Sie stürmten bei der EM ins Halbfinale - nun gibt's die Belohnung dafür.
Österreichs Frauen-Nationalteam hat die Auswahl der Männer 2017 klar in den Schatten gestellt. Mit Rang drei bei der ersten EM-Teilnahme überhaupt spielten sich Kapitänin Viktoria Schnaderbeck und Co. im Sommer in den Niederlanden in den Vordergrund. Von einem belächelten und wenig beachteten Sport kann keine Rede mehr sein, während der EM war in der Heimat eine Euphorie spürbar.
Die erstmalige Wahl zu Österreichs "Mannschaft des Jahres" bei der Lotterien Sporthilfe-Gala kam daher für das als 20. erstmals in den Top 20 der Weltrangliste aufscheinende ÖFB-Team nicht überraschend. Vor allem, da man auch bereits 2016 fast ganz oben gelandet wäre. Da hatte man nach der fixierten ersten EM-Teilnahme als Zweiter nur den Seglern Thomas Zajac/Tanja Frank den Vortritt lassen müssen. Die Fußball-Männer (3. Platz) hatte man auch schon damals hinter sich gelassen.
Das "Sommermärchen" 2017 in den Niederlanden wurde mit dem 1:0-Erfolg gegen die Schweiz eingeleitet. Noch beachtlicher war das 1:1 gegen die als Mitfavorit gehandelten Französinnen. Nach einer 3:0-Sieg gegen Island war nicht nur der Aufstieg, sondern auch der Gruppensieg in der Tasche.
Der Lauf war damit noch nicht zu Ende, dank Coolness und Nervenstärke konnte im Viertelfinale Spanien mit 5:3 im Elfmeterschießen ausgeschaltet werden. Der Einzug ins Endspiel war in Reichweite, beim 0:3 im Elferschießen gegen Dänemark versagten aber die Nerven. Gejubelt werden durfte aufgrund des historischen Erfolgs trotzdem.
Teamgeist war der Schlüssel zum Erfolg
Der kam auch zustande, da alle Stammspielerinnen im Ausland unter Vertrag stehen. 15 (14 davon in Deutschland) der 23 EM-Kader-Kickerinnen waren Legionärinnen. In der deutschen Bundesliga werden ÖFB-Rekordtorschützin Nina Burger und ihre Kolleginnen zum Teil seit Jahren schon Woche für Woche gefordert, was in der heimischen Liga nicht der Fall ist. Dort ist Serienmeister SKN St. Pölten eine Klasse für sich.
Die Basis für eine physisch starke Leistung wurde zum Teil bei den Clubs gelegt, zu einem anderen Teil auch durch eine intensive EM-Vorbereitung samt individueller Heimprogramme. Nur dank der guten Fitness waren das aggressive Pressing sowie die enorme Laufbereitschaft überhaupt möglich. Alle Teams fanden gegen den defensiven ÖFB-Block kaum Mittel, ÖFB-Torfrau Manuela Zinsberger musste in fünf EM-Spielen nur ein Gegentor hinnehmen. Das spricht Bände.
Der herausragende Teamgeist war ein weiterer Erfolgsfaktor. "So einen Spirit, wie er in unserem Team herrscht, habe ich so noch nie erlebt", war immer wieder von Spielerinnen zu hören. Das waren keine leeren Worte. Das Team ist durch ein extrem enges Band miteinander verbunden und überzeugt auch durch Bodenständigkeit.
Vater des Erfolges ist Dominik Thalhammer, der 2011 eigentlich nur als Leiter des Nationalen Frauenzentrums und U17-Coach vorgesehen war. Nach dem Tod von Ernst Weber wurde er ins kalte Wasser geworfen, lernte auch als A-Teamchef schnell schwimmen und entwickelte das Team immer weiter.
Feiersinger und Co. als Quoten-Schlager
Mit den EM-Teilnahmen der U17 (2013) und U19 (2016) wurden im Frauenbereich erste Meilensteine gesetzt, der Triumph beim Testturnier "Zypern Cup" 2016 auf A-Teamebene deutete das Potenzial der ÖFB-Auswahl an. Mehr als ein Jahr später folgte bei der EM der größte Erfolg der Verbandsgeschichte. Und die österreichische Bevölkerung wurde so richtig aufmerksam auf die Thalhammer-Truppe.
Die TV-Einschaltzahlen konnten sich sehen lassen, der Bekanntheitsgrad der Spielerinnen ist gestiegen, das Interesse gewachsen. Es wurde deutlich, welchen Hype man mit gutem Frauenfußball auslösen kann. In Zukunft soll sich das nicht ändern. Erfolgscoach Thalhammer blieb dem Team nach einer kurzen Nachdenkphase erhalten, weil er weitere Schritte nach oben für möglich hält.
Das nächste Ziel heißt WM 2019 in Frankreich. Der Quali-Auftakt ist mit einem 4:0 in Serbien geglückt. Als nächste Hürden warten am 23. November in der Südstadt Israel und fünf Tage später auf Mallorca Spanien. Der Papierform nach ist ein Zweikampf zwischen den favorisierten Spanierinnen und den ÖFB-Kickerinnen zu erwarten. Nur die Gruppensieger dürfen sich über ein WM-Fixticket freuen.