Frankreichs Innenminister teilt aus

Final-Chaos: Schwere Vorwürfe gegen Klopp

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Frankreichs Innenminister attackiert Liverpools Star-Trainer Jürgen Klopp.

Nach den chaotischen Szene vor dem Champions-League-Finale in Paris rund um Liverpools Fans gehen die Sichtweisen in England und Frankreich konträr auseinander. Während die britische Regierung ihre Kritik an den französischen Sicherheitskräften erneuerte, sieht Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra die Verantwortung vor allem bei den Fans von der Insel. Nach einer Krisensitzung am Montag berichtete Innenminister Gérald Darmanin von mehr als 100 Festnahmen.

Von den 29 im oder um das Stade de France Festgenommenen seien die Hälfte davon britische Staatsbürger, hielt der Minister fest. Weitere 77 Festnahmen nicht-britischer Personen erfolgten in der umliegenden Präfektur Seine Saint-Denis. Darmanin hielt dahingehend auch fest, dass man von der Menge an lokalen Unruhestiftern überrascht worden sei. Diese nutzten den Trubel offenbar teilweise aus, um sich Zugang zum Stadion zu verschaffen. Dies legen auch TV-Bilder nahe.

Kritik an Klopp

Die Polizei in Paris registrierte rund um das Finale 230 Verletzte. Oudéa-Castéra gab gegenüber dem Sender RTL am Montagvormittag an, dass 30.000 bis 40.000 Engländer ohne Ticket oder mit gefälschten Karten zum Stade de France gedrängt und dort für massive Sicherheitsprobleme gesorgt hätten. Geklärt werden müsse noch, wo die gefälschten Tickets in derart hoher Zahl herkamen. Die Ministerin warf Liverpool außerdem vor, sich anders als Real Madrid nicht gut um die Begleitung seiner Fans gekümmert und diese sich selber überlassen zu haben. Die Fans der Spanier hätten keine Probleme verursacht.

Der Minister übt dabei auch scharfe Kritik an Jürgen Klopp: "Ich erinnere Sie daran, dass der Trainer von Liverpool vor ein paar Tagen die Fans aufgerufen hat, auch ohne Tickets nach Frankreich zu kommen.“ 

Tränengas-Einsatz

Die Ministerin bedauerte den Einsatz von Tränengas, von dem auch unbeteiligte Fans, Familien und Kinder betroffen waren. Zugleich bekräftigte sie, dass Frankreich in der Lage sei, große Sportereignisse zu organisieren und verwies etwa auf die Fußball-Europameisterschaft 2016. In Frankreich entbrannte nach den Vorkommnissen am Samstag eine Debatte, inwiefern das Land für Ereignisse wie die Rugby-WM 2023 oder die Olympischen Spiele 2024 vorbereitet sei.

"Es ist beunruhigend, weil wir deutlich sehen konnten, dass wir für Events wie die Olympischen Spiele nicht bereit sind", sagte der linkspopulistische Ex-Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon. Der Rechtspopulist Eric Zemmour meinte indes, dass die Probleme in erster Linie von Jugendlichen aus dem Département ausgegangen sei und nicht von Liverpools Fans.

Aus London und Liverpool gab es Kritik am französischen Vorgehen. "Ich war von diesen Bildern entsetzt, dass die französische Polizei Pfefferspray gegen Fans einsetzte, darunter Kinder und Behinderte", sagte der britische Staatssekretär Chris Philp am Montag dem Sender Sky News. Es gebe "keine offensichtliche Rechtfertigung für diese Art von Verhalten." Ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson betonte, dass die Bilder aus Paris "zutiefst erschütternd und besorgniserregend" gewesen seien. Die UEFA müsse dieses Vorgehen dringend untersuchen und die Ergebnisse öffentlich machen, hieß es.

Schuldzuweisungen  

Liverpools Bürgermeisterin Joanne Anderson kritisierte das Vorgehen der französischen Polizei gegen britische Fans als "überaus widerlich". Die Polizei sei "brutal" vorgegangen, zudem sei die Organisation des Spiels "chaotisch" gewesen, sagte Anderson, die selbst im Stadion war, am Montag der BBC. Die Liverpool-Anhänger müssten eine Entschuldigung erhalten. Zuvor hatte Anderson bereits angekündigt, sie werde bei der britischen Außenministerin Liz Truss Antworten der UEFA und beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Untersuchung der Vorfälle einfordern.

Die UEFA erklärte das Chaos beim Einlass durch das hohe Aufkommen von Fans ohne gültige Tickets. Die Drehkreuze am Eingang für Liverpool-Fans seien blockiert gewesen, weil Tausende Anhänger mit gefälschten Tickets diese nicht passieren konnten. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die Anstoßzeit wurde um mehr als eine halbe Stunde verschoben. Fanvertreter kritisieren eine einseitige Darstellung der UEFA. Diese erklärte am Montagabend, dass sie eine unabhängige Untersuchung einleitet.
 

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