Lokalaugenschein. Nach Palazzo- und Magdalenenhof-Aus kehrt Reinhard Gerer an den Herd zurück – im neuen Almklub „Bergstation Tirol“. Der Talk.
Eine große Baustelle – im wahrsten Sinne des Wortes – hat Reinhard Gerer (60) derzeit zu betreuen. Während der Starkoch in letzter Zeit eher mit karrieristischen Talfahrten von sich reden machte– nach 10 Jahren verließ Gerer das Gourmettheater Palazzo, kurz darauf den Magdalenenhof am Bisamberg –, soll es für ihn wieder steil bergauf gehen. Und das mitten in der Wiener Innenstadt. In der Bergstation Tirol, einem „alpinen Lifestyle-Club“, der am 14. Mai am Karlsplatz seine „Scheunentore“ öffnet, zeichnet Gerer zusammen mit Alex Fankhauser für die kulinarischen Schmankerln verantwortlich. Denn in der neuen Partylocation soll nicht nur zünftig gefeiert, sondern auch fein gegessen werden können. Ein Abstieg für den einstigen Vier-Hauben-Koch, der bei Paul Bocuse lernte? „Keineswegs“, versichert er im MADONNA-Talk zwischen Baustelle und Naschmarkt. Das Interview.
Herr Gerer, wie sind Sie in der Bergstation Tirol gelandet?
Reinhard Gerer: Ich habe schon vor Längerem mit Kurt Bender und Tina Schurian, die dieses Projekt auf die Beine stellen, darüber gesprochen. Jetzt hat mich Alex Fankhauser angerufen und gesagt, dass es jetzt so weit ist und ob ich nicht dabei sein will. Ich habe nicht gezögert, weil ich schon lange einmal so etwas Lustiges, Funkiges machen wollte – und das ist natürlich auch ein guter Übergang zur nächsten größeren Sache, die im Herbst für mich ansteht.
Haben Sie denn schon genug von der Haubenküche?
Gerer: Das soll nicht gesagt sein. Aber die Abwechslung finde ich ganz lustig. Die Haubenküche ist ja trotzdem nicht vom Teller – auch nicht in der Bergstation, weil wir dort ja auch so etwas wie ein kleines Gourmetrestaurant haben.
Aber wird die Zielgruppe nicht eher auf Tiroler Schmankerln und Gulaschsuppe stehen?
Gerer: Natürlich haben wir auch traditionelle, bodenständige, lustige Tiroler Küche – aber eben auch gehobene.
Wie sehr müssen Sie sich selbst bremsen, wenn es darum geht, einfache Küche zu machen?
Gerer: Wenn es um die Wahl der guten Produkte und die Qualität geht, soll man ja nicht bremsen. Den Schnickschnack kann ich jederzeit weglassen.
Mögen Sie privat lieber mit Schnickschnack oder ohne?
Gerer: Ich esse alles gerne – aber wenn ich einen richtigen Hunger habe am liebsten ein Tiroler Gröstl oder ein Backhendl mit Erdäpfelsalat. Es muss nicht immer Steinbutt in Champagnersauce sein.
Dieses Jahr hat für Sie hart begonnen – was ist im Palazzo und im Magdalenenhof passiert?
Gerer: Bei Palazzo haben wir jährlich die Verträge abgeschlossen – und nach zehn erfolgreichen Jahren und 400.000 Gästen waren wir einfach am Höhepunkt. Wenn es schön ist, sollte man aufhören können. Das ist alles.
Was lief im Magdalenenhof am Bisamberg schief?
Gerer: Schauen Sie, das war anfänglich eine tolle Geschichte. Aber die Problematik war, dass man nicht ganz rauffahren durfte. Und wer will schon einen Kilometer zu Fuß gehen? Das war der Hauptgrund.
Man hat gelesen, dass Sie in Konkurs gehen mussten...
Gerer: Wir sind vor zwei Jahren in Ausgleich gegangen.
Soll heißen, es geht Ihnen finanziell nicht so schlecht, wie oft geschrieben wird?
gerer: Die Leute wissen immer alles besser, vergessen dabei aber, dass sie selbst große Probleme haben.
Den Magdalenenhof haben Sie zusammen mit Ihrer Ehefrau geführt. Wird es wieder eine Zusammenarbeit geben?
Gerer: Ich glaube eher nicht.
Belastet die Zusammenarbeit eine Beziehung zu sehr?
Gerer: Manche Leute können das wunderbar. Aber mir ist es lieber, wenn für uns Privat- und Geschäftsleben getrennt bleibt. Man muss nicht immer beisammen picken.
Aber eine private Trennung gab es nicht?
Gerer: Nein, wieso?
Na ja, wenn es der Gerüchteküche nach geht...
Gerer: ... da wären wir schon lange getrennt. (lacht)
Wo sehen Sie sich in zwanzig Jahren?
Gerer: Ich hoffe, dass ich dann die Füß’ im Sand habe und die Seele baumeln lassen kann, mit einem guten Glas Wein in der Hand. (lacht)