Sie rennt, pfeift, gibt die gelbe und natürlich auch die Rote Karte: Barbara Poxhofer (32) ist aktuell Österreichs einzige Schiedsrichterin im ÖFB. Der Talk über den Sport und gesteckte Ziele.
Seit ihrem 14. Lebensjahr verbringt die Niederösterreicherin Barbara Poxhofer jede freie Minute auf dem Fußballplatz. Sprüche wie „Das Runde muss ins Eckige“ und „22 Hanseln laufen 90 Minuten dem Ball hinterher“ tangieren die 32-Jährige herzlich wenig. Sie ist aktuell die einzige Schiedsrichterin im ÖFB und pfeift, seit sie selbst mit dem aktiven Fußball im Verein mit 23 Jahren aufgehört hat. Die hauptberufliche Übersetzerin würde sich selbst aber trotzdem nicht als Fanatikerin bezeichnen: „Weil der Begriff im Fußball ja leider einen eher negativen Beigeschmack hat. Aber im Vergleich zu anderen Sportarten hat Fußball für mich sicher immer Vorrang“, sagt sie lachend. Foul gepfiffen, Gelbe und Rote Karte verteilt hat sie bis dato international bei der U19- und beim Finale der U17-Europameisterschaft, bei Champions-League-Spielen, der Qualifikation der Frauen und heuer pfiff sie auch das ÖFB-Ladiys-Cup-Finale. Auf einem ihr sehr vertrauten Rasen, dem Fußballplatz in Würmla sprach die Schiedsrichterin mit MADONNA über ihre größte Leidenschaft: die männerdominierte Sportart Fußball.
Wie würden Sie einen typischen Schiedsrichter charakterisieren?
Barbara Poxhofer: Das ist sehr komplex. Man muss ganz sicher eine starke Persönlichkeit haben. Ein selbstsicheres Auftreten und vielleicht sogar etwas schauspielerisches Können sind von Vorteil. Man gibt auch mit Handzeichen oder Gestik viel zu erkennen. Pierluigi Collina zum Beispiel (Anm.: 48, Ex-Schiedsrichter aus Italien, der unter Fachleuten als einer der besten Schiedsrichter in der Geschichte des Fußballs gilt) hat man durch sein Auftreten, seine Mimik und Gestik jede seiner Entscheidungen unbestritten abgekauft.
Auch wenn es nicht die richtige war?
Poxhofer: Ja, wahrscheinlich hat man ihm mehr geglaubt oder einen Fehler einmal leichter verziehen, als einem Schiedsrichter, der den Kopf hängen lässt und von vornherein Unsicherheit ausstrahlt. Man muss auch einen sportlichen Umgang mit Spielern und Funktionären und eine harte Haut haben und man darf nicht immer alles hören, weder von den Spielern noch vom Publikum.
Würden Sie als Schiedsrichterin sagen können: Ich pfeife jetzt nur mehr Männerspiele?
Poxhofer: Nein, weil dann wäre ich keine internationale Schiedsrichterin mehr. International bin ich nämlich nur bei den Frauen tätig. Es wäre auch ehrlich gesagt nicht mein Wunsch, nur bei den Frauen zu pfeifen, ich pfeife auch sehr gerne bei den Männern. Bei Männern ist das Tempo höher und dadurch das Spiel für mich auch meist etwas fordernder. Für mich ist die perfekte Kombination beides zu pfeifen. Ich habe bei den Männern sicher über 500 Spiele gepfiffen, bei den Frauen waren es wahrscheinlich nicht mehr als 100.
Interessieren sich Frauen weniger dafür, Schiedsrichterin zu werden?
Poxhofer: Ich denke schon. Aber wenn man als Frau zum Fußball kommt, wird man auch erst einmal länger spielen wollen. Um im Schiedsrichterwesen raufzukommen, darf man ab der Gebietsliga nicht mehr im Verein spielen und muss den Spielerpass abgeben. Das hält sicher viele davon ab. Die Anforderungen sind extrem hoch und wenn man als Frau in der Männer-Gebietsliga oder in der zweiten Landesliga pfeifen will, muss man auch die Männer-Limits mitlaufen und um diese zu schaffen, muss man viel mehr trainieren als ein Mann. Ich trainiere schon jahrelang sechsmal in der Woche mit Trainingsplan, Trainerin und Laktat-Test. Ohne diesen professionellen Ansatz geht es nicht. Und wenn man dann auch noch Vollzeit arbeitet, muss man das wirklich lieben (lacht).
Aber interessiert sich die durchschnittliche Österreicherin zu wenig für Fußball?
Poxhofer: Ich glaube, dass das mittlerweile gar nicht mehr so ist. Ich habe heute erst mit einem Arbeitskollegen gesprochen, der gefragt wurde, ob er WM schaut. Er meinte: „Nein sicher nicht, aber der Fernseher rennt sowieso, weil meine Frau schaut“ (lacht). Genau das hört man immer öfter. Oder auch mein Mann: Den habe ich eigentlich zum Fußball gebracht.
Wer sind Ihre Schiedsrichter-Vorbilder?
Poxhofer: Bei den Frauen sind das sicher Jenny Palmqvist (48) aus Schweden und Bibiana Steinhaus (39) aus Deutschland. Bei den Männern nennt jeder Pierluigi Collina (lacht), aber auch Damir Skomina (41) aus Slowenien oder Björn Kuipers (45) aus Holland. Ich kenne die alle aus verschiedenen Schiedsrichterkursen persönlich und weiß, was das auch für tolle Persönlichkeiten sind.
Wie war das für Sie, als Steinhaus Deutschlands erste Bundesliga-Schiedsrichterin wurde?
Poxhofer: Ich habe mich total gefreut, dass sie das geschafft hat. Ich weiß, dass sie schon jahrelang in der Liga darunter eine der besten Schiedsrichterinnen war und lange nicht raufgekommen ist. Ich weiß keine Details, aber ich kann mir vorstellen, dass schon einiger Widerstand aus mehreren Lagern gekommen ist und dass es nicht leicht ist, sich da hochzukämpfen. Man fiebert da total mit! Ganz Deutschland und ganz Österreich haben da auf sie geschaut und es war sehr wichtig, dass sie das so gut gemeistert hat.
Was sind Ihre Karriereziele, was Ihre Tätigkeit als Schiedsrichterin betrifft?
Poxhofer: Wenn man so wie ich bei einer U17- und einer U19-EM war, ist das nächste Ziel natürlich Mannschaften UEFA Women’s EURO – die Endrunde der A-Nationalteams. Da müsste ich vorher noch eine Kategorie in der UEFA aufsteigen. Das ist also das nächste Ziel. Auch eine U17-Weltmeisterschaft wäre schön, das ist dann wieder nicht nur Europa, sondern wirklich international.
Was müssen Sie konkret machen, um aufzusteigen?
Poxhofer: Da gibt es sehr komplexe Vorgaben von der UEFA, man muss jedes Training vorweisen, man darf nur sechs Ruhetage im Monat haben, man muss die Spiele in ein UEFA-System hochladen, wird bei Spielen vor Ort beobachtet, die Lauftests müssen erfüllt werden. Derzeit bin ich in einem Programm als mögliche Kandidatin für die UEFA Women’s EURO 2021. Da sieht man, wie weit im Voraus das alles schon bestimmt wird.
Wie wahrscheinlich ist das für Sie?
Poxhofer: Es ist ein weiter Weg, da kann viel dazwischenkommen in den drei Jahren. Aber es ist auf alle Fälle möglich.