Nach Doppelpack

Lobeshymnen auf Paul Scharner

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Zwei Tore gegen Everton: Paul Scharner ist der Liebling der britischen Medien. Im Interview erzählt er über seinen Erfolgslauf.

Nach Paul Scharners Doppelpack für Wigan raschelt es im Blätterwald: "Schar-p Shot Paul" stand da in Riesenlettern. Der "Daily Star" schwärmte in höchsten Tönen über den "verrückten Fallschirmspringer aus Österreich". "Scharner Double Trouble for Everton", titelte "Daily Mail". Die Zeitungen überschlugen sich mit Jubelmeldungen über den zweifachen Torschützen beim 2:2 gegen Everton. ÖSTERREICH bekam den "Man of the Match" ans Telefon.

ÖSTERREICH: Wie fühlt man sich nach so einem Match?
SCHARNER: Zum Glück wohne ich in Warrington und nicht direkt in Wigan. Dort könnte ich mich nämlich nicht auf die Straße trauen, dort werde ich an jeder Ecke bestürmt.

ÖSTERREICH: Sie waren vor beiden Toren plötzlich vorne – wie funktioniert das bei einem defensiven Mittelfeldmann?
SCHARNER: Defensiv ist relativ. Auftrag des Trainers ist, dass ich, wenn’s drauf ankommt, vorn mit dabei bin.“

ÖSTERREICH: Warum funktioniert das bei Wigan so gut?
SCHARNER: Weil ich im Verein meine Wege gehen kann, und weil ich meine körperliche Stärke in Zweikämpfen ausspielen kann. Als harter Arbeiter bekomme ich in Wigan den Lohn für meine Arbeit. Das hat Hermann Maier im Skisport genauso gemacht.

ÖSTERREICH: Bevor Sie nach England übersiedelten, hatten Sie sich am Olympiastützpunkt Obertauern von Maier-Trainer Bergmüller durchchecken lassen. Was hat das gebracht?
SCHARNER: Sehr viel! Nach den Tests wusste ich exakt, wie’s nach Belastungen in meinem Körper aussieht. Dieses Wissen kommt mir jetzt beim harten Training in England zugute.

ÖSTERREICH: Wie unterscheidet sich dieses Training von dem in Österreich?
SCHARNER: Das ist wie Tag und Nacht, viel intensiver. Wir spielen Trainingmatches über 2 x 30 Minuten auf Champions-League-Niveau, wobei’s ums Leiberl fürs nächste Match geht.

ÖSTERREICH: Auf das Team-Trikot verzichten Sie freiwillig. Fühlen Sie sich nach den Pleiten bestätigt, das sinkende Schiff verlassen zu haben?
SCHARNER: Ich habe gesagt, dass das Schiff schon lang auf Grund liegt, und dazu stehe ich. Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht sagen, weil mir jeder Gedanke daran negative Energie bringt. Und ich arbeite hart genug, diese zu verdrängen.

ÖSTERREICH: Deshalb Ihr Mental-Coach Valentin Hobel?
SCHARNER: In der Weltspitze ist die Luft dünn, körperlich ist da jeder gut beinand. Die mentale Komponente wird in Österreich brutal unterschätzt – wenn du ein paar Jahre im Ausland bist, siehst du erst, wie breit der österreichische Tellerrand ist.

ÖSTERREICH: Was passiert beim Mental-Training?
SCHARNER: Es geht darum, meine Gehirnleistung auszuschöpfen. Mentaltraining wird oft mit Psychologie verwechselt, aber psychische Probleme behandle ich mit meiner Frau.

ÖSTERREICH: Welche Perspektiven haben Sie in Wigan?
SCHARNER: Mein Vertrag läuft noch drei Jahre und ich weiß, dass ich nicht nur Höhenflüge erleben werde. Aber jedes Tief macht mich noch stärker!

Von Knut Okresek/Österreich

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