Isabelle Daniel berichtet

ÖSTERREICH in der Hölle von Syrien

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Schwere Gefechte Damaskus: Explosionen lassen die Erde erbeben.

Die Straßen sind menschenleer. Damaskus wirkt wie ausgestorben: Nur ein paar Autos fahren, nur die Männer vom Mukhabarat (dem allgegenwärtigen Geheimdienst), „Straßenpolizisten“ und Militär sind in Syriens Hauptstadt zu sehen.

Menschen in Damaskus haben Todesängste und bleiben am Freitag lieber in ihren Wohnungen. 17 Monate nach Beginn des Aufstandes gegen Syriens Präsidenten Bashar al-Assad haben es die Menschen hier ­gelernt, Gefahren richtig einzuschätzen. Und an Freitagen sind die Kämpfe traditionell am brutalsten.

Tatsächlich: Ab 14.30 Ortszeit hört man plötzlich Kanonenfeuer, Detonationen, Schießereien. Hubschrauber kreisen am Himmel. Drei schwere Detonationen hintereinander, dann gleich fünf. Eineinhalb Stunden geht das so. Am Horizont der Millionenstadt steigt schwarzer Rauch auf. Der Krieg ist in Syriens Hauptstadt angekommen.

Wie viele hier gestorben sind? Das weiß niemand so genau. Mindestens 25.000 Menschen sollen seit März 2011 im ganzen Land getötet worden sein.

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Immer wieder Schießereien mitten in der Stadt
Das Militär griff gestern die umkämpften Vororte an. Aber auch in Mezzeh in Damaskus, wo sich Militäreinrichtungen und bereits Kämpfer der Freien Syrischen Armee (Rebellenheer) befinden, wurde gekämpft.

Ich befinde mich nur zwei Kilometer von diesen Detonationen entfernt. Auch im Palästinenser-Camp im Süden der Stadt kam es zu Gefechten.

Bereits in der Nacht ließen mich die Kämpfe immer wieder aufschrecken: Gegen 19.30 Uhr hörte man drei Explosionen. Die Rebellen hatten offenbar eine Autobombe an der Stadtgrenze zu Damaskus hochgehen lassen. Drei Menschen sollen dabei getötet worden sein. Eine halbe Stunde später dann die Antwort des Militärs: Raketen- und Kanonensalven. Immer wieder. Dazwischen hörte man vereinzelt Schießereien – auch mitten in der Stadt.

In den Morgenstunden waren die Detonation dann so stark, so nah, dass man den Boden beben spürte. „Spätestens am Sonntag wird sich die Situation wieder beruhigen“, sagt Jacques, ein Franzose, der in Damaskus lebt. „Beruhigen“ heißt, dass die Menschen sich wieder auf die Straßen trauen.
 

UNO schlägt Alarm: Schon 2,5 Millionen auf der Flucht

Hilferuf aus der UNO-Zentrale in New York nach eineinhalb Jahren Gewalt: „Wenn die Kämpfe weitergehen, wird die Zahl der Flüchtlinge unsere Möglichkeiten übersteigen“, sagt der stellvertretende UNO-Generalsekretär Jan Eliasson. Die Fakten sind erschütternd: Mehr als 2,5 Millionen Menschen brauchen die Hilfe der UNO. Diese Zahl hat sich seit März verdoppelt. Inzwischen haben 1,2 Millionen Zuflucht in öffentlichen ­Gebäuden, wie Schulen oder Moscheen, gesucht. 230.000 Syrer flohen vor dem Krieg aus Syrien. Die meisten in die Türkei: 80.000. Täglich werden 4.000 an den Grenzen aufgegriffen. Die Türkei fordert von der UNO „unverzüglich“ die ­Errichtung von Flüchtlingslagern innerhalb Syriens.

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