Erstaunlich: Wie eine 61-jährige Patti Smith mehr Zukunftsschwung in die Arena brachte, als so mache Jungspunde. Bilder des Gigs hier!
Dieses Ticket war mit Abstand das beste Muttertagsgeschenk meines Lebens - und das passionierte Glühen in den Augen meiner Liebsten während des Konzerts zeigte schließlich ein Lebensgefühl, welches man wirklich erst dann nachvollziehen kann, wenn wahre Rock-Ikonen der späten Siebziger die Bühne (leibhaftig) betreten.
Wetter-Glück
Nachdem sich der bedrohliche Regen
glücklicherweise verzogen hatte und die generationsübergreifende Masse
(erstaunlich viele Familien im Publikum) wegen der etwas längeren Wartezeit
bis zum Einlass schon etwas ungeduldig war, hüpfte gegen 20:30 Uhr eine
äußerst quicklebendige und erstaunlich frische Patti Smith auf die
Arena-Bühne. Schlagartig war sie fühlbar, die Leidenschaft, die Ästhetik und
die Rock-Power der 68er-Generation. Soft und mit eher neueren Songs
beginnend, steigerte sich Smith's extreme Energie bis zum Ende des Konzerts
in fast eine okkultartige wie hypnotische Beschwörung der Vergangenheit, die
zeitgleich auch einen weisen Blick in die Zukunft bringen sollte.
Mutter-Sohn auch auf der Bühne
Bemerkenswert: Ihr Sohn,
welchen sie als Gitarissten einspannte, erwies seiner Mutter einen wahren
Starkstrom-Bärendienst. Und apropos Zukunft: Patti Smith gilt als lebendes
Vorbild vieler anerkannter Künstlerinnen. Ihre Musik, ihr Stil und ihr
unabdingbarer Kampf für die Legitimation einer (rockenden) Frau in einer
männerdominierten Musikgesellschaft ist immer noch zukunftsträchtig und
wichtig. Die Musik, so alt wie aktuell zugleich. Ab dem zweiten Drittel des
Konzerts - und nach einer kurzen Auszeit wie ein Äffchen auf der Seite
kauernd - begannen die ersten Takte zu "Because the Night", ihr Long-Time
Hit, gefolgt von einer wunderschön-packenden Nirvana-Version von "Smells
like teen Spirit". Ihr nimmt man Kurt Cobains schwere Lebensbeichte auch
glaubwürdig ab.
Ab diesem Zeitpunkt begann auch die abgekühlte Luft des Sonntagabends zu köcheln, bei "Gloria" gab es schließlich auch von Smith selbst kein Halten mehr. Kräftige Bewegungen, peitschendes Spiel, die dichte und stimmige Atmosphäre machten aus den Klassikern zeitgemäße und für die Gesellschaft unabdingbare Songs, die Musikgeschichte schrieben.
Abschließend: Ein Pladoyer für Freiheit, Liebe und die Wichtigkeit von Entscheidungen für die Zukunft. Und eine unabsichtlich gerissene Gitarrensaite. Das kleine Mißgeschick nahm Frau Smith nicht weiter tragisch und riss einfach auch noch die restlichen Saiten raus - völlig egal, die Message zählt. Was für eine unglaubliche Frau.