Große Vorfreude, viel Spannung und kein Sieger: Bei den Wiener Fußball-Derbys bekommt man in letzter Zeit Ähnliches geboten.
Das 1:1 zwischen der Austria und Rapid war am Sonntag die vierte Punkteteilung im Prestigeduell in Folge. Die viertplatzierten Hütteldorfer konnten damit wegen der Europacup-Doppelbelastung besser leben. Die Favoritner warten unter Manfred Schmid nach sechs Runden noch auf den ersten Sieg und gehen mit der "Rote Laterne" in die Länderspielpause.
Die gebotene Kost vor nur 11.035 Zuschauern in der Generali Arena war von der magereren Sorte, vor der Pause hatte jedes Team eine Topchance, nach der Pause waren es zwei. Das Unentschieden im 333. Aufeinandertreffen, dem 300. in der Liga, war die logische Folge. "Es war ein sehr zerfahrenes Spiel. Ich glaube, dass das Unentschieden zu 100 Prozent leistungsgerecht ist", sagte Schmid. Nach dem Treffer von Lukas Mühl (33.) hatte der 50-Jährige auf einen Befreiungsschlag in Form des ersten Sieges nach drei Remis und zwei Niederlagen hoffen dürfen. Marco Grüll (47.) machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung und schoss die vier Zähler entfernte Austria wieder ans Tabellenende.
Großer Steigerungsbedarf bei der Austria
"Natürlich wird mir schlecht, wenn ich auf die Tabelle schaue", gab Austrias Coach zu. "Von den Punkten ist es eindeutig zu wenig." Die nächsten beiden Wochen gilt es daher intensiv zu nutzen, um die Trendwende einzuleiten. "Es waren viele technische Unzulänglichkeiten, Abspielfehler und Unkonzentriertheiten dabei. Wir haben es auch in vielen Phasen verabsäumt, die Umschaltsituationen besser fertig zu spielen, spielerisch war es zu wenig", sah Schmid großen Steigerungsbedarf. Von Resignation ist keine Spur. "Ich habe das Gefühl, dass sich die Mannschaft entwickelt. Wir müssen jetzt daran arbeiten, damit es in den nächsten Wochen besser wird", gab der Ex-Austria-Kicker die Marschroute vor.
Auch die Spieler sehnen ein Erfolgserlebnis herbei. "Es muss mehr rausschauen, aber wir müssen uns nicht verstecken. Wir kommen da wieder raus", war sich Rechtsverteidiger Georg Teigl sicher. Helfen könnte vielleicht der eine oder andere neue Spieler. Das Transferfenster ist noch bis Dienstag geöffnet. "Man darf unsere Kadersituation nicht vergessen, wir haben einen relativ kleinen Kader. Man hat gesehen wie Rapid nachlegen kann, wir haben einen Jugendspieler für den anderen eingetauscht", verlautete Schmid.
Kühbauer fordert Last-Minute-Transfers
Rosig ist aber auch die Kaderdichte bei den Hütteldorfern, die mit derselben Startformation wie am Donnerstag beim Europa-League-Aufstieg in der Ukraine antraten, keinesfalls. Deshalb hoffen auch sie angesichts sechs weiterer EL-Spiele im Herbst auf Verstärkungen. "Ich glaube auch an den Weihnachtsmann, deshalb bin ich überzeugt, dass er was bringen wird", scherzte Kühbauer. In der Breite besser aufgestellt zu sein, wäre für das Team sehr gut. "Denn die Belastung wird ja nicht weniger."
Einer der damit bestens zurecht kommt ist Grüll. Der im Sommer aus Ried geholte Offensivspieler traf im fünften Pflichtspiel in Folge, seine Torausbeute steht bei sieben. "Aufgrund unserer Kadersituation hat Grülli von der ersten Minute an funktionieren müssen und er funktioniert unglaublich gut", lobte Kühbauer seinen Torschützen. Von Abheben sei beim 23-Jährigen keine Spur. "Er ist ein intelligenter Kerl und dermaßen am Boden. Trotz seiner Tore und weil er jetzt bekannter ist gibt es bei ihm kein Anzeichen, dass er zu fliegen beginnt."
Länderspielpause wird gut tun
Grülls Freude über sein erstes Derbytor - obwohl er wie allseits bekannt "kein Kopfball-Ungeheuer" ist, traf er per Kopf - war angesichts des verpassten Sieges getrübt. "Die Austria kann im Endeffekt mit dem 1:1 besser leben als wir", sagte der Außenspieler. Sein Zwischenresümee fiel sehr positiv aus: "Wir haben die Europa League erreicht, ich persönlich habe ein paar Tore gemacht. Hoffen wir, dass es so weitergeht."
Er zählt zu jenen Akteuren, die nicht im Nationalteameinsatz sind und die anstehende Pause genießen kann. Fünf Kicker stellt Rapid ab, darunter die beiden Stürmer Ercan Kara und Taxiarchis Fountas. "Die zehn Tage werden wir jetzt echt nutzen, um uns zu erholen, aber sehr viele Spieler sind auch in Nationalteams, da kannst du wieder nicht das trainieren was du willst", sagte Kühbauer. Die Pause komme jedenfalls zur rechten Zeit. "Wenn du in 40 Tagen 13 Spiele hast, dann ist das nicht nur eine körperliche, sondern auch mentale Geschichte. Die Spieler sind ja keine Maschinen, sondern Menschen. Ich glaube, dass sie schon am Limit waren."
Das war auch von den Akteuren selbst zu vernehmen. "Man hat gesehen, dass wir durch die vielen englischen Wochen ein bisschen müde waren", verlautete Goalie Paul Gartler. Das war sicher ein Mitgrund für die durchwachsene Vorstellung. "Wenn ich mir die Statistiken anschaue, sehe ich, dass wir überall besser waren, wir haben aber nicht das auf den Platz gebracht, wie wir es können", fasste Kühbauer zusammen. Nach der Pause wartet zu Hause die Admira, die Austria tritt beim LASK an.