkt auf dem Weg zum Grand Slam überstanden war.

"Ryoyu hat eine sehr gute Verbindung in der ersten Phase, und er hat das Selbstvertrauen", analysierte Eisenbichler die Stärken des Überfliegers. Allgemein wirkt Kobayashi sehr ausbalanciert, er kommt rasch in sein Flugsystem, scheinbar nichts kann ihn aus der Ruhe bringen. Tournee-Rekordsieger Janne Ahonen sah Kobayashi auch durch das Doppel auf Kobayashis Lieblingsschanze in Bischofshofen bevorteilt. "Da zwei Bewerbe, das ist gut für ihn", meinte der Finne, nun TV-Co-Kommentator.

Von Ex-ÖSV-Nationalteam-Athlet betreut 

Auf Ahonens Bestmarke von fünf Gesamt-Erfolgen fehlen Kobayashi drei Stück, doch an Tagessiegen hat er mit deren acht nur noch zwei Rückstand auf das Duo Björn Wirkola (NOR) und Jens Weißflog (DDR/BRD). Diese Marke könnte schon bei der nächsten Tournee fallen. Konkurrent Halvor Egner Granerud bescheinigte Kobayashi zumindest derzeit eine Stabilität auf einem sehr hohen Niveau. Der Gelobte selbst hat keine Erklärung dafür: "Ich mache es einfach, weiß aber nicht, woran es liegt."

Keine Frage aber, dass der Liebhaber schneller Autos und von Baseball ständig an sich arbeitet. Die Basis für diese Saison legte er mit Training in Europa und da auch Österreich, und da ist der Vorarlberger Richard Schallert ein wesentlicher Faktor. Der frühere ÖSV-Nationalteam-Athlet betreut Kobayashi seit bald drei Jahren über dessen Verein "Tsuchiya Home Ski Team" - ein Wohnbau- und Immobilien-Konzern -, schreibt Trainingspläne, womit der Vorarlberger wesentlichen Anteil am Erfolg hat.

Auch in der Arbeit mit den nicht-japanischen Medien macht der 1,73 m große Ausnahmekönner kleine Fortschritte. Zwar hat er nach der Konkurrenz immer mit einem Dolmetscher im Schlepptau und seine Antworten sind oft kürzer als die Fragen, doch bei Pressekonferenzen gibt Kobayashi auch in einfachem Englisch Auskunft. Das war beim Sohn eines Sportlehrers nicht immer so. Einige Wochen hat er nun noch Zeit, um vielleicht bei Olympia Sieger-Interviews in noch etwas fließenderem Englisch zu geben. 

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