Buch der Woche

Wolf Haas: Wie man seine sterbende Mutter (nicht) verhöhnt

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EIGENTUM: Neuer Haas-Roman ist für den diesjährigen Österreichischen Buchpreis nominiert.

Neu. Schriftsteller Wolf Haas hat mit seinem neuen Wurf „Eigentum“ einen Nachruf auf seine Mutter verfasst. Aber, Achtung, hier mischt sich Dichtung mit Wahrheit, denn das Buch ist ein Roman und kein Sachbuch darüber, wie man mit seiner im Sterben liegenden Mutter umgeht. Gut so, denn deswegen darf es an manchen Stellen makaber-amüsant sein.

Kein Besitz bleibt uns für immer

Gespräch. Der Sohn besucht seine fast 95 Jahre alte Mutter im Pflegeheim. Dabei erkundigt sie sich nach ihren Eltern, fragt, vielleicht könne der Sohn, wo immer sie seien, anrufen und sagen, es gehe ihr gut. Daraufhin entspinnt sich im Kopf des Sohnes die Überlegung, wie er auf die wichtige, aber unmögliche Bitte antworten könne. Darf er sagen, er habe angerufen? Wie detailliert kann er das erlogene Gespräch schildern, ohne seine Mutter damit zu verhöhnen? Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn war über die Jahre schwierig, sie dürfte herrisch gewesen sein, er unverständig, wie es in vielen solchen lebenslangen Konstellationen eben ist.

Arbeit. „Eigentum“ ist ein etwas seltsames Buch. Es passiert recht wenig. Es wird viel von der Vergangenheit hervorgeholt, die nicht besonders spektakulär ist. An manchen Stellen setzt Haas stark auf Wiederholung – nicht zuletzt vielleicht als Metapher auf die Mutter, die immer wieder einschläft und zeitlebens gerne Argumente mit drei Wörtern untermauerte.

Zeit. Und doch ist es unterhaltsam, schafft Haas etwas, das menschlich nahe liegt. Im Angesicht der verrinnenden Zeit, die mit einem Menschen verbracht wird, dreht sich der Geist immer wieder auch um Alltägliches; dann wieder um die gemein­same Vergangenheit. Schließlich wird auch das titelgebende Eigentum thematisiert, das die Mutter, obwohl sie immer „gearbeitet gearbeitet gearbeitet“ und ebenso gespart hat, nicht erwerben konnte.

Die Frage nach dem Eigentum stellt sich auch in Gegenwart der immer schwächer werdenden Mutter. Denn wir Sterbliche können nichts für immer besitzen.

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