Rapid vor dem Europacup-Aus, aber: schlimmste Befürchtungen bei Jimmy Hoffers Verletzung nicht bewahrheitet.
Am Tag nach dem peinlichen 0:3 im Zweitrunden-Hinspiel der Champions-League-Qualifikation gegen Anorthosis Famagusta darf sich Österreichs Fußball-Meister SK Rapid über eine positive Nachricht freuen. Die Verletzung von Erwin Hoffer stellte sich am Donnerstag als starke Muskelprellung an der linken Schulter heraus, der Stürmer muss daher nur wenige Tage pausieren.
Doch kein Bruch
Hoffer war auf Zypern eine Viertelstunde vor
Schluss nach einem Foul unglücklich zu Fall gekommen und musste mit der
Bahre vom Platz getragen werden. Zunächst war sogar ein Oberarm-Bruch
befürchtet worden, was den Teamstürmer für viele Wochen außer Gefecht
gesetzt hätte. Club-Arzt Benno Zifko gab allerdings nach einer Röntgen- und
Magnetresonanz-Untersuchung im Wiener Lorenz-Böhler-Krankenhaus Entwarnung.
Im Rückspiel wieder dabei
Nach den Angaben des Mediziners
setzt die Muskelprellung samt großem Bluterguss den sprintstarken Angreifer
nur kurz außer Gefecht. Hoffer will schon am Freitag wieder ins Training
einsteigen und ist zwar für das Samstag-Spiel gegen Kapfenberg fraglich,
doch bei der für Rapid so wichtigen Retourpartie gegen den zypriotischen
Meister am kommenden Mittwoch im Hanappi-Stadion wird der Niederösterreicher
mit großer Wahrscheinlichkeit wieder dabei sein.
Peinlich
Zuvor hatte der SK Rapid einen der blamabelsten
Auftritte einer österreichischen Mannschaft in der Geschichte des
Fußball-Europacups hingelegt. Das 0:3 im Zweitrunden-Hinspiel der
Champions-League-Qualifikation auswärts gegen Anorthosis war nicht nur die
höchste Niederlage eines heimischen Clubs gegen eine zypriotische Mannschaft
überhaupt, er könnte auch weitere "historische Folgen"
nach sich ziehen. Denn bisher verabschiedete sich noch kein rot-weiß-rotes
Team in dieser Quali-Phase für die Königsklasse.
Keine Torchance
Nach der Bankrotterklärung auf der Insel scheint
dieses Szenario aber äußerst wahrscheinlich, zumal das Auftreten des
Meisters gegen den zypriotischen Titelträger wenig Grund zur Hoffnung für
das Rückspiel am kommenden Mittwoch (19.30) im Wiener Hanappi-Stadion gab.
So wurde etwa in 90 Minuten keine einzige auch nur halbwegs zwingende
Torchance herausgespielt. Dennoch übte man sich im Lager der Grün-Weißen in
Durchhalteparolen. "Im Sankt Hanappi sind schon einige Wunder passiert",
meinte etwa Stefan Maierhofer, und Steffen Hofmann ergänzte: "Ich
glaube, dass wir es noch schaffen können."
Hoffen auf ein Wunder
Auch Trainer Peter Pacult hat die Hoffnung
auf ein Weiterkommen noch nicht ganz aufgegeben, musste jedoch zugeben: "Die
Chancen sind sicher gering, aber ich war schon einmal dabei, als Rapid im
Europacup ein 0:3 umgedreht hat", erinnerte der Wiener an das legendäre
5:0 von Rapid gegen Dynamo Dresden im Viertelfinale des Europacups der
Cupsieger im März 1985, bei dem er selbst im Einsatz war und zwei Tore
erzielte.
Allerdings gab Pacult auch zu bedenken: "Vielleicht passiert wieder ein Wunder, doch dafür brauchen wir eine klare Steigerung und viel mehr Aggressivität, als wir sie heute an den Tag gelegt haben." Auf eine öffentliche Abrechnung mit seiner Mannschaft verzichtete der Meistermacher jedoch. "Wir haben verdient verloren. Die Leistung werden wir intern besprechen."
