Chile

Minen-Unglück: Das 1. Video aus der Hölle

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"Hallo liebe Familie, bitte holt uns schnell hier raus." Ärzte stehen mit den Kumpel in Verbindung. Jetzt ist ein erstes Video aus 700 Metern Tiefe aufgetaucht.

Die seit rund drei Wochen in einer chilenischen Mine eingeschlossenen Bergarbeiter leiden an Flüssigkeitsmangel und Gewichtsverlust. Die 33 Männer verloren jeweils zwischen acht und zehn Kilo Gewicht, wie Gesundheitsminister Jaime Manalich berichtete. Ärzte stehen mit den in knapp 700 Metern Tiefe eingeschlossenen Minenarbeitern in Verbindung. Ihr Kontaktmann ist der Bergarbeiter Jonny Berríos, da er über medizinische Grundkenntnisse verfügt.

Und jetzt gibt es auch erste Videoaufnahmen der verschütteten Bergarbeiter. "Wir haben hier alles gut organisiert", sagt einer der 33 Arbeiter mit nacktem Oberkörper und Bart in die Kamera und zeigt auf eine Art Badezimmerecke, in der Medikamente, Zahnpasta, Deo und auch Alkohol aufbewahrt werden. Aus einem Kanister verteilen sie Wasser für Gesicht und Hände, ein kleines Wasserglas dient zum Zähneputzen. Einige Männer kauen an Nikotin-Kaugummis. Die Zeit vertreiben sich die Kumpel mit Domino- und Karten-Spielen.

Das erste Video aus der Minen-Hölle:

 

Viele der Männer sendeten Botschaften an ihre Familien. "Hallo liebe Familie, bitte holt uns schnell hier raus", sagte einer von ihnen. Zum Schluss stimmten sie die Nationalhymne an.

Die Minenarbeiter sind seit dem 5. August eingeschlossen. Am Sonntag wurde der erste Kontakt zu ihnen hergestellt, tags darauf wurden sie über ein acht Zentimeter dünnes Rohr mit Nahrungsmitteln zunächst zum Trinken versorgt. In den kommenden Tagen sollen sie auch immer mehr feste und kalorienreichere Nahrung bekommen, wie Manalich sagte.

Bergleute bekommen eigenes Kino
Zudem ist nach Angaben des Ministers geplant, den in der Gold- und Kupfermine eingeschlossenen Männern durch den wenige Zentimeter breiten Verbindungsschacht, einen kleinen Projektor zu schicken, damit die Eingeschlossenen Filme gucken können. Die Rettung kann sich noch drei bis vier Monate hinziehen. Mit der Bohrung eines breiteren Rettungsschachts soll in den nächsten Tagen begonnen werden.

Psychologisches Coaching
Obwohl die körperliche und seelische Verfassung der Männer Anlass zur Sorge gibt, ist der deutsche Traumaexperte Georg Pieper zuversichtlich, dass die Bergleute vier Monate durchhalten können: "Ich erlebe immer wieder, dass Menschen, die gemeinsam Extremsituationen erleben, ganz starke zusätzliche Kräfte der Gemeinsamkeit entwickeln".

Hilfreich für die Betroffenen sei in jedem Fall ein psychologisches Coaching - vor allem in der Zeit nach der Rettung: "Da ist eine gute psychologische Betreuung ganz entscheidend, denn es können sich Phobien und andere sogenannte Traumafolgestörungen entwickeln" - wie etwa Depressionen oder Klaustrophobie, sagte der Experte.

NASA hilft
Experten der US-Raumfahrtbehörde NASA sollen Manalich zufolge spätestens zu Wochenbeginn an der Mine in San Jose am Rand von Copiapo in der Atacama-Wüste, etwa 850 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago, eintreffen, um die chilenischen Helfer zu unterstützen. Die chilenische Regierung bat die NASA um ihren Rat, da die Situation der Bergleute vergleichbar sei mit Astronauten, die monatelang in Weltraumstationen ausharrten.

Erste Klagen
Angesichts erster Klagen von Familien der Bergarbeiter gegen die Betreiberfirma der Mine ordnete ein Gericht das Einfrieren von umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro für zukünftige Schadenersatzforderungen an. Die Angehörigen werfen dem Unternehmen Fahrlässigkeit vor, weil das Bergwerk im Jahr 2008 nach einer Schließung aus Sicherheitsgründen voreilig wieder geöffnet wurde, wie der Anwalt der Familien, Remberto Valdes, sagte.

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