Der Ex-Football-Star kam wieder auf freien Fuss, musste aber 125.000 Dollar zahlen und seinen Pass abgeben. Plus: Das Tonband vom Überfall.
Der wegen eines bewaffneten Raubüberfalls angeklagte O.J. Simpson kommt gegen eine Kaution von 125.000 Dollar (knapp 90 000 Euro) wieder auf freien Fuß. Ein Richter in Las Vegas gab dem Antrag von Simpsons Anwälten auf Entlassung aus der Untersuchungshaft am Mittwoch statt. Der ehemalige Footballstar muss außerdem seinen Pass abgeben und darf keine Kontakte mit den Klägern oder Zeugen der Tat aufnehmen.
Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Nevada hat Simpson und drei andere Männer unter anderem wegen Diebstahls, Raubes mit Anwendung von Waffengewalt, Körperverletzung sowie Entführung und Verschwörung angeklagt.
Lebenslänglich droht
Auch wenn es diesmal keine Mordopfer,
keinen blutigen Handschuh, keine dramatische Autoverfolgungsjagd, wie sie
sich O.J. Simpson in seinem weißen Ford Bronco mit der Polizei im Juni 1994
vor seiner Festnahme in Los Angeles lieferte gibt, droht O.J. Simpson nun
lebenslänglich. Nach seinem "Jahrhundertprozess" vom Vorwurf
des Doppelmordes an seiner Ex-Frau Nicole Brown Simpson und deren Freund
Ronald Goldman wurde er noch überraschend freigesprochen, diesmal könnte es
ihn aber doch "erwischen".
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"Die Staatsanwaltschaft und Polizei in diesem Land wollen sich O. J. Simpson schnappen, die Öffentlichkeit will ihn kriegen", sagte der auf Sport und Unterhaltung spezialisierte Anwalt Jerry Reisman der Zeitung "New York Daily News". "Ich weiß nicht, wie man eine Jury finden könnte, die sich nicht an den Simpson-Prozess erinnert", pflichtete die Juristin Mudita Chawla bei. Umfragen von damals und heute zeigen, dass für fast alle Amerikaner feststeht, wer 1994 der Täter war: O.J., the "Juice" (Saft), einst strahlender Sportheld und Schauspieler ("Die nackte Kanone").
Rechtmäßiges Eigentum zurückholen
Von Angst keine
Spur, als Simpson vor seiner Festnahme am Sonntag mit Journalisten
seelenruhig über den neuen Fall plauderte. Er wollte nur sein rechtmäßiges
Eigentum zurückholen, beschwichtigte der 60-Jährige. Er sei doch nicht so
dumm, jemanden zu berauben und zu glauben, dass er ungeschoren davonkommen
würde. Geradezu entspannt wirke der frühere Sportheld, eben weil er durch
den Freispruch gelernt habe, ungestraft davon zu kommen, kommentierte die "Los
Angeles Times".
Verhängnisvolles Tonband
Doch eine Tonbandaufzeichnung, auf
der Simpson ausfällig wird, flucht und droht, könnte dem Afroamerikaner zum
Verhängnis werden. Der Internetdienst "tmz.com" entlarvte
Simpson in dem Mitschnitt als wütenden Wortführer. Er sei am vorigen
Donnerstag mit Komplizen in ein Hotelzimmer in Las Vegas eingedrungen und
habe zwei Sammler von Fan-Artikeln mit vorgehaltener Waffe zur Herausgabe
angeblich gestohlener Erinnerungsstücke gezwungen, so sieht es die Polizei.
Audio: O.J. brüllt und droht
Opfer im Spital
Eines der Opfer der Simpson und seinen Komplizen
zu Last gelegten Tat befindet sich nach einem Herzinfarkt im Spital,
berichtete der US-Nachrichtensender CNN. Bruce Fromong klagte einen Tag nach
dem bewaffneten Übergriff über Brustschmerzen. Das Opfer von Simpson, er
gilt als wichtiger Zeuge, wurde sofort in eine Krankenhaus gebracht. Dort
stellte sich heraus, dass sein Zustand sehr ernst ist. Nach einem
Herzstillstand musste er wiederbelebt werden, das berichtet der
Internetdienst TMZ.com.
"Wie Soldaten ins Zimmer"
"Sie kamen wie
Polizisten oder Soldaten ins Zimmer", berichtete eines der beiden
Opfer, Alfred Beardsley, dem Nachrichtensender von dem Vorfall am
vergangenen Donnerstag. "Ich glaubte, dass es sich um Sicherheitskräfte
oder das FBI handelt", sagte er.
Aufregung um Buch
Nach außen gibt sich Simpson gerne cool. Von
der Aufregung um sein Buch "If I Did It" (auf Deutsch: "Wenn
ich es getan hätte") sei er "ziemlich unberührt",
versicherte Simpsons Anwalt Yale Galanter vor einem Jahr, als die fiktive "Mordbeichte"
einen Proteststurm auslöste. Simpson spekulierte in dem Buch, wie er Nicole
und deren Freund Ron Goldman umgebracht hätte, wenn er der Mörder gewesen
wäre. Der Buchhandel ging auf die Barrikaden. Viele Geschäfte entschieden
sich, den Titel nicht anzubieten. Aufgrund des Protests ließ der Verlag alle
gedruckten Exemplare einstampfen.
Schulden in Millionenhöhe
Immer wieder erinnern die
Hinterbliebenen von Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman daran, dass
Simpson ihnen noch Millionen schuldet. Er hatte 1997 einen Zivilprozess
verloren und war zur Zahlung von über 33 Millionen Dollar an die Angehörigen
verurteilt worden, hat bisher aber kaum einen Cent bezahlt. Simpson lebt in
Florida und vergnügt sich beim Golf. Als einstiger Profisportler bezieht er
eine monatliche Pension, die ihm keiner abnehmen kann. Auch seine Häuser
sind vor dem Zugriff geschützt. Seine Villa hat Simpson nun aber gegen eine
Zelle in Las Vegas von zwei Mal vier Metern eintauschen müssen. Darin
befinden sich eine Liege, ein Klo, ein Waschbecken und ein kleiner
Schreibtisch, zählte "tmz.com" bissig auf.