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Vollblut-Politikerin Doris Bures im MADONNA-Jubiläums-Interview

2007, im Gründungsjahr von 
MADONNA, wurde Doris Bures 
Frauenministerin. Sieben Jahre später zog sie als Präsidentin in den Nationalrat, den die leidenschaftliche Sozial-demokratin als Herzstück im Staat bezeichnet. Das Jubiläums-Interview.

Das Jahr 2007 markiert einen Meilenstein im Leben von Doris Bures. Obwohl die 1962 als eines von sechs Kindern geborene Vollblutpolitikerin bis dahin doch schon längst Karriere gemacht hatte. Von der Sozialistischen Jugend zur Nationalratsabgeordneten und schließlich im Jahr 2000 zur SPÖ-Bundesgeschäftsführerin – die einstige Anti-Atom- und Friedensbewegungsaktivistin hatte bereits damals einen Vorzeigeweg absolviert. Und das ohne Matura, denn Doris Bures ging bereits im Alter von 15 Jahren arbeiten, um ihre Familie finanziell unterstützen zu können.

2007 dann ein weiterer wichtiger Step in ihrem Lebenslauf: Bures wird Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst. Keine einfache Aufgabe – schließlich gab es nach den Jahren von Schwarz-Blau durchaus „großen Nachholbedarf in der Frauenpolitik“, wie die 62-jährige Powerfrau und Mutter von Top-Anwältin Bettina Caspar-Bures (38) heute sagt. Inzwischen bekleidet ­Doris Bures ein noch höheres Amt. Als Nachfolgerin der 2014 verstorbenen und von vielen so verehrten Nationalratspräsidentin Babara Prammer bewies sich die SPÖ-Politikerin bis 2017 im zweithöchsten Amt der Republik – als erste Frau im Staat. „Freie Tage waren in den letzten Monaten tatsächlich selten und Privates ist ein wenig in den Hintergrund gerückt“, erzählte sie damals im MADONNA-Interview. Eines von vielen Gesprächen, die wir mit der leidenschaftlichen Frauenpolitikerin und Sozialdemokratin in den vergangenen 18 Jahren führen durften.

Heute ist Doris Bures als Dritte Nationalratspräsidentin nicht minder aktiv und motiviert, „die hohe Lebensqualität, den Wohlstand und sozialen Frieden in diesem Land“ zu erhalten. Warum sie nie den Glauben daran verloren oder ihren herausfordernden Beruf aufgegeben hat und warum sie auch gerne in MADONNA blättert, verrät Bures im Interview zum großen Jubiläum.

Doris Bures

2007 wurde Doris Bures Frauenministerin, seit 2014 ist sie die mächtigste Frau im Nationalrat.  

© Johannes Kernmayer

Vor 18 Jahren wurde MADONNA gegründet und natürlich baten wir Sie damals für eine der ersten Ausgaben zum Interview. Wenn Sie nun 18 Jahre in Ihrer beruflichen Laufbahn zurückdenken, gibt es etwas, das Ihnen aus dem Jahr 2007 besonders in Erinnerung geblieben ist? Welche Herausforderungen und Erfahrungen haben Sie damals geprägt?
Doris Bures:
Prägend war für mich damals, dass ich als Frauenministerin in der Bundesregierung ganz konkret frauenpolitisch mitgestalten konnte. Nach den Jahren von Schwarz-Blau gab es da in der Frauenpolitik großen Nachhol­bedarf.

Was war damals Ihr größtes Anliegen in Ihrer Funktion als Frauenministerin und gibt es etwas, das Sie rückblickend gerne anders gemacht oder durchsetzen hätten können?
Bures:
Natürlich hätte ich gerne mehr durchgesetzt, aber in einer Koalitions­regierung geht es immer um realistische Kompromisse, wobei es mir durchaus gelungen ist, Fraueninteressen über Parteigrenzen hinweg durchzusetzen und dafür Partnerinnen in allen Parteien zu finden.

In den vergangenen 18 Jahren hat sich vieles in Österreich verändert – was waren aus Ihrer Sicht die größten Fortschritte für Frauen?
Bures:
Es hat sich in der Gesellschaft eindeutig durchgesetzt, dass Frauen wirklich alles können und sie daher auch gleiche Rechte haben müssen. Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass diese Entwicklung nicht wieder rückabgewickelt wird – siehe Trump in den USA ...

Was hat sich politisch und gesellschaftlich konkret verbessert, etwa in Bezug auf Gleichstellung, Chancengleichheit oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Bures:
Es ist heute klar, dass Frauen im Arbeitsleben gleiche Chancen wie Männer haben müssen und dass in der Familie auch Männer ihre Verantwortung wahrzunehmen haben.

Madonna-Gründerin Uschi Pöttler-Fellner (li.), die Doris Bures auch für die Pink-Ribbon-Initiative begeistern konnte.
Madonna-Gründerin Uschi Pöttler-Fellner (li.), die Doris Bures auch für die Pink-Ribbon-Initiative begeistern konnte.
© Georg Hochmuth

Was würden Sie sich als Frau und Mutter selbst noch wünschen für Frauen in Österreich? Was gilt es noch zu verbessern?
Bures:
Ich lebe in Wien, weiß aber, dass die Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen in vielen Bundesländern noch zu wünschen übrig lässt. Hier ist ­sicher noch sehr viel zu tun.

