Fall Luca

Ärzte in Tirol und NÖ wiesen auf Misshandlungen hin

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Im Fall Luca haben neben einem Mödlinger Kinderarzt auch Ärzte der Innsbrucker Kinderklinik Misshandlungen festgestellt. Die Behörden lehnen jede Verantwortung ab.

Es habe eindeutige Hinweise gegeben, dass der kleine Luca Misshandlungen ausgesetzt war, sagte der geschäftsführende Oberarzt der Innsbrucker Kinderklinik Jürgen Brunner am Freitag im ORF-Radio.

Zweifelsfreie Diagnose: Kindesmisshandlung
Der 17 Monate alte Bub sei zwei Mal - im Juli und im Oktober - an der Klinik untersucht worden. "Die Kinderklinik hat zweifelsfrei diagnostiziert, dass eine Kindesmisshandlung vorlag", erklärte der Mediziner. In den Entlassungsdokumenten stehe explizit drinnen, dass das Verletzungsmuster durch etwaige "Bagatelltraumen", also "versehentlich stattgehabte Unfälle" nicht zu erklären sei. Von kinderärztlicher Seite habe man alles an diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten getan, "um den Verlauf günstig zu beeinflussen", meinte Brunner.

Stellungnahme der Uniklinik Innsbruck

Wie es in einer Stellungnahme der Universitätsklinik Innsbruck am Nachmittag hieß, sei Luca am 11. Juli aus Mödling am Department für Kinder- und Jugendheilkunde Innsbruck eingeliefert worden. Das Kleinkind habe Hämatome am linken Gesäß, an beiden Wangen, am linken Ohr sowie am rechten Oberarm aufgewiesen. Laboruntersuchungen hätten keine Gerinnungsstörung ergeben, auch die Röntgenaufnahmen hätten keine Auffälligkeiten gezeigt. Obwohl der Verletzungsgrad nicht als sehr schwer einzustufen gewesen sei, habe das Verletzungsmuster "den dringenden Verdacht auf Kindesmisshandlung" ergeben. Die Untersuchungen hätten nicht auf frühere Misshandlungen hingedeutet. Der kleine Patient sei am 18. Juli "in gutem Allgemeinzustand" wieder in häusliche Pflege entlassen worden. Am 3. Oktober sei Luca dann mit einem Unterarmbruch sowie einem Bluterguss am Kopf erneut am Department für Kinder- und Jugendheilkunde Innsbruck aufgenommen worden. Eine von der Kinderklinik eingeleitete gerichtsmedizinische Untersuchung habe keine eindeutigen Beweise für eine neuerliche Gewalteinwirkung gegeben. Der Fall sei wiederum von der Kinderschutzgruppe mit dem Jugendamt Schwaz besprochen worden. Dieses habe entschieden, "künftig engmaschige Kontrollen durchzuführen", wie es in der Stellungnahme hieß.

Zweiter Mediziner warnt Behörden
Bereits im Juli hatte ein Mödlinger Kinderarzt die Behörden darüber informiert, dass das Kind misshandelt wird. Daraufhin sprach er sich für ein sogenanntes "Ausfolgeverbot" aus, das heißt, dass der Bub nicht seiner Mutter übergeben werden darf. Die Behörde erteilte die Genehmigung nicht, weil die Frau ihr Kind in der Innsbrucker Klinik behandeln lassen wollte. Über den Verdacht der Kindesmisshandlung war das Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft Mödling sowohl schriftlich als auch mündlich informiert worden.

Behörden wehren sich
Die Jugendwohlfahrt NÖ lehnt jede Verantwortung ab: "Man habe keinen Fehler gemacht", hieß es am Freitag. Auch in Tirol sehen die Behörden kein Fehlverhalten: Es habe keinen Hinweis gegeben, dass Luca in Gefahr sei. Seitens der Tiroler Jugendwohlfahrt heißt es weiter, der Verdacht der Misshandlung habe sich bei diversen Untersuchungen nicht erhärtet.

Ende des Martyriums
Luca war am Samstag im Wiener SMZ-Ost Spital den Folgen eines Gehirnödems erlegen. Eine Obduktion ergab Fremdverschulden. Als Hauptverdächtiger gilt ein 23-Jähriger aus dem Bezirk Wien-Umgebung. Er ist der Freund der aus dem Tiroler Bezirk Schwaz stammenden 22 Jahre alten Kindesmutter, gegen die auch ermittelt wird. Der leibliche Vater hatte nach dem Tod Kritik an den Behörden geübt und ihnen Untätigkeit vorgeworfen. Die Jugendwohlfahrten in Tirol und Niederösterreich wiesen die Anschuldigungen zurück.

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