Eine Behandlung mit dem Neuraminidase-Hemmer "Tamiflu" erhöht die Überlebensraten von Patienten mit Vogelgrippe (H5N1) oder schwerer saisonaler Grippe. Dies geht aus Untersuchungen hervor, die am Wochenende bei der 49. Interscience Konferenz über antimikrobielle Arzneimittel und Chemotherapie in San Francisco (ICAAC) präsentiert wurden, hieß es in einer Aussendung des Schweizer Pharmakonzerns Roche.
In der ersten Untersuchung handelt es sich um die erste multinationale Studie, welche die H5N1-Infektion beim Menschen systematisch untersuchte. Die Studie, die rückwirkend die Ergebnisse von 215 Patienten aus zehn Staaten analysierte, zeigte, dass das H5N1-Virus mit einer äußerst hohen Sterberate von 88 Prozent verbunden ist: Nur elf von 89 Patienten, die keine Behandlung erhielten, überlebten. Im Gegensatz dazu überlebten 45 von 85 Patienten (53 Prozent), die mit mindestens einer Dosis "Tamiflu" behandelt wurden.
Bei einer Untergruppe von Patienten, die Tamiflu innerhalb von zwei Tagen nach Ausbruch der Symptome erhielten, wurde sogar eine noch höhere Überlebensrate von 71 Prozent erzielt (fünf von sieben Patienten erholten sich wieder). Diese Daten bestätigen, wie wichtig eine rasche Diagnose und Behandlung ist. Der immer kleiner werdende Effekt mit der bereits existenten Dauer der Erkrankung könnte aber auch noch nach sechs bis acht Tagen bemerkbar sein. Die Untersuchung basiert auf einer Analyse, die gemeinsam von der Avex Avian Influenza Expert Group, von Outcomes Research sowie von der London School of Hygiene and Tropical Medicine durchgeführt wurde.
Seit 2003 traten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 438 Vogelgrippe-Fälle beim Menschen auf, 262 davon verliefen tödlich. Die zwei vorerst letzten Fälle wurden am 11. August dieses Jahres in Ägypten gemeldet.
Eine zweite Studie, die von der chinesischen Universität Hongkong durchgeführt wurde, untersuchte 760 Patienten, die zwischen 2007 und 2008 mit einer schweren saisonalen Grippe hospitalisiert waren. Die Hälfte dieser Patienten erhielt "Tamiflu". Die Mehrheit der Patienten war in fortgeschrittenem Alter (Durchschnittsalter 70 Jahr), 60 Prozent der Patienten hatte bereits bestehende chronische Krankheiten. Die Daten zeigten, dass die Sterberate von Patienten, die behandelt wurden, im Vergleich zu unbehandelten Patienten deutlich geringer war (3,8 versus sechs Prozent). Dies könnte erneut darauf hindeuten, dass das Medikament bei Hochrisikopatienten mit schwerer Grippe zu einer Reduktion der Sterblichkeit führt.
Bisher erwiesen sich die Neuraminidase-Hemmer bei der neuen A(H1N1)-Influenza als wirksam. Ein sehr geringer Anteil der Viren ist resistent. Der Grund dafür liegt darin, dass das Influenza-Virus mit seiner großen Verbreitung und seiner großen Replikationsrate ständig Mutationen durchläuft. Eine Übertragung von resistenten Viren wurde für A(H1N1) bisher nicht nachgewiesen.