Die zweite Nationalratspräsidentin attackiert die Volkspartei scharf. Türkis schäumt vor Wut.
Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) spricht sich dafür aus, dass das Parlament bis zur Neuwahl im Herbst die Regelungen zur Parteienfinanzierung verschärfen sollte. Es brauche eine Spendenobergrenze, Transparenz und höhere Strafen, sagte sie in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Auch das generelle Rauchverbot in der Gastronomie soll der Nationalrat ihrer Ansicht nach beschließen.
"Ich mache den Vorschlag, dass man sich darauf einigt, dass nur Beschlüsse gefasst werden, die budgetär gedeckt sind", sagte Bures. Dazu zählten die beiden oben genannten Vorschläge. Wann die vorgezogene Nationalratswahl stattfinden soll, dazu habe sie keine Präferenz. "Ich schließe mich der Mehrheit des Nationalrates an, ich halte das für eine völlig unwesentliche oder überschätzte Frage", sagte sie. Ihr seien sowohl der 22. als auch der 29. September, die derzeit diskutiert würden, recht.
Zu den im Ibiza-Video getätigten Aussagen werde es nach der Wahl einen Untersuchungsausschuss geben, zeigte sich Bures überzeugt. "Da ist natürlich parlamentarische Aufklärung notwendig."
"ÖVP soll auf demokratischen Boden zurückkehren"
Bures verteidigte, dass die SPÖ den Misstrauensantrag gegen die Bundesregierung eingebracht und mitbeschlossen hat. Es wäre "eigenartig", wenn die Opposition einer Regierung, die immer wieder rote Linien überschritten habe, das Vertrauen gebe. "Man hat keine Regierung gestürzt, die Koalition hat sich selbst zersprengt", sagte sie. Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warf sie mangelnde Gesprächsbereitschaft vor. Dieser müsse sich fragen, ob es "vielleicht auch an ihm liegt, dass eine Zusammenarbeit nicht funktioniert". Dann legte sie noch nach. Über den von der ÖVP lancierten Spruch "Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden" zeigte sie sich empört und wies ihn umgehend zurück. Die Volkspartei solle dies sofort zurücknehmen "und auf den parlamentarischen und demokratischen Boden zurückkehren", meint Bures.
ÖVP schäumt: "Entgleisung"
Die ÖVP kontert umgehend und spricht von einer "Entgleisung" der zweiten Nationalratspräsidentin. "Die Aussagen von Doris Bures sind ihres Amtes unwürdig. Der ÖVP zu unterstellen, sie habe den demokratischen Boden verlassen, ist eine Entgleisung sondergleichen und verlangt nach einer Entschuldigung. Gerade sie hätte im Parlament die Aufgabe gehabt zu deeskalieren, anstatt die Rot-Blaue Parteitaktik zu unterstützen“, so VP-Generalsekretär Karl Nehammer.
Leichtfried: Bures stellte sich schützend vors Parlament
Der SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried verteidigt die Aussagen seiner Parteikollegen und kontert Nehammers Vorwurf. "Tatsache ist, Doris Bures hat ihre Aufgabe wahrgenommen. Sie hat sich als Zweite Nationalratspräsidentin schützend vor das Parlament gestellt. Und das ist etwas, was man beim ÖVP-Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka schmerzlich vermisst hat“, sagt Leichtfried in einer Aussendung.
Bures macht sich "bei österreichischen Beamten keine Sorgen"
In Bezug auf die neue Übergangsregierung meinte Bures: "Ich gehe davon aus, dass das ein sehr guter Vorschlag sein wird." Angesprochen darauf, dass die neuen Minister dem Vernehmen nach durchaus parteinah sein könnten, sagte Bures, die selbst mehrere Jahre Ministerin war: "Jeder einzelne Sektionschef war in seiner Expertise so was von überparteilich, dass ich mir bei den österreichischen Beamten keine Sorgen mache, dass die das im Sinne Österreichs nach bestem Wissen und Gewissen ausführen werden."
Angesprochen auf die Situation der SPÖ und die vergangenen Wahlergebnisse räumte Bures ein: "Es ist eine Momentaufnahme, aber keine erfreuliche. Da ist noch Luft nach oben." Die SPÖ müsse sich wieder mehr auf Themen wie leistbares Wohnen oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie konzentrieren. "Wir stehen alle hinter der Spitzenkandidatin (Pamela Rendi-Wagner, Anm.)", versicherte sie.
Die FPÖ kommt für sie nicht als Koalitionspartner infrage: "Die letzten Monate müssen schon jeden im Land zur Auffassung gebracht haben, dass mit dieser FPÖ kein Staat zu machen ist."
Ob sie 2022 für das Amt der Bundespräsidentin kandidieren wird, könne sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten.