Die neue Bildungsministerin blickt voller Freude und Elan auf künftige Herausforderungen. Der Talk über Werte, Ziele und Privates.
Es hätte alles auch ganz anders kommen können. Sonja Hammerschmids Interessen lagen nämlich nicht nur in dem von ihr letztlich studierten Fach der Molekularbiologie, sondern auch in einer völlig konträren Richtung, dem Modedesign. „Letztlich hat mir wohl das Quäntchen Kreativität gefehlt, um eine gute Modedesignerin zu sein“, sagt die 48-Jährige lachend im MADONNA-Talk. Ob Hammerschmid eine gute Bildungsministerin ist, muss sie erst beweisen. Doch ob ihrer neuen Agenden wirkt die ehemalige Vetmed-Rektorin euphorisch und zuversichtlich.
Im Talk. Im MADONNA-Gespräch verrät sie, was es braucht, um Chancengleichheit für Österreichs Kinder herzustellen, und warum sie sich doch dazu entschieden hat, parteilich Farbe zu bekennen.
Wie haben Sie Ihre Schulzeit empfunden?
Sonja Hammerschmid: Sehr positiv. Ich hatte immer das Glück, Lehrerinnen und Lehrer zu haben, die es geschafft haben, aus uns Schülern die einzelnen Talente hervorzuholen. Schule war für mich immer Spaß.
Sie haben lange mit dem Gedanken gespielt, in den Bereich Modedesign zu gehen. Warum haben Sie sich letztendlich für den naturwissenschaftlichen Zweig entschieden?
Hammerschmid: Das ist schlichtweg dem Aufnahmeverfahren an der Angewandten geschuldet, nach dem ich nicht genommen wurde (lacht). Es war eine gute Weichenstellung und ich habe es auch nicht bereut – die Angewandte hatte recht, weil ich im Mode- und Designbereich vielleicht handwerklich sehr gut bin, aber mir sicherlich das Quäntchen Kreativität gefehlt hätte. Dann habe ich Medizin und Molekularbiologie studiert, bei Letzterem bin ich dann geblieben.
Sie haben bei Ihrer Angelobungsrede betont, dass Ihnen die Chancengleichheit besonders wichtig ist, und sagen auch jetzt, dass Sie es als etwas sehr Wertvolles empfunden haben, dass Ihre Lehrer sich der Schüler so gleichwertig angenommen haben. Wie können Sie sich vorstellen, eine generelle Chancengleichheit herzustellen?
Hammerschmid: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, den Pädagoginnen und Pädagogen die Instrumente selbst in die Hand zu geben. Es ist mir deshalb so ein Anliegen, weil es jedem Kind in Österreich möglich sein sollte, die beste Bildung entlang der eigenen Talente zu bekommen. Denn was wir aus Studien wissen, ist, dass wir viele Kinder haben, für die das System noch viel zu wenig schafft, um sie wirklich an ihr kreatives Limit zu bringen – da gibt es Verbesserungsbedarf. Ganz wichtig ist mir auch, bei den Kindern früh anzusetzen, am besten im Kindergarten, aber besonders auch im Übergang vom Kindergarten zur Volksschule, weil alles, was man hier fördert und unterstützt, ein großes Investment ist. Sprachkompetenz im Kindergarten und in der Volksschule zu fördern, lässt Defizite gar nicht erst entstehen, und die Kinder haben keine Probleme, dem Unterricht zu folgen. Wenn sie das beherrschen, haben sie alle die gleiche Möglichkeit, sich zu entwickeln.
Sprachkompetenz ist ein spannender Punkt, man merkt, dass sich aufgrund der neuen Medien die Sprache heutzutage stark wandelt.
Hammerschmid: Das ist sicher ein wesentlicher Bereich. Hier sind wir gefordert, damit umzugehen, denn es sind nicht nur die Sprachverkürzung oder die neuen Wortschöpfungen, die damit einhergehen, sondern auch, dass Kinder und Jugendliche Zugang zu Content haben, der überhaupt nicht bewertet ist. Im Internet finden Sie alles, und hier zu bewerten, welche Information wichtig oder richtig, auch aus der ethisch-moralischen Perspektive, ist, das müssen wir schaffen. Kinder und Jugendliche müssen lernen, kritisch mit Inhalten umzugehen.
Wie stehen Sie zu dem Thema Flüchtlingsklassen?
Hammerschmid: Für uns ist die Durchmischung sehr wichtig. Kinder können viel besser voneinander lernen, wenn die Durchmischung hoch ist. Dass das nicht überall gewährleistet werden kann, ist eine andere Geschichte. Das Ziel muss sein, Kinder in ganz normale Klassen zu geben und reine Flüchtlingsklassen zu vermeiden.
Die Bildung unserer Kinder ist die Zukunft unseres Landes.
Hammerschmid: Definitiv.
Wie gehen Sie persönlich mit der Verantwortung um, die Ihr Job mit sich bringt?
Hammerschmid: Ich finde es schön, dass ich diesen Schlüsselbereich mitgestalten darf. Bildung ist immer noch vererbt, das zeigen uns etliche Studien. Man muss dem entgegensteuern. Es ist mit sehr viel Verantwortung verbunden, aber ich glaube, wenn wir die Kinder in den Mittelpunkt unseres Tuns stellen, wenn alle handelnden Akteure danach trachten, dass wir ihnen die bestmögliche Bildung ermöglichen, dann kann alles funktionieren. Darauf freue ich mich.
Sie waren parteilos, sind nun der SPÖ beigetreten. Warum wollen Sie sich nun doch in eine „Schublade“ stecken lassen?
Hammerschmid: Weil es für mich ein Zeichen des Commitments zu dieser Bundesregierung ist. Ich bin Christian Kerns Ruf gefolgt. Das Wertesystem und sein sozialdemokratisches Konzept ist eines, das ich mittragen kann und gerne mittragen will.
Sie möchten die Kinder in den Mittelpunkt stellen, für Sie waren eigene Kinder nie ein Thema?
Hammerschmid: Es hat sich nicht ergeben (lacht).
Sie sind aber verheiratet.
Hammerschmid: Ja, seit 21 Jahren.
Wie vereinbaren Sie denn Ihre Beziehung mit dem neuen Job bzw. wie hat Ihr Mann auf die Veränderung reagiert?
Hammerschmid: Er unterstützt mich sehr und war auch ausschlaggebend dafür, dass ich den Job angenommen habe. Weil er wirklich gesagt hat, hey, das ist deine Leidenschaft, das passt zu dir, mach es.
Haben Sie sich damals mit ihm beraten, als es um die finale Antwort ging?
Hammerschmid: Natürlich, das ist ja eine gemeinsame Entscheidung. Durch die öffentliche Position verändert sich das Privatleben ja auch völlig.
Interview: Julia Lewandowski