Als 'Trainer der Schiedsrichter'

Dieser Ungar soll unsere Schiris auf Vordermann bringen

Teilen

Viktor Kassai ist beim Österreichischen Fußball-Bund mit dem Hauptziel angetreten, die Schiedsrichter besser zu machen.

"Wichtig ist es, ihnen zu helfen. Es ist wie bei der Nationalmannschaft, wir können keine Transfers machen, deshalb müssen wir die Schiedsrichter, die wir haben, entwickeln", sagte der 47-jährige Ungar am Donnerstag bei seiner offiziellen Präsentation als "Technical Director" im Referee Department des ÖFB. Er sieht sich als "Trainer der Schiedsrichter".

Nach jeder Ligarunde werde er Spiele und Situationen analysieren und den Unparteiischen Feedback geben. "Es ist wie eine taktische Einheit für Spieler", so Kassai. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte werden die Schulungen online erfolgen. Zudem wird es aber auch Seminare in Präsenz geben. "Aber nicht jedes Monat." Vorerst gilt es für ihn zunächst, sich ein Bild vom Status quo zu machen. Kassai hat nur zum Teil über Zusammenfassungen mitbekommen, wie sich die Schiedsrichter vergangene Saison präsentiert haben.

Kritik war da beinahe jede Runde zu hören. "Wir müssen zuerst einmal analysieren und herausfinden, was sie brauchen", sagte Kassai. Wichtig sei jedenfalls eine Verbesserung in "physischer, technischer und mentaler" Sicht. Dabei könne Kassai selbst nicht in allen Bereichen behilflich sein. "Ich bin kein Spezialist für alles, wir werden auch zusätzliche Spezialisten brauchen", betonte der Ungar. Gemeint sind etwa Mental- oder Athletiktrainer.

Mittelfristiges Ziel: Profi-Schiedsrichter

Die Zeit drängt allerdings. Schon im Juli startet mit der ÖFB-Cup-Runde und dem Auftakt in den ersten beiden Ligen die neue Saison. "Im Profi-Fußball hat man keine Jahre Zeit für Entwicklung, wir müssen sie so schnell als möglich entwickeln", ist sich Kassai bewusst. Deshalb reiste er nach dem Pressetermin in Wien gleich weiter nach Salzburg, wo die Schiedsrichter im Rahmen eines dreitägigen Lehrganges die vergangene Saison Revue passieren lassen und sich auf die neue Spielzeit vorbereiten.

"Es braucht klare Instruktionen, wir müssen eine gemeinsame Sprache sprechen", hob Kassai einen wichtigen Punkt hervor. Das betrifft auch die Thematik Video Assistant Referee (VAR). Für diesen Bereich wird György Ring als VAR-Manager verantwortlich sein. "Er wird da mit den Referees im Detail arbeiten. Die Entscheidung kann jeder sehen, aber nicht wie der VAR die Situation analysiert. Wir müssen die Zeit verbessern, es braucht Entscheidungen so schnell als möglich", verlautete Kassai. Er arbeitete schon in den vergangenen dreieinhalb Jahren mit seinem Ex-Assistenten zusammen, in Russland und zuletzt Bulgarien.

Nun will er in Österreich Akzente setzen. Zumindest als "mittelfristiges" Ziel gab er die Umstellung auf ein Profi-Schiedsrichtertum aus. "Wenn jemand 40 Stunden arbeitet, dann hat er keine optimalen Bedingungen, um sich auf ein Spiel vorzubereiten. Man kann nicht eine Profi-Leistung erwarten, wenn man sich auf einem Amateur-Level vorbereitet", sprach Kassai Klartext. Die Bezahlung ist ein wesentlicher Faktor. "Es geht ums Geld, aber nicht nur, sondern auch sehr viel um die Einstellung."

Vertrag mit Option auf Verlängerung

Den "Brotberuf" aufzugeben, stellt für viele eine Hemmschwelle dar. Auch wird die Schiedsrichter-Tätigkeit oft als guter Ausgleich neben dem Beruf gesehen. "Für einen Schiedsrichter ist es nicht einfach, den Brotberuf zu verlassen, denn was macht er nach einer Saison, in der er schlecht pfeift, ohne Job", ist sich Kassai bewusst. Bisher waren die Einsätze der Schiedsrichter in der Bundesliga ziemlich gleichmäßig verteilt, Spitzen-Referees kamen so auch nur zu rund 13 bis 16 Partien im Oberhaus. Das zählt zu jenen Dingen, die sich in Zukunft ändern könnten. "Ich bin dafür, dass die besseren Schiedsrichter mehr Spiele bekommen", betonte Kassai. Er werde auch für das "sensible Thema" Besetzungen verantwortlich sein. "Wenn jemand Fehler macht, muss es Konsequenzen geben", kündigte der Ungar an.

Auf der anderen Seite sollen gute Leistungen dazu führen, dass Österreich auch bei Großereignissen wieder einmal auf der Schiedsrichter-Landkarte vertreten ist. Die guten Beziehungen von Kassai in Richtung UEFA und FIFA können nur ein Vorteil sein. "Wir brauchen Spezialisten, um das kleine Rad auf der Scheibe zu drehen, damit die Schiedsrichter von gut auf sehr gut oder top kommen", meinte Robert Sedlacek, der weiterhin als Vorsitzender der Schiedsrichter-Kommission tätig sein wird.

Kassais Job ist vorerst auf zwei Jahre ausgerichtet, im Vertrag ist eine Option für eine Verlängerung inkludiert, wie Ali Hofmann, der Leiter des Referee Department ausführte. "Seine Hauptaufgabe ist es, den Spitzenbereich zu stabilisieren und in weiterer Folge voranzubringen", so Hofmann. Kassai war mehr als 20 Jahre lang Schiedsrichter im ungarischen Oberhaus, dabei nach eigenen Angaben auch fast zehn Jahre lang mittels Profivertrag ausgestattet. Schon sein Vater war Schiedsrichter. "In meinem ganzen Leben war Fußball immer im Mittelpunkt", sagte der Champions-League-Final-Schriri von 2011.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.