Gegen Arzt und Eltern

Nach Tod von 2-Jährigem: Prozess vertagt

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Angeborener Immundefekt nicht behandelt. Eltern & Arzt vor Gericht.

Der Prozess gegen die Eltern und den behandelnden Arzt des 2009 verstorbenen, zweijährigen Jakob aus Osttirol wegen des Vorwurfs des Quälens und der Vernachlässigung mit Todesfolge ist am Dienstag am Landesgericht Innsbruck nach ersten Einvernahmen auf den 21. Juli vertagt worden. Die Eltern gaben an, Angst vor einer Wegnahme des Kindes gehabt zu haben. Außerdem hätten sie schlechte Erfahrungen bei der Behandlung ihrer beiden - in den 90er Jahren an demselben schweren angeborenen Immundefekt verstorbenen - Babys gemacht.

"Schuldig" & "Nicht schuldig"
Die Eltern bekannten sich zum Prozessauftakt teilweise schuldig, der Anwalt des Arztes plädierte auf nicht schuldig. "Wir haben uns an der Klinik in Innsbruck nicht ernst genommen gefühlt. Es gab kein gutes Verhältnis und ein fehlendes Vertrauen zu den Ärzten", meinte der 47-jährige Vater bei seiner Vernehmung. Außerdem hätten Bilder von kranken Kindern im deutschen Klinikum Ulm, an das sie bereits im Jahr 2007 verwiesen worden waren, sie so sehr abgeschreckt, dass sie Jakob bis zu seinem Tod am 6. März 2009 nicht der lebensnotwendigen Knochenmarktransplantation unterziehen lassen wollten, erklärte der Mann. Über die medizinischen Folgen seien sie ausreichend aufgeklärt worden, räumten die Eltern ein.

Auch die Behandlung von bei der Krankheit immer wieder auftretenden Infekten mit Antibiotika brachen die Eltern knapp ein Jahr vor Jakobs Tod ab. Zuvor sei ihnen laut Staatsanwaltschaft von der Klinik gesagt worden, dass man dazu verpflichtet wäre, das Jugendamt einzuschalten "wenn es so weitergeht".

"Die Angst, dass sie ihn uns wegnehmen, war dann einfach immer größer. Das war im Nachhinein betrachtet sicher ein Fehler", sagte die immer wieder in Tränen ausbrechende Mutter vor Richterin Gabriele Lukasser. Deshalb hätten sie auch in den letzten Monaten vor dem Tod des Buben auch nie mehr eine Behandlung in einem Krankenhaus in Betracht gezogen. "Vielleicht haben wir das auch immer verdrängt", meinte der Vater.

Im Sommer 2008 sei ihr Sohn durchaus noch "gut beieinander" gewesen, erst ab Ende 2008 sei es "schlechter geworden". Durchfälle und Infekte hätten zugenommen, Jakob habe nicht mehr altersentsprechend zugenommen. Man habe ihm aber sehr wohl ausreichend zu Essen und zu Trinken gegeben, aber Jakob habe "immer wieder erbrochen", sagte der 47-Jährige. Vor Jakob bekam das Paar bereits zwei Kinder, die noch als Säuglinge innerhalb von zwei bis drei Monaten an dem Immundefekt gestorben waren.

An den Allgemeinmediziner habe man sich im Februar 2008 gewandt, da man "jemanden gesucht" habe, der "beides tut", also schulmedizinische und alternativmedizinische Behandlungen durchführt. "Er hat uns als Mensch verstanden", meinte die Mutter. Beide Elternteile sagten zudem aus, dass ihnen der Arzt nie davon abgeraten habe, sich einer herkömmlichen Behandlung zu unterziehen.

Den drei Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft. Am 21. Juli wird der Prozess mit der Einvernahme des Arztes und weiterer Zeugen fortgesetzt.

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