Tagebuch schreiben ist keineswegs eine Tätigkeit, der nur verliebte Teenager nachgehen. Tagebuch schreiben hat viele psychische Vorteile und wirkt sich positiv auf unseren Alltag aus.
Sie kennen es vermutlich noch aus Ihrer Jugend. Saßen versonnen am Schreibtisch und malten die Initialen des Schwarms in ein liniertes Heft. Schrieben verschnörkelt „Liebes Tagebuch“ in die erste Zeile und setzten anstelle der i-Pünktchen kleine Herzchen. Dann schütteten Sie dem linierten Heft Ihren gesamten Gefühlscocktail aus. Manchmal war es auch kein schlichtes Heft, sondern ein rosafarbenes Notizbuch, wahlweise mit Diddlmaus auf dem Cover und einem goldenen Schlüsselchen, wo Sie ihre Geheimnisse und Träume verwahrten.
Keine Zeit
Irgendwann haben Sie dann das Tagebuch-Schreiben sein lassen. Weil das Leben passiert ist, weil Smartphones aufkamen und weil sich Ihre Prioritäten verschoben haben. Sie hatten plötzlich keine Zeit mehr für die eigentlich wichtigste Sache der Welt: sich mit den eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Tagebuch schreiben, möchte man meinen, das machen nur verträumte Mädchen. Die goldenen Schlösser und linierten Hefte können getrost gemeinsam mit Zahnspangen, zu dünn gezupften Augenbrauen und der Diddlmaus im Jugendzeitalter bleiben. Oder etwa doch nicht?
Einfach anfangen
Tagebuch-Schreiben geht weit über die Teenager-Gefühlswelt hinaus. Erfolgreiche Menschen schreiben Tagebuch und schwärmen von den positiven Auswirkungen dieser simplen Tätigkeit. Das Führen eines Tagebuches bietet unglaublich psychische Vorteile, die Sie erst nach einiger Zeit erkennen werden. Ein Notizbuch, ein Stift und ein ruhiger Ort. Das ist alles, was sie benötigen. Noch nie war Selfcare so einfach.
Keine Angst: Sie müssen keinem Schriftsteller nachahmen, keine Sprachbilder schaffen oder ein Labyrinth aus Schachtelsätzen bauen. Schreiben Sie einfach. Ob lang oder kurz, ob Stichpunkte oder Sätze, ob mit der Anrede "Liebe Tagebuch" oder ohne. Es ist vollkommen egal.
Sie sind immer noch nicht überzeugt? Dann gibt es hier fünf Gründe, warum Sie sich (wieder) ein Tagebuch zulegen sollten:
1. Stressreduktion
Keine Zeit, keine Zeit, keine Zeit. Für alles und nichts und am wenigsten für uns selbst. Wenn Sie beginnen Tagebuch zu schreiben, schaffen Sie sich kleine Ruheoasen, wo sie sich ganz auf sich selbst und Ihre Gefühle konzentrieren können. Es mag zunächst abschreckend wirken, leere Seiten mit Nichtigkeiten zu füllen, aber glauben Sie mir: Irgendwann fließen die Worte wie von alleine und Sie werden merken, wie sich eine fast meditative Ruhe in Ihnen ausbreitet.
2. Probleme wirken kleiner
Wir alle haben Ängste und Alltagssorgen, die uns tagtäglich plagen. Manchmal ist es auch nur ein diffuses Gefühl der Hektik und Nervosität. Wenn Sie Tagebuch schreiben, verschriftlichen Sie Ihre Sorgen und Ängste. Konkreter: Sie geben Ihnen ein Gesicht, einen Namen und da stehen sie nun: Schwarz auf weiß. Natürlich immer noch nicht gelöst, aber zumindest einmal ausgesprochen. Und das diffuse Gefühl der Hektik und Nervosität ist plötzlich weg.
3. Ziele vor Augen haben
Ähnlich verhält es sich mit Ihren lang- und kurzfristigen Zielen. Wenn Sie Ihre Träume und Wünsche erstmals aufgeschrieben haben, können sie real werden. Sie können auch Listen erstellen, Stichpunkte aufschreiben und sich mit dieser positiven Vorfreude umgeben.
4. Schreibblockaden überwinden
Sie müssen nicht zwangsläufig ein Schriftsteller oder Journalist sein, um gegen eine Schreibblockade "anzuschreiben“. Immer wenn Sie denken, Sie hätten eigentlich nichts zum Erzählen, schreiben sie einfach trotzdem. Das Ganze nennt sich Freewriting und ist eine Technik, die die Kreativität schulen soll. Dabei schreiben sie einfach alles – vollkommen ungefiltert – auf, was Ihnen in diesem Moment gerade in den Sinn kommt.
5. Erinnerungen konservieren
Und zu guter Letzt: Aus nostalgischen Gründen. Um Glücksmomente festzuhalten, Erinnerungen schön zu schreiben, aber auch Tiefpunkte und Schicksalsschläge zu verarbeiten. Ich verspreche Ihnen: Es gibt nichts Besseres, als irgendwann, Jahre oder Jahrzehnte später, eben jenes Tagebuch aus dem fernen Jahre 2020 wieder zur Hand zu nehmen und es zu lesen. Probleme, die aus der Zukunft betrachtet, plötzlich nichtig erscheinen und Erinnerungen, an die Sie gerne zurückdenken, werden Sie erwarten. Seien Sie ein bisschen der Biograph Ihrer eigenen Lebensgeschichte.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Aber warum gerade jetzt? Weil wieder ein Jahr vorbei ist und Tagebuch-Schreiben ein weiterer Vorsatz im Meer der Neujahrsvorsätze ist? Nein. Sondern weil wir uns gerade in einer Pandemie befinden, in einem noch nie dagewesenen Zustand. Diese Episode wird irgendwann einmal in den Geschichtsbüchern stehen und wir alle waren dabei. Die Corona-Pandemie ist geprägt von Unsicherheiten und Ängsten, von Langeweile und Eintönigkeit. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, um sich endlich um seine mentale Gesundheit zu kümmern und die eigenen Gefühle niederzuschreiben. Tagebuch schreiben lenkt ab und schafft neues Bewusstsein für uns selbst. Und gegen die Langeweile und Eintönigkeit hat das Schreiben auch schon immer geholfen...