Für Benni Raich zählt nur der Olympia-Sieg, Romed Baumann ist Außenseiter.
Mit vier Läufern wird Österreich in der alpinen Ski-Super-Kombination am Dienstag in Whistler Creekside am Start sein, Benjamin Raich darf mit einer Medaille spekulieren, Romed Baumann hat Außenseiterchancen. Wer allerdings die weiteren zwei ÖSV-Athleten sind, wird erst nach der Olympia-Abfahrt am Montag entschieden, voraussichtlich werden es Hannes Reichelt und Romed Baumann sein. Aber auch Michael Walchhofer ist ein Thema - abhängig vom Ausgang des ersten Speedbewerbes.
Gute Erinnerungen
In Val d'Isere hat Raich in diesem Winter
bereits eine Super-Kombination gewonnen, jedoch wurde als erster Teilbewerb
ein Super-G ausgetragen, in Whistler ist es eine Abfahrt. Der Tiroler steht
auch bereits als Gewinner der kleinen Kristallkugel fest. Vor acht Jahren
gewann Raich in Salt Lake City in der Kombination die Bronzemedaille. Und
auch die Erinnerungen an Turin 2006 sind nicht schlecht, auch wenn der
Österreicher im finalen Slalomlauf ausgeschieden war.
Viel wird davon abhängen, wieviel Raich in der Abfahrt auf seine größten Konkurrenten verliert. Also auf den Kroaten Ivica Kostelic (Sieger in Kitzbühel), die Schweizer Carlo Janka (Sieger in Beaver Creek), den US-Amerikaner Bode Miller (Sieger in Wengen), aber auch den Norweger Aksel Lund Svindal, der vor einem Jahr in Val d'Isere Weltmeister wurde. Im Slalom hat Raich zuletzt starke Leistungen geliefert, und in der Abfahrt denkt er, sich gegenüber dem Training noch steigern zu können. "Ein bisserl was kann ich schon aufholen. Es kommt immer darauf an, wer ganz vorne ist. Kostelic ist einer der Top-Favoriten."
Außenseiter Baumann
Mit den Rängen fünf, drei und neun hat
auch Baumann eine gute Kombi-Saison hinter sich, er will sich auf seine
skifahrerische Leistung konzentrieren. "Wenn ich zeige, was ich draufhabe
und Fünfter werde, dann ist nicht mehr drinnen gewesen. Wenn ich Fünfter
werde und nicht alles gegeben habe, dann wäre ich enttäuscht", meinte der
Olympia-Debütant.
Unbedingt ins Team und zeigen, was er drauf hat, möchte Hannes Reichelt. Sowohl im Super-G als auch dem Riesentorlauf ist er aktuell nur Ersatzmann. "Die Kombi ist für mich die Chance, dass ich mich für die nächsten Disziplinen empfehle, den Trainern zeige, dass mir der Hang liegt. Dass ich schnell sein und in den nächsten zwei Disziplinen um eine Medaille mitfahren kann." Reichelt hatte vor zwei Jahren bei der Olympia-Generalprobe den Riesentorlauf gewonnen und war im Super-G Zweiter geworden.
Olympischer Gedanke bei Streitberger
Wie die Jungfrau zum Kind
würde Speed-Spezialist Georg Streitberger zu einem Start in der Kombination
kommen. "Damit habe ich nicht gerechnet. Wenn sie mich nominieren, würde ich
schon fahren. Aber dann zählt mehr der olympische Gedanke als die
Medaillenchance." Aber zumindest wäre es ein Tag mehr auf der Piste, auf der
auch der Super-G gefahren wird, und das kann ja nicht schaden.
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Frage: Sie haben die Möglichkeit, mit einer dritten Goldmedaille zu Toni
Sailer aufzuschließen. Was würde Ihnen das bedeuten?
Raich:
"Er war ein großartiger Mensch, ich habe ihn kennenlernen dürfen.
Natürlich war er sehr erfolgreich als Skifahrer mit drei Olympiamedaillen,
aber er hat mich fast als Mensch noch mehr beeindruckt. Und das ist, was für
mich zählt. Er hat lange eine extrem schwere Krankheit gehabt, er hat
sich das nie anmerken lassen, er war immer gut drauf. Er hat immer ein
Lächeln auf den Lippen gehabt und positiv gedacht. Das ist das, was ich
mir von ihm vielleicht ein bisserl abschaue oder als Beispiel nehme. Ich versuche,
immer freundlich zu sein. Wenn man freundlich ist und nett, dann geht vieles
sehr viel einfacher, das ist klar."
Frage: Wie würde es
klingen, der erfolgreichste Olympionike Österreichs zu sein?
