Österreich ist unter den Spitzenreitern, was die Anzahl der Raucher betrifft. Doch: Nichtraucher-Lokale sind – trotz gegenteiligem Gesetz – voll im Trend. Und immer mehr Leute wollen mit dem Rauchen aufhören. Wie das am besten gelingt, verraten unsere Experten.
das Nichtraucher-Volksbegehren für das man sich im Zeitraum zwischen 1. und 8. Oktober eintragen kann (Infos dazu unter: dontsmoke.at), stieß schon vorab auf großes Interesse. An die 600.000 Unterstützungserklärungen wurden bereits davor eingereicht, die gleichzeitig als fixe Unterschrift gelten. Rückenwind für das Volksbegehren orten die Initiatoren von Wiener Ärztekammer und Österreichischer Krebshilfe (krebshilfe.net) zudem in einer aktuellen, repräsentativen Umfrage (Pitters Trendexpert). Demnach sprachen sich 62 Prozent der 1.092 Befragten ab 16 Jahren für einen umfassenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie aus.
Österreich, Land der Raucher
Doch auch diese beeindruckenden Zahlen können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Österreich, was die Anzahl der Raucher betrifft, immer noch auf den Spitzenplätzen, bei den Jugendlichen im Europavergleich sogar auf Platz 1, zu finden ist – und das bedeutet im Gegensatz zu sonstigen Wettbewerben den schlechtesten Platz. Alarmierend: Laut WHO-Bericht rauchen in Österreich bereits 50 Prozent der 15-jährigen Mädchen und 40 Prozent der Burschen regelmäßig Zigaretten.
Um das genauer und allgemeiner zu veranschaulichen, hier noch ein paar repräsentative Zahlen und wichtige Fakten rund ums Thema Rauchen: In Österreich greifen, laut Statistik Austria, insgesamt ca. 2,3 Millionen Menschen zur Zigarette, 1,8 davon täglich (24 Prozent der Gesamtbevölkerung). Mit rund einer Million rauchenden Frauen gehören wir zu den Ländern mit der höchsten Rate.
Die verheerenden Folgen des übermäßigen Tabakkonsums: 10.000 Tote jährlich, 1.029 davon alleine durch den Passivrauch. Grund genug, um Mediziner und Politik auf den Plan zu rufen. Denn trotz jahrelanger Aufklärung und Hinweisung auf die Folgeschäden des Dauerqualmens durch Ärzte wie Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Präsident der Österreichischen Krebshilfe, ist das Problembewusstsein in Österreich nicht ausgereift: „Tatsächlich unterschätzen viele Raucher, trotz Wissen um die Gefahren des Tabakmissbrauchs, die Folgen beträchtlich“, so Prof. Sevelda.
Die Gefahren
Neben Nikotin, einer psychoaktive Substanz, die zur Abhängigkeit führt, entstehen beim Verbrennen von Tabak Feinstaub, gasförmige Schadstoffe und organische Aerosole, die für chronische Entzündungen, COPD (Raucherhusten), Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich sind. Die Lebenserwartung sinkt aufgrund dieser und ähnlicher Begleiterkrankungen um durchschnittlich 10 Jahre im Vergleich zu Nichtrauchern. Darüber hinaus bewirkt Zigarettenrauch eine Fehlsteuerung und Umprogrammierung bzw. Funktionsstörung von Zellen, beschleunigte Hautalterung und verringerte Leistungsfähigkeit.
Doch nicht nur der Rauchende selbst ist in Gefahr – Studien des Cancer Research UK, der European Respiratory Society, des Institut National du Cancer und des European Heart Networks aus dem Jahr 2017 konnten inzwischen auch bei Passivrauchern gesundheitliche Folgen wissenschaftlich nachweisen. Dies betrifft sowohl Personen im selben Haushalt als auch in der Gastronomie.
Rauchen ist eine schwere Sucht
Für diejenigen, die aufgrund dieser dramatischen gesundheitlichen Entwicklungen oder aus anderen Gründen Schluss mit dem Rauchen machen wollen, ist es zumeist die Abhängigkeit vom Nikotin, die es zu bekämpfen gilt.
Denn: „Rauchen ist keine ‚schlechte Angewohnheit‘, es ist eine Sucht“, so Gesundheitspsychologin Dr. Ursula Grohs (Autorin von „Der allerletzte Zug“). „Und die Hauptursache, warum so viele Menschen nicht oder nur sehr schwer vom Rauchen loskommen, ist das Nikotin, das innerhalb von wenigen Sekunden ins Gehirn gelangt und dort eine Ausschüttung von Glückshormonen und Botenstoffe (wie Dopamin, Noradrenalin und Endorphine) verursacht“, so Grohs weiter. Die Hormone bzw. das Andocken und der Stimulierung der Rezeptoren bewirken automatisch eine „ausgeglichenere“ Stimmung und, dass man sich „wohler“ fühlt. Denn: Das Belohnungssystem im Gehirn wird durch das Nikotin aktiviert, Symptome wie z. B. Unlust, Angst, depressive Stimmung, psychischer oder äußerer Druck gedämpft, und Denken sowie Gedächtnis gebessert. Doch nicht nur die Psyche lässt viele zur Zigarette greifen, am Beginn steht sehr oft der soziale (Gruppen-)Druck.
Denn gerade die erste Zigarette wird meist nicht wegen der Nikotinwirkung, sondern aufgrund eines Zugehörigkeitswunsches geraucht. Dass rund ein Viertel der Raucher vor dem 15. Lebensjahr beginnt und mehr als die Hälfte bis zum Alter von 17 Jahren den Einstieg in das gewohnheitsmäßige Rauchen vollziehen, spricht für diese These.
Projekt: Nichtraucher
Auch wenn viele Raucher meinen, sie hätten ihr Rauchverhalten unter Kontrolle und obwohl fast „jeder Rauchende glaubt, er kann aufhören, wenn er es will“ (Dr. Grohs), begibt er sich mit jeder konsumierten Zigarette in eine stärkere Sucht: Die Hälfte aller Raucheinsteiger ist nach sechs Monaten tabakabhängig, insgesamt entkommen 80 von 100 Personen der Sucht nicht, nachdem der „positive Nikotineffekt“ zur Wiederholung und Steigerung der Zigarettenmenge, zur individuellen Gewohnheit und schließlich zur Abhängigkeit führt. Und auch wenn es zahlreiche Entwöhnungsmethoden gibt (siehe Kasten unten), bleiben die meisten Raucher abhängig (Erfolgsquote zwischen 0,5 bis 41 Prozent) bzw. erleiden häufig Rückfälle.
Darum rät Dr. Sevelda abschließend: „Als Vater und Arzt weiß ich, wie wichtig es ist, vor allem Kinder davor zu bewahren, mit dem Rauchen zu beginnen. Denn Nikotinkonsum ist eine Sucht, daher ist es besser, erst gar nicht damit anzufangen.“
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