MADONNA-Talk

Kira Grünberg: ihr Leben in der Politik

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Mit nur 24 Jahren hat Kira Grünberg einen zweiten Karriereweg eingeschlagen.

Manchmal braucht man eben den Mut, etwas zu verändern. Auch mein Unfall war natürlich eine große Veränderung für mich – die auch sehr viel Negatives gebracht hat, aber man darf nicht immer nur auf die negativen Sachen schauen, sondern muss auch das Positive sehen.“ Kira Grünberg (24) spricht von dem schicksalshaften Tag im Jahr 2015, als sie beim Stabhochsprung-Training stürzte und sich den siebten Halswirbel brach. Seither ist die Tirolerin querschnittsgelähmt.
Mit vollem Einsatz. Das Land fieberte mit, als sie sich die Top-Sportlerin ins Leben zurückkämpfte. In der Zeit hat die nunmehrige Buchautorin und Neo-Politikerin zahlreiche Bewunderer gewonnen. Jetzt sitzt die berühmte junge Frau mit der positiven Einstellung zum Leben im Nationalrat und gestaltet das Land mit – vor allem mit Blick auf Menschen mit Behinderung, wie sie im MADONNA-Talk verrät.

Seit etwa zwei Monaten arbeiten Sie als Abgeordnete im Nationalrat. Wie gefällt Ihnen Ihr neues Leben als Politikerin bislang?
Kira Grünberg:
Sehr gut (lacht). Ich bin ohne vorgefasste Meinung in den Nationalrat eingezogen. Es ist also nicht so, dass ich mir Wochen oder Monate davor den Kopf zerbrochen hätte, wie das dort genau sein wird. Natürlich habe ich mir frühere Parlamentssitzungen angeschaut und mich informiert, wie meine Arbeit aussehen könnte. Aber natürlich kann man sich das vorher nicht so richtig vorstellen. Ich muss sagen, ich war überrascht, wie nett ich von allen Seiten aufgenommen wurde. Alle sind sehr hilfsbereit und in der Partei herrscht ein toller Zusammenhalt.    


Welche Themen werden Sie denn jetzt ­konkret betreuen? Was wird Ihre Funktion innerhalb des ÖVP-Klubs sein?
Grünberg:
Ich bin Behindertensprecherin der neuen Volkspartei. Da mir Sport natürlich ein großes Anliegen ist, habe ich außerdem darum gebeten, auch im Sportausschuss mitarbeiten zu können. Zusätzlich bin ich im Menschenrechts- und im Gleichbehandlungsausschuss. Und dann noch als Ersatzmitglied bei den Ausschüssen für Arbeit, Soziales und Gesundheit – alles Themen, die mir sehr am Herzen liegen.  


Wie hat sich als Politikerin das Leben für Sie verändert?
Grünberg:
Ich bin jetzt natürlich oft in Wien. Auch früher bin ich schon viel gereist, aber jetzt verbringe ich noch mehr Zeit weg von daheim. Das ist sehr interessant, weil man viel Neues kennenlernt – und umso schöner ist es dann, wieder daheim in Tirol zu sein. Abgesehen davon ist es toll, dass ich in den letzten Monaten hinter die Kulissen der Politik blicken konnte.


Welches Vorhaben werden Sie als Behindertensprecherin zuerst angehen?
Grünberg:
Das ist die Persönliche Assistenz für behinderte Menschen. Es braucht ein einheitliches System in ganz Österreich, momentan ist die Freizeitassistenz in jedem Bundesland unterschiedlich. So kommt man in Vorarlberg viel schwieriger an Persönliche Assistenz als in Wien. Das ist unfair. Jeder soll dieses Recht haben und jeder soll das Leben führen können, das er sich vorgenommen hat. Oft hat man als behinderter Mensch das Problem, dass einem andere sagen, wie man etwas tun soll oder wie etwas handzuhaben ist. Da ist die Selbstbestimmung weg. Auch mit Behinderung ist es wichtig, dass man ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Das ist eben nur mit Persönlicher Assistenz wirklich möglich. 


Wie ist das bei Ihnen?
Grünberg:
Ich habe derzeit drei Assistentinnen und suche gerade eine vierte. Wenn ich zu Hause bin, ist von Montag bis Freitag bis etwa drei Uhr eine Assistentin da, und wenn ich reise, dann habe ich immer eine Assistentin mit – meistens für drei, vier Tage. Dann wird gewechselt, denn es ist anstrengend, es ist viel zu tun und sie meistern den ganzen Alltag mit mir. Jetzt suche ich auch fürs Wochenende jemanden. Zurzeit macht meine Mama sehr viel, aber die möchte ich natürlich auch gerne ein bisschen entlasten.  


Sicher auch eine große finanzielle Belastung. Wie soll das Ihrem Plan zufolge in ­Zukunft ausschauen?
Grünberg:
Für die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz kommt der Bund auf, hingegen die Persönliche Assistenz in der Freizeit ist Landessache und damit uneinheitlich. Ein System mit Selbstbehalt, abhängig vom Einkommen und der Pflegestufe, ist, glaube ich, ein ganz gutes System, denn Assistenz soll für jeden leistbar sein. Gerade Menschen mit Behinderung haben oft nicht das Geld, aber sie sollen trotzdem die Möglichkeit haben, sich Persönliche Assistenz zu leisten. Jeder soll die gleichen Chancen haben.


Die türkis-blaue Regierung hat sich gleich in den ersten Wochen eine Menge Kritik eingehandelt. Sind Sie in Ihrem Umfeld deshalb auch Kritik ausgesetzt?
Grünberg:
Eigentlich nicht. Es gibt sehr viele ÖVP-Wähler in Tirol und damit sehr viel Zustimmung. Alle sagen, sie finden es wunderbar, dass sich jetzt endlich etwas bewegt im Land, denn die Menschen wollen Veränderung. Ich glaube, manche haben einfach nur ein bisschen Angst – wir Menschen sind eben Gewohnheitstiere. Man braucht manchmal ein bisschen Mut, um etwas zu verändern. Auch mein Unfall war natürlich eine große Veränderung für mich, die auch sehr viel Negatives gebracht hat. Aber man darf nicht immer nur die ­negativen Seiten sehen, sondern auch das Positive. Und wenn man nie etwas verändert, weiß man auch nicht, ob es besser oder schlechter werden würde. 

   
Sebastian Kurz hat Sie im Sommer überraschend in die Politik geholt. Wie ist der ­Kontakt zu ihm heute?
Grünberg:
Natürlich sieht man sich immer wieder. Er fragt oft, wie es mir geht und ob ich mich auch wohlfühle in der Politik. Er hat damals gesagt, dass er sich ­sicher ist, dass es mir gefallen würde und genau das Richtige für mich ist. Und genau so ist es!  
Das ganze Land hat gebannt mitverfolgt, wie Sie sich nach Ihrem Unfall 2015 wieder ­zurückgekämpft haben. Wie geht es Ihnen jetzt gesundheitlich?
Grünberg:
Gut. Meine Funktionen sind eigentlich alle gleich geblieben. Da verändert sich nicht mehr sehr viel, weil der Querschnitt auf einer bestimmten Höhe ist. Aber ich bekomme immer mehr Kraft dazu, bin fleißig am Trainieren und merke schon, dass ein paar Muskeln wieder wachsen. Auch die Feinmotorik wird immer besser. Früher habe ich mir mit dem Schreiben schwergetan – das wird jetzt alles besser. Es ist eben alles eine ständige Übungssache.

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