Gegner war besser
Weiters meinte Pacult: "Ich will jetzt
nicht alles schlecht reden. Man muss auch die Leistung des Gegners
respektieren. Wir müssen in Österreich lernen, Gegner zu akzeptieren und sie
nicht schlechter zu machen, als sie sind", forderte der frühere
1860-München-Coach und nahm seine Kicker zumindest teilweise in Schutz. "Ich
will ihnen nicht den Willen absprechen, aber es ist uns nicht gelungen,
Anorthosis so zu kontrollieren, dass wir eine gute Ausgangsposition für das
Rückspiel geschafft hätten."
Im Gegensatz zu weiten Teilen der österreichischen Öffentlichkeit hätten seine Kicker den zypriotischen Verein, in dessen 18-Mann-Kader 14 Legionäre standen, nicht unterschätzt. "Ich glaube weniger, dass die Spieler meine Warnungen nicht ernst genommen haben, aber wenn man Fehler macht, passieren eben Tore", so Pacult. Dabei sei zu Beginn alles weitgehend planmäßig gelaufen. "Bis zum 0:1 (Anm.: in der 35. Minute) haben wir eigentlich fast alles richtig gemacht. Aber wenn man dann viele Abspielfehler macht und nicht mehr sicher genug den Ball halten kann, bekommt man Probleme."
Warnung ignoriert
Das erste Gegentor sei zwar "aus heiterem
Himmel" gefallen, dennoch ärgerte sich Pacult, dass es aus einem weiten
Einwurf entstand. Genau davor hätte er sein Team im Vorfeld gewarnt, betonte
der Coach. Das 0:2 nach einem weiten Pass, bei dem die Innenverteidigung
neben den Schuhen stand, bezeichnete der Trainer als "bitter", und
zusammen mit dem dritten Tor der Zyprioten in der 92. Minute kam eine
Niederlage zustande, "die für mich nur schwer verdaulich ist",
gestand Pacult.
Zornige Fans
Während der 48-Jährige die peinliche Schlappe
weitgehend sachlich analysierte, trieb die Darbietung der Rapidler so
manchem der über 100 mitgereisten Fans die Zornesröte ins Gesicht. Als sich
die Spieler nach dem Schlusspfiff von den Anhängern verabschieden wollten,
wurde ihnen eindeutig zu verstehen gegeben, sich schnellstmöglich in die
Kabine zu begeben. "Ich verstehe die Reaktion der Fans", sagte
Kapitän Hofmann.
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Für Rapid-Präsident Rudolf Edlinger hat es am Mittwoch einen doppelten Tiefschlag gesetzt. Zum einen hatte er die blamable 0:3-Auswärtsniederlage gegen Anorthosis Famagusta zu verkraften, zum anderen musste er sich auch schon auf die Konsequenzen einstellen, die das Debakel nach sich ziehen könnte: Im Falle eines Ausscheidens in der zweiten Qualifikationsrunde für die Champions League und dem damit verbundenen vorzeitigen Abschied von der internationalen Bühne fehlen dem österreichischen Fußball-Meister im Zwölf-Millionen-Etat die geplanten Europacup-Einnahmen von 500.000 Euro.
Laut Edlinger, der nach dem Schlusspfiff von einem "katastrophalen Spiel" sprach, gerät Rapid deswegen aber nicht in gröbere Schwierigkeiten. "Wir haben in unserem Budget einen Überschuss eingeplant, weil wir Altlasten abbauen wollten. Dieser Abbau der Altlasten würde bei einem Ausscheiden in geringerem Maße passieren", erklärte der frühere Finanzminister und betonte: "Unsere Liquidität wäre bei einem Ausscheiden nicht gefährdet."
Dass Rapid ungeahnte Einnahmen-Ausfälle wegstecken kann, ist für Edlinger das Resultat eines verantwortungsvollen wirtschaftlichen Kurses. "Wenn man sportlich gut abschneiden will, muss man finanziell konsolidiert sein. Jeder, der anders vorgeht, endet dort, wo so mancher Meister der letzten Jahre gelandet ist", sagte der 68-Jährige mit dem Hinweis auf den FC Tirol oder den GAK.