Nach dem Remis gegen Salzburg flogen bei Neapel die Fetzen.
Dunkle Wolken hängen dieser Tage nicht nur über dem Golf von Neapel. Auch beim Stolz der Stadt, der SSC Napoli, braut sich etwas zusammen. Trainer Carlo Ancelotti sprach nach dem 1:1 in der Champions League gegen Österreichs Fußball-Meister Salzburg nicht mit Journalisten, sagte erstmals in seiner Amtszeit die obligatorische Pressekonferenz ab. Dem Club droht daher eine Geldstrafe durch die UEFA.
Zu den Gründen für die Funkstille machte Napoli keine Angaben. Es könnte aber eine Reaktion auf die ungeliebte Kasernierung sein, die Präsident Aurelio De Laurentiis dem Team nach schwachen Ergebnissen in der Liga bis Sonntag, bis Beginn der Länderspielpause, verordnet hat. Ancelotti hatte sich bereits am Montag dagegen ausgesprochen, musste sich aber dem streitbaren Clubchef beugen.
Ancelotti unter Druck
Der Druck auf den früheren Erfolgscoach, der mit AC Milan und Real Madrid bereits dreimal die Champions League gewonnen hat, wird zunehmend größer. Nach drei Partien ohne Sieg ist Napoli in der Serie A auf Platz sieben abgerutscht. Durch das Remis gegen Salzburg, bei dem sie vor der Pause eine Vielzahl an Großchancen ausließen, sind die Süditaliener vor dem Schlager in Liverpool auch in Champions-League-Gruppe E ihre Spitzenposition los.
Das Team stellte sich hinter Ancelotti. "Wir sind eine geeinte Gruppe. Und das sind wir dank unseres Trainers, der uns ein gutes Gefühl gibt und versucht, Druck von uns zu nehmen in dieser schwierigen Zeit", erklärte Kapitän Lorenzo Insigne, der als einer der wenigen Napoli-Akteure nach dem Salzburg-Spiel vor die Presse trat. "Wir sind ihm dankbar und wir möchten gut spielen für ihn. Er hilft uns und verdient Erfolg."
Wirbel um Kasernierung
Die Profis sind bis Sonntag im Trainingszentrum Castel Volturno 35 km nördlich von Neapel kaserniert. In die Stadt geht es bis zum Ende des "Ritiro", wie die Maßnahme in Italien genannt wird, nur zweimal - am Donnerstag zu einem öffentlichen Training im Stadion San Paolo, mit dem die alles andere als glückliche Anhängerschaft beruhigt werden soll, und am Samstag, wenn ebendort das nächste Ligaheimspiel gegen Genoa ansteht.
Italienische Medien berichteten von Spannungen in der Kabine. Einige Akteure hätten den "Ritiro" laut Angaben der "Gazzetta dello Sport" nicht fortsetzen wollen. "Chaos Napoli, es ist eine Meuterei", titelte die Sportzeitung am Mittwoch in ihrer Online-Ausgabe. Auch Ancelotti sei vom Eingriff des Präsidenten in seinen Handlungsspielraum genervt. Der 60-Jährige sei mit seinem Trainerteam aber noch in der Nacht nach dem Spiel in Castel Volturno eingetroffen.
Dort wird die Situation vorerst hinter verschlossenen Türen analysiert. In der Champions League hat Napoli sein Schicksal weiter selbst in der Hand. Aus den beiden abschließenden Gruppenspielen in Liverpool und zu Hause gegen Genk wird ein Sieg benötigt, um nach dem 1:1 gegen Salzburg aus eigener Kraft ins Achtelfinale einzuziehen. "Dieses Unentschieden verändert nichts. Wir müssen weiterhin hart arbeiten", meinte Ausgleichstorschütze Hirving Lozano.