Arabella-Interview

"Meine Sehnsucht nach Familie"

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Die Moderatorin Arabella Kiesbauer hat sich auf Spurensuche in die Heimat ihres Vaters begeben. Ihre Erlebnisse, Eindrücke und Gefühle hat sie in einem Buch niedergeschrieben.

Reise nach Ghana. Woher stamme ich? Wo liegen meine familiären Wurzeln? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen haben Arabella Kiesbauer zur Reise nach Ghana veranlasst. Jenes afrikanische Land, aus dem ihr mittlerweile verstorbener Vater Sammy stammt. Hat sie doch diese Hälfte ihrer Existenz viele Jahre verdrängt. Über ihre emotionale Entdeckungsreise hat die 38-Jährige nun das Buch Mein afrikanisches Herz veröffentlicht.

Im Interview mit ÖSTERREICH spricht sie über ihre Kindheit, ihren Vater und ihre zukünftige Mutterrolle.

ÖSTERREICH: Frau Kiesbauer, wann haben Sie als Kind Ihren Vater das letzte Mal gesehen?

Arabella Kiesbauer: Nach der Trennung meiner Eltern 1972 hatte ich mit meinem Vater sporadisch alle paar Jahre Kontakt. Meistens hat sich das auf ein Telefonat oder ein Päckchen beschränkt.

ÖSTERREICH: Sie haben erst Jahre später wieder Kontakt zu Ihrem Vater aufgenommen. Warum so eine lange Phase des Schweigens?

Kiesbauer: Mein Vater hat lange in meinem Leben schlichtweg keine Rolle gespielt. Er hatte in Amerika Fuß gefasst und dort wieder eine Familie gegründet. Doch für mich war er ein großer Unbekannter und als solcher einfach nicht von Interesse.

ÖSTERREICH: War die Abwesenheit Ihres Vaters für Sie ein großes Thema?

Kiesbauer: Als Kind und Jugendliche nicht. Meine Mama und Großmutter waren mir Eltern genug. Sie waren immer mit viel Liebe und Fürsorge für mich da. Ich hatte mit ihnen zwei enge Bezugspersonen.

ÖSTERREICH: Wie war – nach so vielen Jahren – das erste Telefongespräch mit Ihrem Vater nach dem Tod Ihrer Großmutter?

Kiesbauer: Es war eine Überwindung und fast ein bisschen eine Verzweiflungstat. Ich wusste nicht, wie ich mit meiner Trauer umgehen sollte. Ich sehnte mich nach Geborgenheit und Familie. In dieser Situation half mir der Gedanke, dass meine Großmutter in mir weiterlebt. Ebenso wurde mir bewusst, dass ich auch viele Anteile meines Vaters in mir trage. Plötzlich sehnte ich mich nach seiner Nähe.

ÖSTERREICH: Sie haben sich damals entschlossen, Ihren Vater zu besuchen, er ist aber noch davor gestorben. Was haben Sie empfunden?

Kiesbauer: Eine unglaubliche Enttäuschung! Es war wie eine Ohrfeige des Schicksals. Ich machte mir Vorwürfe, mir für unser Wiedersehen zu viel Zeit gelassen zu haben. Ich wusste, diese Chance uns endlich einander zu nähern, ist unwiederbringlich vorbei.

ÖSTERREICH: Jahre später sind Sie ja nun nach Ghana, die Heimat Ihres Vaters, geflogen und haben dort Ihre „andere“ Familie kennengelernt. Wie war das erste Treffen?

Kiesbauer: Ich hatte im Vorfeld ein sehr mulmiges Gefühl und Herzklopfen, weil ich nicht wusste, wie ich aufgenommen werde. Aber schon beim Abholen vom Flughafen wurde ich mit einer unglaublichen Herzlichkeit begrüßt. Afrikaner sind Familienmenschen und sie haben es mir sehr leicht gemacht.

ÖSTERREICH: Sie haben ja ein Stück Land in der Heimat Ihres Vaters geschenkt bekommen – was wollen Sie damit tun?

Kiesbauer: Ich habe damit keine konkreten Pläne. Aber ich fühle mich sehr geehrt, als Bürgerin des Dorfes angesehen zu werden und über Land verfügen zu dürfen. Ich sehe es eher als symbolische Geste als einen Akt des Willkommenseins.

ÖSTERREICH: Sie sagen, dass Ihr Besuch in Ghana Ihre Identität als Mischling beeinflusst hat. Inwiefern?

Kiesbauer: Ich bin ja in Österreich aufgewachsen, und hier natürlich immer auf den ersten Blick erkennbar als anders Aussehende gewesen. In Ghana wurde ich dann seltsamerweise von allen als Weiße betitelt, weil die Menschen dort eine so viel dunklere Haut haben. Das hat mir deutlich gezeigt, dass Bilder und auch Vorurteile vor allem im Kopf entstehen.

ÖSTERREICH: Sie bekommen bald eine Tochter. Was für eine Mutter wollen Sie sein?

Kiesbauer: Wenn ich es nur halb so gut mache, wie meine Großmutter und meine Mama es gemacht haben, kann ich dankbar sein. Was ich mir von ihnen abschaue, ist, immer mit Liebe und Fürsorge für das Kind da zu sein. Und ich will mit Respekt dem kleinen Menschlein gegenübertreten für seine Individualität, und diese auch fördern. Ihm aber auch Respekt abverlangen gegenüber der Welt und dem Leben.

ÖSTERREICH: Ist es für Sie wichtig, dass Ihr Mann eine Rolle in der Erziehung spielen wird? Gerade weil Sie selbst den Vater ja vermisst haben …

Kiesbauer: Ich genieße es sehr, glücklich verheiratet zu sein und meiner Tochter nicht nur ihre afrikanischen Wurzeln von Anfang an mit auf den Lebensweg zu geben, sondern auch einen liebenden Vater, der immer für sie da ist.

ÖSTERREICH: Werden Sie noch einmal als Familie nach Ghana reisen?

Kiesbauer: Sicher. Ich möchte meinem Mann die Schönheit des Landes zeigen und meiner Tochter die herzliche Familie ihres Großvaters.

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