Salzburger Festspiele

Henkel nach Haneke: Triumph der ''Liebe''

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Karin Henkel brachte Michael Hanekes Film ''Amour'' ins Landestheater und erweiterte ihn zu einer Auseinandersetzung um Liebe und Leid, Tod und Sterbehilfe.

Salzburg. Ein Film hat am Sonntagabend für den ersten großen Schauspielerfolg der diesjährigen Salzburger Festspiele gesorgt. Im Landestheater brachte Karin Henkel Michael Hanekes Film "Amour" auf die Bühne und erweiterte das preisgekrönte filmische Kammerspiel, in dem vor elf Jahren Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva brillierten, zu einer allgemeinen Auseinandersetzung um Liebe und Leid, Tod und Sterbehilfe: ein nach zweieinhalb Stunden umjubelter Triumph der "Liebe".

Szene aus dem Schauspiel
© APA/BARBARA GINDL
× Szene aus dem Schauspiel

Realismus setzt Henkel in dieser Koproduktion mit den Münchner Kammerspielen nur dort ein, wo sie ihn braucht, um die Absurdität unseres gesellschaftlichen, medizinischen und technischen Umgangs mit dem Sterben darzulegen. In ebenso zynischen wie komischen Szenen wird der Umgang mit Spezialbetten und Rollstühlen oder der Leistungskatalog professioneller Pflegedienste erläutert. Ansonsten konzentriert sie sich in einem abstrakten Raum von Muriel Gerstner, der das traurig-tragische Geschehen in der Pariser Altbauwohnung eines alten Ehepaares aus dem Musik-Milieu ins Allgemeingültige hebt, darauf, ihrem Hauptdarsteller Entfaltungsmöglichkeit zu geben.

Szene aus dem Schauspiel
© APA/BARBARA GINDL
× Szene aus dem Schauspiel

André Jung zieht alle Register

André Jung zieht als pensionierter Musikwissenschafter Georges alle Register. Er zeigt, wie sehr sich Liebe und Opferbereitschaft in Überforderung verwandeln, die ihn allmählich dafür bereit macht, das als beiderseitige Erlösung anzusehen, was seine seit Schlaganfällen halbseitig gelähmte und zunehmend regredierende Frau Anne von ihm seit langem fordert: dem für beide Lebenspartner unwürdigen Zustand ein Ende zu bereiten.

Szene aus dem Schauspiel
© APA/BARBARA GINDL
× Szene aus dem Schauspiel

Anne ist in Henkels Version keine eindeutig zugeschriebene Person, sondern wird von Katharina Bach, aber auch von Tänzer.in Joel Small und einem kleinen Mädchen verkörpert. Es ist einer von vielen guten Einfällen einer ergreifenden Inszenierung, die auch ihre witzigen Momente hat. Dann etwa, wenn Christian Löber und Joyce Sanhá gleich am Anfang bekennen, dass sich die Inszenierung immer wieder vom Original-Drehbuch entfernen werde. Um dies kenntlich zu machen, werde man an diese Stellen orangene Fähnchen hochhalten. Gesagt, getan.

Szene aus dem Schauspiel
© APA/BARBARA GINDL
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Die emotionale Wirkung mindert das in keiner Weise. Nicht zuletzt, weil Henkel auch einige "Expert:innen des Alltags" einbaut. Die erzählen dann von ihren eigenen Erfahrungen mit Krankheit und Tod. In diesen Momenten ist es mucksmäuschenstill im Theater. Um nicht zu sagen: totenstill.

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