Die Demission des Chefredakteurs der katholischen Tageszeitung "L'Avvenire", Dino Boffo, der in den vergangenen Wochen wiederholt den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wegen seines Verhaltens im Privatleben attackiert hatte, hat helle Empörung in katholischen Kreisen ausgelöst.
Der Präsident der italienischen Bischofskonferenz CEI Angelo Bagnasco bekundete seine volle Solidarität mit dem Journalisten. Boffo sei Opfer einer "unqualifizierbaren Medienattacke", sagte Bagnasco. Boffo hatte am 3. September in einem Brief an die italienische Bischofskonferenz seinen Rückzug angekündigt.
Als Begründung nannte er den persönlichen Angriff der zu Silvio Berlusconis Medienimperium gehörenden Zeitung "Il Giornale" auf seine Person und den darauffolgenden Medienrummel. "Mein Leben und das meiner Familie, meine Redaktion sind brutal angegriffen worden", so Boffo in dem Brief.
In den vergangenen Monaten war Ministerpräsident Berlusconi wegen angeblicher Sexgeschichten und wilder Partys mehrfach von der Kirche und auch in der Zeitung "L'Avvenire" kritisiert worden. "Il Giornale" hatte Boffo unter anderem als schwul beschimpft. Die Zeitung hatte ein angebliches Gerichtsurteil veröffentlicht, nach dem Boffo wegen der Bedrohung der Ehefrau eines homosexuellen Freundes zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt worden sein soll.
Kampagne gegen Boffo
Mit Boffo solidarisch erklärte sich auch der christdemokratische Politiker Rocco Buttiglione. "Hinter der Kampagne gegen Boffo steckt eine Offensive der Regierung gegen die italienische Bischofskonferenz. Jemand wollte Boffo eine Lehre erteilen, weil er in den vergangenen Wochen des öfteren Berlusconi kritisiert hat", betonte Buttiglione.
Der Verband der katholischen Medien UCSI warnte, dass die Medienfreiheit in Italien gefährdet sei. "Die Regierung plant Maßnahmen, um die berufliche Autonomie der Journalisten einzuschränken", sagte ein Sprecher des Verbands.
Außenminister Franco Frattini bestritt gravierende Spannungen zwischen dem Vatikan und der Regierung Berlusconi. "Das Mitte-Rechts-Kabinett und der Heilige Stuhl haben die selben Werte: Familie, Lebensschutz und Ausgewogenheit in der Einwanderungspolitik. Die Regierung Berlusconi hat sich außerdem immer für einen klaren Bezug auf die christlichen Wurzeln Europas im EU-Vertrag eingesetzt", erklärte Frattini.