Raich:
"Ich habe die Möglichkeit, aber ich muss es zuerst schaffen. Wir
werden sehen, ob ich es schaffe. Es würde mir sehr viel bedeuten. In
einem Sportlerleben sind das natürlich wichtige Ereignisse, wichtige
Erfolge, die man feiern kann. Als Mensch wird es mich nicht wirklich ändern.
Natürlich reift man, aber grundsätzlich werde ich der bleiben, der
ich bin."
Frage: Sie haben sich in Turin den Kindheitstraum
erfüllt, Olympiasieger zu werden. Ist es jetzt leichter, weil Sie schon
zwei Goldene im Regal haben?
Raich: "Nur weil ich schon zwei
Goldmedaillen habe, werde ich nicht weniger scharf an die Sache herangehen.
Ich werde wieder alles geben. Genau deswegen, weil ich in Turin erfolgreich
war und weil ich dort das Gefühl haben durfte, bei Olympia ganz oben zu
stehen. Ich werde versuchen, mit aller Kraft und aller Macht, die ich habe,
das wieder zu erreichen. Natürlich habe ich eine gewisse Erfahrung gemacht.
Ich habe schon in Salt Lake City gute Chancen gehabt, damals ist es zweimal
Bronze geworden. Und ich habe in Turin gesehen, dass sich nichts erzwingen
lässt. Es hatte schlecht begonnen, ich bin in der Kombi ausgefallen und
im Super-G schlecht gefahren. Mir haben nicht mehr viele diese Medaillen
zugetraut in meinen richtig guten Disziplinen, weil sie gesagt haben, der
ist nicht mehr so gut drauf."
Frage: Wie haben Sie es
trotzdem geschafft?
Raich: "Ich bin einfach ruhiggeblieben, das
war das Um und Auf, das werde ich jetzt auch machen. Man kann nichts
erzwingen, man kann als Athlet nur gewinnen. Ich habe es geschafft,
ruhigzubleiben, fokussiert weiterzuarbeiten. Ich habe mich für den
Riesentorlauf und Slalom konzentrieren können. Das wird sicher hier auch
wichtig sein, es läuft nicht immer genau alles nach Plan."
Frage:
Sie treten in vier Bewerben an, was haben Sie sich zum Ziel gesetzt?
Raich:
"Eine Medaille ist das Ziel. Bei jedem Rennen, in dem ich am Start bin,
will ich am liebsten ganz oben stehen. Ich habe in allen Disziplinen mit
Ausnahme im Super-G, wo ich aber auch schon am Stockerl war, gewonnen. Das
glaube ich, zeigt schon, dass ich auch als Ziel haben muss, ganz oben zu
stehen. Was dann rauskommt, weiß man sowieso nicht vorher. Es haben
auch viele das Ziel. Deswegen ist es schwierig, aber auch viel wert, wenn
ich es schaffe."
Frage: Wann würden Sie enttäuscht
heimreisen?
Raich: "Als Politiker würde ich sagen, die Frage
stellt sich nicht, ich habe die vier Rennen erst. Waswärewenn-Fragen kann
man dann beantworten, wenn es wirklich sein sollte. Ich glaube, dass ich
gute Chancen habe. Ich werde versuchen, meine Chancen zu nutzen. Manchmal ist
ein zweiter oder dritter Platz auch gut. Es kann auch ein 10. Platz manchmal
gut sein oder ein 15., darüber habe ich mich auch schon oft gefreut.
Aber das Ziel ist natürlich, ganz oben zu stehen, dafür werde ich alles
geben."
Frage: Sie wohnen in Whistler nicht im Olympischen
Dorf, sondern in einem Haus, in das dann auch ihre Lebenspartnerin und
Slalomläuferin Marlies Schild einziehen wird. Wieso haben Sie sich zum Privatquartier
entschlossen?
Raich: "Ich bin drei Wochen hier. Mir ist wichtig,
dass ich meine Ruhe und keine weiten Wege habe. Und dass ich das Essen, das
ich daheim habe, dann auch bei den wichtigen Wettbewerben genießen kann. Mama
ist schon mitgeflogen, sie kocht teilweise für mich, morgen (Montag/Anm.)
kommen mein Vater und ein Freund von mir. Es sind schon ein paar Leute da,
die mich unterstützen werden."
Frage: Zuhause werden es
sehr viele sein, die vor dem Fernseher sitzen..
Raich: "Das ist
mir bewusst, Skisport hat in Österreich einen hohen Stellenwert. Die
Leute schauen und fiebern mit. Das ist das, was es ausmacht letztendlich:
Wenn man erfolgreich ist, nicht alleine dastehen und alleine gewinnen,
sondern dass viele mitjubeln. Aber auch, das ist mir schon aufgefallen, wenn
man vielleicht einmal verliert, gibt es viele Leute, die sagen, 'gib weiter
Gas, wir drücken dir weiterhin die Daumen. Wir stehen hinter dir.' Das ist schon
etwas Besonderes."