Bachler: "Sie war eine Königin auf der Bühne, die das Zepter fest in den Händen hielt". Ein Trauerzug führte rund um das Burgtheater.
Mit der traditionellen Umrundung des Burgtheaters wurde Judith Holzmeister, Ehrenmitglied des Burgtheaters und seit 1947 Ensemblemitglied des Hauses, von einer Trauergemeinde aus Kollegen und Fans verabschiedet. "Sie war eine Königin auf der Bühne, die das Zepter fest in den Händen hielt", sagte Burg-Direktor Klaus Bachler in seiner Rede. "Sie war das Ideal der Klassik: Schönheit, geläutert durch Seele und Kraft, gebändigt durch Anmut."
Trauerfeier beim Burgtheater
Dem feierlichen Anlass entsprechend,
wurde die Urne, die inmitten von weißen und gelben Rosen stand, von
einfallenden Sonnenstrahlen beschienen. Ein paar Dutzend treue Verehrer
ihrer Kunst, Angehörige und Weggefährten nahmen bei der Trauerfeier an der
Feststiege des Burgtheaters Abschied und begleiteten die Urne rund um das
Burgtheater. Holzmeister erhält am Zentralfriedhof ein Ehrengrab.
"Wie aus einem Königshaus"
Judith Holzmeister "war
dunkler, als ihr Glanz verhieß, leidenschaftlicher als ihre Oberfläche und
schmerzvoller, als ihre Stimme erahnen ließ", sagte Bachler. "Sie wirkte wie
eine Nachfahrin des spanischen Königshauses, dabei kam sie aus dem tiefsten
Stubaital", so der Direktor.
Pensionierung war wie Delogierung
"So muss man ausschauen, und so
eine Stimme muss man haben, dann wird man was am Burgtheater", sagte die
Kammerschauspielerin Elisabeth Orth. Holzmeister sei ein Glückskind gewesen,
weil sie alle großen Rollen der Weltliteratur verkörpern durfte und nie
etwas Belangloses spielte. "Neben allen Rollen bei Film, Funk und Fernsehen
war das Burgtheater ihre innerste Heimat, hier war sie zu Hause", so Orth. Die
Pensionierung hätte Holzmeister aus heiterem Himmel getroffen, sei quasi
eine Delogierung gewesen. Holzmeister hätte trotz Schmerz und Kränkung dazu
gesagt: "Aus diesem Haus kann mich niemand vertreiben, ich gehöre ja noch
immer hierher."
"Lebe noch, wenn ich tot bin"
Kulturministerin
Claudia Schmied (S) war durch einen Auslandsaufenthalt verhindert und ließ
ihre Gedanken von einem Sprecher überbringen: "Sie übte nicht nur ihren
Beruf aus, sondern wollte 'immer, immer, immer' Schauspielerin sein." Es sei
Holzmeisters Stimme, die in der Erinnerung präsent bleiben werde - etwa, als
sie einmal sogar gesagt habe: "Ich glaube, ich lebe auch noch, wenn ich tot
bin."
Touristen wurden aufmerksam
Am Nachmittag hatten die Wiener
Gelegenheit gehabt, sich von der Schauspielerin zu verabschieden und sich an
der Feststiege in ein Kondolenzbuch einzutragen. Auch einige Touristen
wurden von dem schwarzen, bestickten Portal und den zwei schwarzen Säulen
mit Feuerschalen an der Seite des Burgtheaters angezogen.
Ihre Karriere
Judith Holzmeister war am 23. Juni im Alter von 88
Jahren in Baden gestorben. Sie hat nahezu alle großen Frauenrollen der
Weltliteratur verkörpert, darunter Schillers "Maria Stuart", Lessings "Minna
von Barnhelm" und Goethes "Iphigenie". Ihr Spektrum reichte von der Klassik
bis zum modernen Drama. Holzmeister hat am Landestheater Linz debütiert, war
anschließend am Wiener Volkstheater und wurde 1947 vom damaligen Direktor
Raoul Aslan ans Burgtheater engagiert, dem sie bis zur ihrer Pensionierung
1985 ununterbrochen angehörte. Ihre Filmkarriere startete die Schauspielerin
unter der Regie von Willi Forst in "Wiener Mädeln" (1944/49). Sie erhielt
zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Kainz-Medaille der Stadt Wien und
den Liselotte-Schreiner-Ring.
Mit Widerstandskämpfern befreundet
Holzmeister war von 1947
bis 1955 mit Curd Jürgens, mit dem sie in "Wiener Mädeln" spielte, und ab
1959 mit Bruno Dallansky verheiratet. Sie zählte während des Zweiten
Weltkriegs und ihres Engagements am Volkstheater zu den Künstlern, die den
Nationalsozialismus ablehnten. Sie war mit Widerstandskämpfern eng
befreundet und trug dazu bei, eine verfolgte Jüdin zu verstecken. In einer
ORF-Fernsehdokumentation wurde 2005 diese in der Öffentlichkeit bis dahin
kaum bekannte Episode in Holzmeisters Leben behandelt.