Nicht mit anderen mitlachen können und ständige Angst ausgelacht zu werden.
Es gibt Menschen, die das Lachen von anderen nicht ertragen können: Aus Angst, dass sie ausgelacht werden. Sogenannte Gelotophobiker bewerten den Spaß, den andere haben, als negativ und bedrohlich. Sie sind nicht fähig, die emotionale Botschaft richtig zu entschlüsseln. Neue Ansätze eines gezielten Trainings für Schüler, die panische Angst davor haben, lächerlich zu wirken, sucht eine Forschergruppe um Ilona Papousek vom Institut für Psychologie der Universität Graz.
Die meisten Menschen sind in der Lage zu unterscheiden, ob das Lachen anderer positiv oder gegen sie gerichtet ist. Anders geht es Gelotophobikern: "Es reicht meist eine bestimmte Mimik und die betroffenen Menschen sind bereits verunsichert", schildert Papousek. Laut Schätzungen von Experten leiden rund sieben Prozent der Österreicher in einem gewissen Ausmaß an diesem Phänomen. Zugleich zeigen sie nach außen hin wenig Gefühle, erscheinen als ausdrucklos und "hölzern" - ein Gebaren, das der in Deutschland tätige Psychoanalytiker Michael Titze, der diese Phobie Mitte der 1990er Jahre erstmals wissenschaftlich beschrieben hat, als "Pinocchio-Komplex" bezeichnet.
Während die psychoanalytisch ausgerichtete Linie der Gelotophobie-Forschung die Ursache der Phobie auf ein Trauma in der Kindheit zurückzuführen versucht, untersucht die Grazer Forschergruppe das Phänomen auf einer anderen Ebene. Sie wollen die den Gelotophobie (von "Gelos", griechisch für "Lachen" und "Phobia" für "Angst") zugrundeliegenden emotionalen Prozessen in der spontanen Interaktion zwischen Menschen auf die Spur kommen. "Wir gehen unter anderem davon aus, dass die Emotionsregulation - insbesondere die Herunterregulierung negativer Emotionen - schlechter funktioniert als bei symptomlosen Menschen", schildert die Grazer Forscherin. "Bekannt ist auch, dass jugendliche Amokläufer in Schulen sich oft dafür rächen wollen, ausgelacht oder verspottet worden zu sein", betonte Papousek.
Nun wollen die Grazer Forscher eruieren, wie sich Gelotophobie bei jugendlichen Schülern auswirkt. Dazu kooperieren Experten aus dem Bereich der Neurowissenschaften, der Psychiatrie und der Forschung zu emotionsbezogenen Fähigkeiten. Durch die differenzierte Betrachtung der emotionalen Fähigkeiten und Defizite, die die Entwicklung von Gelontophobie begünstigen und zugleich Risikofaktoren für Aggression und Gewalt in Schulen darstellen können, will man ein gezieltes Training für die angstgelenkten Schüler erarbeiten - und letztlich den Betroffenen die Furcht vor dem Auslachen nehmen.