In Planica wird Andreas Widhölzl noch einmal an den Weltcup-Start gehen, dann ist endgültig Schluss.
Andreas Widhölzl beendet nach 15 Weltcup-Saisonen seine Skisprung-Karriere. Nach einem Weltcup-Einsatz beim Skifliegen in Planica (14.3.) sowie einem offiziellen Abschiedsflug am Samstag hängt der 31-jährige Tiroler seine Skilatten an den Nagel und sagt Adieu. Eine Rückkehr ist nur in fernerer Zukunft im Trainerbereich möglich, vorerst will er sich aber einem Pädagogik-Studium sowie seiner Internetfirma widmen.
Aufwand zu groß
"Es war eine Kombination aus mehreren
Sachen", erklärte Widhölzl die Ursache seiner Entscheidung. Das Skispringen
an sich hätte ihm schon noch Spaß gemacht. "Aber was man dafür tun muss, der
Trainingsaufwand hat schon ein bisserl Motivationsprobleme ausgelöst."
Letztlich habe er nach einer Leistenoperation im Vorjahr dann körperlich
einfach nicht mehr jene Basis für diesen Winter legen können, wie
erforderlich.
Fehler im Training
"Den Sommer-Grand-Prix habe ich ausgelassen,
um mich körperlich auf Vordermann zu bringen. Dann habe ich mich selbst in
den Keller runtertrainiert", erinnert sich "Swider". Ausgerechnet kurz vor
Beginn der Weltcup-Saison sei dann gar nichts gegangen, danach sei alles
Hand in Hand gegangen. In Harrachov versuchte er sich noch als Vorspringer,
um vielleicht doch noch in letzter Sekunde den Sprung ins Skiflug-WM-Team zu
schaffen. Denn das Skifliegen ist dem zweifachen Vize-Weltmeister immer
besonders am Herzen gelegen.
Während der Rücktrittsgedanke nach Harrachov immer konkreter wurde, reiste er dennoch zur WM nach Oberstdorf und ging dort als Vorspringer über den Bakken. Sein ganz persönlicher Abschied in Deutschland, wo er 1999/2000 den Grundstein zu einem seiner größten Einzel-Erfolge gelegt hatte: Den Gewinn der Vierschanzen-Tournee. "Ich bin immer noch der letzte Österreicher, der die Tournee gewonnen hat", stellt Widhölzl grinsend fest.
Ganz großer Wurf blieb aus
Der ganz große Einzeltitel bei
Olympia oder einer WM blieb dem sympathischen, dreifachen Vater allerdings
verwehrt. Aus seinem Erinnerungsschatz gräbt er da auch gleich seine ersten
Olympischen Spiele 1998 in Nagano aus: "Das war sicher ein Höhepunkt, weil
ich bei den ersten Spielen gleich zwei Medaillen geholt habe. Aber dann habe
ich von der Großschanze vor dem letzten Sprung geführt und bin noch auf
Platz 4 zurückgefallen, Bronze habe ich um 0,1 Punkte versäumt. Das war ein
bitterer Moment." Insgesamt 18 Weltcup-Siege hat "Swider" gefeiert, dem
Gesamt-Weltcup-Titel kam er in der Saison 99/00 als Zweiter am nähesten.
Regulativ-Änderungen
Der Anfang vom Ende der Erfolge waren
für den Tiroler nicht zuletzt die vielen Änderungen im Regulativ, vor allem
die Einschränkungen bei den Anzügen. "Mein Sprungstil war sehr auf
Aerodynamik aufgebaut. Dann wurden die Schnitte immer mehr eingeschränkt,
das war sicher nicht zu meinem Vorteil", gestand auch Widhölzl.
Dass er nicht schon nach der Saison 2005/2006 aufgehört hat, als er Olympiasieger mit der Mannschaft und Skiflug-Vize-Weltmeister wurde, bereut er nicht. "Ich habe einfach noch nicht das Bedürfnis gehabt, aufzuhören. Jetzt gibt es einfach einige Faktoren, die nicht mehr zusammenpassen." Eine Bestätigung, dass die Entscheidung jetzt die richtige war, liefert ihm auch seine Gefühlslage. "Ich fühle mich gut mit der Entscheidung. Es wird Zeit für etwas Neues."
Zukunftspläne
Der immer bescheiden und ruhiggebliebene
Widhölzl hat auch schon klare Ziele. Einerseits will er seine vor zwei
Jahren gestartete und recht erfolgreich laufende Internet-Verkaufsfirma
weiterführen und Produkte auf ebay für Private verkaufen, andererseits will
er ein Studium absolvieren. Nach einer Studienberechtigungsprüfung möchte
Widhölzl in Stams eine sozial-pädagogische Ausbildung absolvieren und
mittelfristig auch als Trainer arbeiten. Was er seinen Nachfolgern mitgeben
möchte auf die Abenteuer-Reise Spitzensport? "Das Wichtigste ist, dass man
am Sport nicht den Spaß verliert. Man darf nicht nur verbissen sein, sondern
soll sich auch die Zeit nehmen, auch einmal auf ein Bier zu gehen, ohne
schlechtes Gewissen zu haben. Es ist auch wichtig, dass der Kopf frei ist."