"Beispielloses Verfahren"

63-jährigen Wiener gefoltert: Sieben Jahre Haft für Hauptangeklagten

Teilen

Weil er am 26. Jänner 2020 den damaligen Lebensgefährten seiner Mutter regelrecht gefoltert haben soll, ist ein 43-jähriger Mann am Dienstag am Wiener Landesgericht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung und Vergewaltigung zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Seine mitangeklagte Partnerin fasste drei Jahre unbedingt aus. Die 40-Jährige hatte dem Urteil zufolge mit einem Schleifstein auf das Opfer eingeschlagen und den Haupttäter angefeuert.

Das Paar hatte das Opfer unter einem Vorwand zu einem Treffen gebeten. Sie gaben vor, sich mit diesem "aussprechen" zu wollen. "Sie mochten ihn nicht. Sie waren der Meinung, er sei kein guter Umgang für die Mutter", sagte die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung. Es handle sich um "ein beispielloses Verfahren. Es zeigt, wozu Menschen in der Lage sind".

Mit einem Schleifstein auf den 63-Jährigen eingeschlagen

Zunächst soll das Paar auf den 63-Jährigen mit einem Schleifstein bzw. mit Fäusten eingeschlagen haben. Als der Mann zu Boden stürzte, soll der Angeklagte auf ihn eingetreten und sich schließlich mit voller Wucht auf ihn geworfen haben. Der 43-Jährige wiegt eigenen Angaben zufolge bei einer Körpergröße von 168 Zentimetern 135 Kilogramm. Wie Gerichtsmediziner Christian Reiter in seinem Gutachten ausführte, bewirkte diese Tortur eine dauerhafte Gesundheitsschädigung - der Mann musste seine berufliche Tätigkeit beenden und die Pension antreten. Unter anderem erlitt er Frakturen am Halswirbel und am Brustwirbel, einen Jochbeinbruch sowie Serienrippenbrüche beidseits.

Im Anschluss wollte man den Mann dazu bringen, Katzenfutter zu essen, ehe er gezwungen wurde sich auszuziehen. Im Anschluss soll ihn der Sohn seiner Lebensgefährtin auf eine Art und Weise misshandelt haben, die nach übereinstimmender Ansicht der Staatsanwaltschaft und des Schöffensenats den Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt hat. Die gesetzten Tathandlungen bewirkten schwerste Verletzungen.

Angeklagte stellten die Vorwürfe in Abrede

Die Angeklagten stellten die Vorwürfe in Abrede. Sie hätten sich zum Zeitpunkt der inkriminierten Vorgänge gar nicht mehr am Tatort - die Wohnung der Mutter des 43-Jährigen - befunden. "Vielleicht hat das meine Mutter gemacht. Ich war es jedenfalls nicht", gab der 43-Jährige zu Protokoll. Er habe sich mit dem 63-Jährigen "immer sehr gut verstanden. Wir haben miteinander Spaß gehabt. Wir haben ihn immer vor meiner Mutter geschützt." Dem pflichtete die mitangeklagte Freundin des 43-Jährigen bei: "Wie ich gemerkt hab', wie die Frau (gemeint: die Mutter ihres Partners, Anm.) drauf ist, hab ich ihn immer beschützt. Die haut aus." Das Ganze sei von der Mutter "geplant" worden, behauptete die 40-Jährige: "Sie will mich im Gefängnis sehen, sie will mich leiden sehen."

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft auch gegen die Mutter des 43-Jährigen und ehemalige Lebensgefährtin des Opfers ermittelt, da der misshandelte Mann zunächst widersprüchliche Angaben zum Zustandekommen seiner Verletzungen getätigt hatte. Das Verfahren gegen die Mutter wurde aber eingestellt. Der 63-Jährige ist einem psychiatrischen Gutachten einfach strukturiert, aufgrund einer Intelligenzminderung wurde ihm vor einigen Jahren von den Behörden eine Erwachsenenvertretung beigegeben. Anfangs hatte er behauptet, er wäre von Unbekannten ausgeraubt worden, dann belastete er fälschlicherweise seinen Stiefsohn. Dieser - er hatte mit der Sache nichts zu tun und, wie mittlerweile feststeht, dem Stiefvater nie Gewalt abgetan - wurde daraufhin an seinem Arbeitsplatz fest- und sogar in U-Haft genommen. Dass die Zeit im Gefängnis für den bisher völlig unbescholtenen Stiefsohn - einen verheerende Erfahrung gewesen sein dürfte, wurde bei dessen Zeugenaussage im Verhandlungssaal spürbar. Auch gegen ihn stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

Kontradiktorische Einvernahme

Erst als im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mit dem 63-Jährigen eine kontradiktorische Einvernahme im Beisein seiner Erwachsenenvertreterin durchgeführt wurde, belastete der Mann den Sohn seiner Ex-Partnerin und dessen Freundin. In U-Haft genommen wurden die beiden nicht. Sie erschienen zur und verließen die Verhandlung auf freiem Fuß. Das Video mit der kontradiktorischen Einvernahme des Opfers wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespielt.

Dessen Angaben hätten einen "glaubwürdigen Eindruck" gemacht, stellte die vorsitzende Richterin am Ende in der Urteilsbegründung fest. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Der 43-Jährige meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die 40-Jährige erbat Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.