Präzise Euro-Angaben prägen die Speisekarten und Preislisten in Museen und der Oper. Per Zug oder Schiff in rund einer Stunde erreichbar.
Dass die Eröffnung eines Kulturhauptstadtjahres größeres Marketing-Potenzial hat als die Einführung des Euro, liegt auf der Hand. So steht ein Tagesausflug nach Linz heuer wohl für viele auf dem Programm. Dass man in einer knappen Zug-Stunde von Wien aus aber auch schon in Bratislava ist und von dort dank der guten, stündlichen Verbindungen bis 0.50 Uhr (und des neu eingeführten Zahlungsmittels) tatsächlich auch ohne Kosten für Hotels Veranstaltungen aller Art besuchen kann, ist derzeit wohl noch eher ein Geheimtipp. Bratislava als leicht zu erreichende Kulturstadt? Bei einem Besuch der APA in der slowakischen Hauptstadt war vom großen Touristen-Ansturm noch wenig zu spüren.
Sprachschwierigkeiten
Das Angebot ist da, allein die Vermittlung
an nicht-slowakisch-sprachige Touristen steckt an vielen Stellen noch in den
Kinderschuhen. Während viele Websites zwar schon mit einem eigenen Link eine
englische oder manchmal sogar deutsche Seite ankündigen, sind oft nur
Menü-Punkte und Überschriften tatsächlich übersetzt. Auch vor Ort ist es oft
nicht ganz einfach, sich verständlich zu machen. Umso wichtiger erscheint
für einen Besuch in Bratislava der Gebrauch eines aktuellen Reiseführers
oder der Weg zum Informationszentrum (Klobucnicka ul. 2, http://www.bkis.sk)
Die penibel auf den Cent umgerechneten neuen Euro-Preise liegen teilweise
noch deutlich unter jenen in Österreich, zumindest beim Kultur-Genuss. Die
zahlreichen Restaurants in der Innenstadt verlangen gängige Preise, hier
lohnt es sich oft, in Seitengassen oder malerischen Hinterhöfen nach einem
Lokal zu suchen.
"Wiens 3. Opernhaus"
Mit dem Slogan "Besuchen Sie
Wiens 3. Opernhaus in Bratislava" (der wohl dem Theater an der Wien
nicht ganz recht sein dürfte) wirbt ein Reiseveranstalter für Opernabende in
Bratislava. Inkludiert ist der Bus-Transfer, ein Abendessen sowie der
Eintritt. Das besondere: Bratislava verfügt seit dem Jahr 2007 neben dem
alten Nationaltheater noch über ein zweites, modernes Opernhaus am Ufer der
Donau, das parallel bespielt wird. Das Theaterprogramm - für das allerdings
Slowakisch-Kenntnisse erforderlich sind - reicht derzeit von William
Shakespeares "Was Ihr Wollt" über Georges Feydeaus "Floh
im Ohr" bishin zu Stücken von slowakischen Autoren wie Tana Kusa oder
Jan Uliciansky.
Zahlreiche Angebote
Für Opern- oder Ballettbesuche gibt es
zahlreiche Angebote, derzeit stehen etwa Giacomo Puccinis "Turandot",
Franz Lehars "Die lustige Witwe" oder auch Mozarts "Don
Giovanni" auf dem Programm. Im neuen Opernhaus kann vor
Vorstellungsbeginn eine kleine Ausstellungen über den Komponisten Eugen
Suchon oder den Schauspieler Jan Jamnicky besucht werden. Die Preise reichen
von 6,64 Euro in der niedrigsten Kategorie bis zu 29,87 Euro, ins Schauspiel
kommt man bereits ab 3,32 Euro, die teuerste Karte kostet 16,60 Euro.
(Slowakisches Nationaltheater http://www.snd.sk; Organisierte Reisen mit
Opernbesuch: http://www.elitetours.at).
Zug oder Schiff
Wer lieber individuell reist, dem sei die Bahn
ans Herz gelegt. In einer knappen Stunde kommt man vom Wiener Südbahnhof um
14 Euro, die auch ein Ticket für die Verkehrsbetriebe in Bratislava
(Pressburg) beinhalten, direkt zum Hauptbahnhof (Bratislava hl.st.), von dem
man in wenigen Minuten via Straßenbahn im Zentrum landet. Ein besonderer
Ausflug ist in der warmen Jahreszeit die Schiffsreise nach Bratislava mit
dem Twin City Liner, der die Besucher um 28 Euro in nur 75 Minuten auf der
Donau nach Bratislava bringt (http://www.twincityliner.com/).
Touristische Attraktionen
Neben touristischen Anziehungspunkten
wie etwa der Burg von Bratislava oder den zahlreichen Palais lohnt sich auch
ein Streifzug durch die Museen. Die Slowakische Nationalgalerie etwa wartet
derzeit mit einer nicht alltäglichen Sammlungspräsentation auf, die in
diesem Umfang hierzulande wohl nicht so bald zu sehen sein wird. "Nonkonformisten
- Die Zweite Russische Avant-Garde 1955 - 1988" heißt die umfangreiche
Schau, die das Sammlerehepaar Bar-Gera in den vergangenen vier Jahrzehnten
zusammengetragen hat. Auf mehreren Ebenen des Hauses am Ufer der Donau sind
hier Werke von Ilja Kabakov, Ernst Neizvestny oder Eduard Steinberg zu
sehen, diverse Texte zur Ausstellung gibt es auf Slowakisch und Englisch.
Ebenfalls bis zum 22. Februar ist auch noch eine kleine, aber feine
Personale der 1980 verstorbenen tschechischen Künstlerin Eva Kmentova mit
Skulpturen und Papierarbeiten zu sehen. Die Eintrittspreise belaufen sich
hier derzeit auf 3,32 Euro für Erwachsene und 66 Cent für Kinder
(Slowakische Nationalgalerie, tägl. außer Montag. http://www.sng.sk).
Haus der Kunst
Wer sich für bildende Kunst aus der Slowakei
interessiert, ist im Haus der Kunst (Dom umenia) gut aufgehoben. Hier finden
monatlich bei freiem Eintritt wechselnde Ausstellungen statt, noch bis 12.
Februar zeigen Ivan Csudai und elf seiner Studenten großformatige Bilder.
Die Slowakische Künstlervereinigung eröffnet wieder Mitte Februar
(http://www.svu.sk). Da die Bratislaver Innenstadt größtenteils autofrei
ist, bevölkern in der warmen Jahreszeit viele Cafes und Gastgärten die
Fußgängerzonen. Ob eine Melange im Cafe Vienna in einigen Monaten allerdings
immer noch 1,57 Euro kosten wird, bleibt abzuwarten.
Buchtipp: "Bratislava. Gehen, Sehen & Genießen". Die Reihe "Falters City Walks" bietet fünf Routen durch die Hauptstadt der Slowakei mit zahlreichen praktischen Informationen. ISBN 978-3-85439-402-0. 136 Seiten, 9,90 Euro. Info-Websites für Bratislava: http://www.visit.bratislava.sk/de, http://www.bkis.sk
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