Ihre politische Karriere begann 1980 – inwiefern hat sich die politische Arbeit, auch die öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz von Frauen in der Politik, über die Jahre verändert? Können Sie sich noch an Begegnungen in Ihren Karriereanfängen erinnern, in denen Sie merkten, als Frau hat man es schwerer, und wie sind Sie damit umgegangen?
Bures:
Ich kam 1990 als jüngste Abgeordnete in den Nationalrat, der damals viel stärker männlich, um nicht zu sagen machohaft geprägt war. Da hat sich unglaublich viel verändert und die jungen weiblichen Abgeordneten haben heute einen viel angenehmeren Start, als wir es früher hatten. Dazwischen lag das Bohren harter patriarchaler Bretter.

In welchen Momenten Ihrer Karriere haben Sie darüber nachgedacht, aus der Politik auszusteigen, und warum haben Sie es nicht getan bzw. würden Sie es nicht tun?
Bures:
Es gab natürlich immer wieder auch harte Phasen und Momente der Enttäuschung, das hat mich aber niemals zum Aufgeben bewegt, sondern im Gegenteil eher weiter aufgestachelt.

Warum würden Sie einer jungen Frau dazu raten, sich heute politisch zu engagieren und welchen wichtigen Tipp würden Sie ihr mit auf den Weg geben?
Bures:
In der Politik geht es darum, konkrete Interessen zu vertreten und reale Lebensverhältnisse zu verändern und zu verbessern. Das darf nicht nur den Männern überlassen werden, da bedarf es eben auch der weiblichen Perspektiven!

Was würden Sie Ihrem 18-jährigen Ich aus heutiger Sicht raten?
Bures:
Hin und wieder etwas geduldiger zu sein und statt unnötig Energien zu verschwenden, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten.

Seit über zehn Jahren sind Sie, als Erste, Zweite und Dritte Präsidentin, die mächtigste Frau im Nationalrat – was macht diese Position reizvoll und immer noch herausfordernd für Sie?
Bures:
Das Parlament ist die Herzkammer der Demokratie – hier als Präsidentin mit dazu beizutragen, dass demokratische Entscheidungsprozesse sorgfältig abgewogen, verantwortungsvoll und zivilisiert debattiert werden, das ist eine große Ehre und Herausforderung.

Und was macht die Aufgabe auch manchmal sehr anstrengend und woraus schöpfen Sie persönlich immer wieder Kraft?
Bures:
Politik ist immer wieder sehr fordernd, weil sich die Umstände oft sehr dynamisch ändern und daraus besondere Anforderungen an die Politik gestellt werden. Meine Kraft bekomme ich aber ganz sicher aus meiner Familie und von meinen Freunden. Diese Erdung ist sehr wichtig!

(v.li.) MADONNA-Herausgeberin Jenny Magin, Krebshilfe-GF und Pink Ribbon Mastermind Doris Kiefhaber und Daniela Schimke mit der Präsidentin. Im Oktober wird dank ihr auch heuer das Parlament wieder Pink tragen.
(v.li.) MADONNA-Herausgeberin Jenny Magin, Krebshilfe-GF und Pink Ribbon Mastermind Doris Kiefhaber und Daniela Schimke mit der Präsidentin. Im Oktober wird dank ihr auch heuer das Parlament wieder Pink tragen.
© Johannes Kernmayer

Sie sind auch langjährige Unterstützerin der Pink Ribbon-Initiative der Krebshilfe, die dank MADONNA-Gründerin Uschi Pöttler-Fellner mediale Aufmerksamkeit erlangte – MADONNA ist bis heute Medienpartner der Brustkrebsaktion. Warum war Ihnen von Anfang an wichtig, diese Initiative zu unterstützen? Damals war Brustkrebs ja weitgehend noch ein sehr großes Tabuthema …
Bures:
Genau deshalb habe ich mich dieser Initiative verschrieben. Es ging darum, öffentliche Aufmerksamkeit für ein bis dahin tabuisiertes Thema zu wecken, und ich denke, dass das mittlerweile wirklich gelungen ist.

Wird auch heuer wieder der riesige Pink Ribbon das Parlament als Zeichen der Solidarität zieren?
Bures:
Ja, das wird wieder so sein.

Blicken wir 18 Jahre in die Zukunft: Was möchten Sie dann im MADONNA-Interview über die Politik in unserem Land und Ihren persönlichen Weg sagen können?
Bures:
Ich würde mich freuen, einen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass Österreich auch dann noch ein freies, demokratisches Land mit hoher Lebensqualität, Wohlstand und sozialem Frieden ist.

Apropos Interview: Lesen Sie Zeitungen und Magazine noch auf Papier oder im e-Paper?
Bures:
Ich mache beides, gestehe aber, dass ich das haptische Gefühl beim Zeitunglesen in Print schon sehr mag.

MADONNA feiert in dieser Woche die 900. Ausgabe – was macht unser Magazin für Sie persönlich aus?

Bures: MADONNA ist für mich ein Medium, das nicht nur informiert, sondern auch niveauvoll unterhält. Und das ist wirklich eine Leistung, die nicht gering zu schätzen ist.

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