Ausstellung

Florentina Pakosta im Leopold Museum

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Retrospektive entdeckt die feministischen Positionen im Werk.

VALIE EXPORT im Linzer Lentos und im Belvedere, Birgit Jürgenssen im Kunstforum und nun Florentina Pakosta im Leopold Museum: Starke Kunst starker Frauen scheint derzeit in Österreich Hochkonjunktur zu haben. Auch die erste umfassende Retrospektive auf das Schaffen der 1933 geborenen Wienerin Florentina Pakosta, die am Abend des 21.1. eröffnet wird, überrascht mit einer pointiert feministischen Perspektive. Und mit der kräftigen Farbwirkung der neuen "Trikoloren Bilder", mit denen sich Pakosta in ihrer jüngsten Werkphase von der Gegenständlichkeit entfernt hat.

"Das wird die Besucher niederhauen!"
Im Entree des zweiten Untergeschoßes empfängt den Besucher jedoch der komplette, sechsteilige großformatige "Hände"-Zyklus (1979-81) mit der charakteristischen Kreuzschraffurtechnik, die Pakosta bekanntgemacht hat. Und im zentralen Raum nebenan entfalten die berühmten, riesenhaften Männerporträts (u.a. von Helmut Zilk, Walter Koschatzky oder Alfred Hrdlicka) ihre ganze, unheimliche Wucht. "Das wird die Besucher niederhauen!", versicherte Elisabeth Leopold bei der heutigen Pressekonferenz, bei der sie Pakosta "eine der größten Zeichnerinnen und Zeichner, die wir kennen", nannte. Sie betonte, ihr Mann, der im vergangenen Jahr verstorbene Sammler und Museumsgründer Rudolf Leopold, habe die Künstlerin ebenfalls sehr geschätzt und habe auch die Ausstellung noch selbst initiiert.

Halbweltmilieu
"Wir haben die Ikonen Florentina Pakostas ebenso versammelt wie ganz neue Aspekte, die teilweise noch nie ausgestellt worden sind", sagte Kurator Franz Smola. "Darunter sind auch Blätter, von denen sich die Künstlerin nur ganz schwer getrennt hat." So sind nicht nur ganz frühe Praterstudien aus Ende der 1950er Jahre zu sehen, bei denen sich die aus einer bürgerlichen Familie stammende, die in Prag und Paris sowie an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, in das "Halbweltmilieu" wagte, sondern auch zahlreiche angriffslustige Auseinandersetzungen mit der männlichen Dominanz in Politik, Kultur und Gesellschaft.

Genauer Blick auf das andere Geschlecht
Zu sehen sind etwa ein Rotkäppchen, das dem Wolf an die Gurgel geht und das Messer schwingt, Frauen mit bedrohlicher "Nadelklitoris", Männerköpfe als Klomuscheln oder eine herrlich subtile Leonardo-Variation, bei der sein berühmter Männerakt "Der vitruvianische Mensch" einen einzigen Schönheitsfehler aufweist: einen Hodenbruch. Auch eine detaillierte Penis-Serie zeigt, dass sich Pakosta, die 1975 als erste Frau Vorstandsmitglied der Secession wurde und 1978 die erste "Secessionistinnen"-Schau organisierte, nicht nur bissig und satirisch mit den patriarchalen Machtverhältnissen beschäftigte, sondern auch etwas herausnahm, was sich die Männer fraglos seit jeher trauten: den genauen Blick auf das andere Geschlecht.

Ein friedlicher Ausklang

Aber die Ausstellung lässt nicht nur immer wieder an VALIE EXPORT, Birgit Jürgenssen und Maria Lassnig denken, auch Franz Xaver Messerschmidt und Peter Kogler kommen einem immer wieder in den Sinn. Mit den berühmten Charakterköpfen des Bildhauers (1736-1783) hat sie sich immer wieder auseinandergesetzt, bis hin zu einem "Selbstbildnis als Schnabelkopf" im Rahmen der "satirischen Köpfe". An eine Werkphase Koglers denkt man unwillkürlich, wenn man jenen Raum durchschreitet, der nach aller "Rache" an den Männern und den "raffinierten, versteckten Bosheiten" "einen friedlichen Ausklang" (Elisabeth Leopold) bringt: Ihre abstrakten Variationen dreifarbiger Balkensystemen sieht Pakosta als "innere Emigration" nach einer großen Leere, die sie nach dem Umbruch von 1989 erfasst habe. Dauerhaft wohl fühle sie sich dort allerdings nicht, ließ die Künstlerin erkennen: "Ich möchte gerne wieder nach Hause. Ich habe schon eingereicht, habe aber noch kein Visum."

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