Breitner-Interview

"Ihr seid ein hoffnungsloser Fall!"

Teilen

Im Exklusiv-Interview mit ÖSTERREICH übt Breitner schonungslose Kritik an unserem Fußball. Und er sagt, was zu tun ist.

ÖSTERREICH: Herr Breitner, ist Österreichs Fußball noch zu retten?
Breitner: Gegenfrage: Ist der österreichische Fußball überhaupt noch präsent? Wird er noch irgendwo wahrgenommen? Ich glaube nicht. Euer Fußball leidet an Schwindsucht. Im Moment ein hoffnungsloser Fall. Bei uns in München blickt man vielleicht noch nach Salzburg – wegen Trapattoni und Matthäus. Aber sonst? Euer Fußball spielt in Europa nicht einmal mehr ansatzweise eine Rolle ?

ÖSTERREICH: Woran liegt das?
Breitner: Selbstüberschätzung. Das geht bei Euch seit Cordoba so .

ÖSTERREICH: Warum?
Breitner: Weil ihr euch im Kreis dreht. Es werden immer wieder die gleichen Fehler gemacht.

ÖSTERREICH: Welche Fehler meinen Sie?
Breitner: Ihr schaut nach Deutschland, ihr wollt euch mit uns messen. Der Blick über die Grenze ist nicht schlecht, aber die deutsche ist eindeutig die falsche Grenze. Ich würde mir die Schweiz als Vorbild nehmen. Dort wird gut und seriös gearbeitet. Dort gibt’s funktionierende Nachwuchskonzepte. Dort träumt man nicht. Dort entwickelt man sich ständig weiter. Die Schweiz wird bei der Europameisterschaft in zwei Jahren sicher wahrgenommen werden, Österreich bedauerlicherweise nicht.

Kommt die Heim-EM zu früh?
Breitner: Viel zu früh. Da ist Österreich chancenlos. Ihr denkt immer von WM zu EM. Im Fußball kommt man kurzfristig keinen Schritt weiter. Da helfen nur langfristige Konzepte. Man darf nicht damit spekulieren, was in zwei Jahren ist, sondern was in acht Jahren ist.

ÖSTERREICH: Hängt die Krise mit der Person des Teamchefs zusammen?
Breitner: Auf keinen Fall. Was hätte der Hans Krankl machen sollen? Was kann Josef Hickersberger tun? Nichts. Der Teamchef, egal, wie er heißt, hat die Fäden nicht in der Hand. Wenn was schief läuft, dann bei den Vereinen. Die Kritik zielt auf den Falschen ab.

ÖSTERREICH: Angenommen, Sie kriegen ein Angebot vom österreichischen Fußballbund. Würden Sie österreichischer Teamchef werden, Herr Breitner?
Breitner: Sie werden lachen. Ich habe vor Jahren zweimal konkret mit dem ÖFB verhandelt. Ich stand schon ganz knapp davor, Teamchef zu werden – und es hat dann in letzter Sekunde nicht geklappt. Ein drittes Angebot wird es nicht geben. Ich würde es auch nicht annehmen – egal, wie gut es ist.

Von Wolfgang Ruiner/Österreich

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.