Mit Josef Pröll beginnt eine neue Ära im ÖFB. Der künftige Präsident muss gleich zu Beginn eine heikle Personalentscheidung treffen: Wird Markus Kraetschmer neuer CEO?
Die Wahl des neuen ÖFB-Präsidenten am Sonntag im Bregenzer Festspielhaus ist quasi das „Vorspiel“ zur Fortsetzung des spannenden Titelkampfs zwischen Sturm Graz und Wolfsberg, das die Fans sicher mehr in den Bann ziehen wird als die Installierung vom ehemaligen Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll zum neuen Präsidenten des ÖFB, dem ersten externen seit Friedrich Stickler. Nach der Strukturreform, die ebenfalls Sonntag noch vor Prölls einstimmiger Bestellung über die Bühne gebracht wird, gibt es keinen Präsidenten mehr, sondern den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, der bis Sonntag Präsidium heißt. Pröll, der Kandidat von ÖFB-Sponsor Raiffeisen, setzte sich am 9. April gegen den internen Kandidaten aus dem Präsidium, Sturm Graz-Boss Christian Jauk als Aufsichtsrat der Liga, durch.
Pröll schwieg und gab keine Interviews
Jauk galt als Favorit, kann bis heute nicht verstehen, warum er nicht zum Zug kam. Pröll tat jedenfalls gut daran, bisher keine Interviews zu geben. So hielt es auch Teamchef Ralf Rangnick, auch wenn es nur um sportliche Fragen ging. Er redete nur als Experte im Wiener TV-Studio von Canal+ zur Champions League. Ab Sonntag wird sich das ändern. Das erste Länderspiel der Ära Pröll, der Start in die WM-Qualifikation gegen Rumänien am 7. Juni im Happel-Stadion, ist bereits ausverkauft. Das hat nichts mit Pröll zu tun, sondern mit der Nationalmannschaft trotz verpasstem Aufstieg in die Nations League A. Die heikelste Entscheidung von Pröll wird der Vorschlag des neuen CEO des ÖFB sein. Ein Headhunter könnte die passenden Vorschläge machen. Pröll war ab 2012 im Aufsichtsrat der Wiener Austria, von 2018 bis 2021, als Frank Hensel Präsident war, gemeinsam mit Raimund Harreither Vizepräsident.
Kraetschmer und das 78 Mio.-Euro-Loch
Damals war Prölls Ansprechpartner in erster Linie Markus Kraetschmer als Vorstand der Austria-AG. Nimmt er ihn zum ÖFB mit, wie viele behaupten? Das wäre eine heikle Entscheidung. Denn in den Jahren rund um den Neubau der Generali-Arena entstand unter Kraetschmer mit Duldung der Chefetage, sei es Präsidenten (in dieser Zeit auch der jetzige ÖGB-Chef Wolfgang Katzian), Kuratorium, dessen Vorsitzender bis 2022 Ex-Bürgermeister Michael Häupl war, und Verwaltungsrat (der ehemalige Bank Austria-Chef Robert Zadrazil) ein Finanzloch von 78 Millionen Euro. In Erinnerung blieb auch der Flop mit Investor Insignia. Bei aller Erfahrung, die Kraetschmer mitbringt, ist das Finanzdebakel, das erst heuer durch den gelungenen Verkauf des Stadions an die Stadt Wien in den Griff bekommen wurde, keine wirkliche Empfehlung für einen Job als CEO des ÖFB.
Wandeln durch Handeln als Motto
2021 musste Kraetschmer nach 24 Jahren bei der Austria gehen. Gründete eine Consulting-Gesellschaft, deren Motto gut klingt: Wandeln durch Handeln. Es gab Projekte im American Football mit den Vienna Vikings, im Basketball mit den Timberwolves aus Wien, mit der Volleyball-Liga. Aktuell hat der ehemalige Junior Controller der Schoeller-Bank neun Mandate. Unter anderem bei der Unique Soccer Cooperation, die er mit Partnern aus der Schweiz und Deutschland ins Leben rief, die Fußballklubs berät, oder bei der Kenston-Business-Gruppe, die auch als Investor auftritt, Sitze in Düsseldorf, London, Dubai und im ersten Wiener Bezirk hat. Wandeln durch Handeln auch im ÖFB?
TV-Poker: Weniger Geld für Klubs
Zwei Tage nach der Pröll-Wahl gibt es auch in der Bundesliga einen wichtigen Termin: Bis Dienstag könnten Angebote zu den TV-Rechtepaketen ab 2026 abgegeben werden. Es gilt als offenes Geheimnis, dass es für die Klubs weniger Fernseh-Gelder als beim letzten Mal geben wird, selbst wenn Canal+ Sky Konkurrenz machen wird, was anzunehmen ist. Einige Vereine werden deshalb Ligavorstand Christian Ebenbauer einiges zu sagen haben.