Der Niederösterreicher soll den lahmen Honda-Boliden mit seiner Test- und Entwicklungserfahrung Flügel verleihen.
Fulltime-Job statt Frühpension! Motorsportler Alexander Wurz hat 2008 nicht nur als Peugeot-Pilot für Le Mans sowie als frisch verpflichteter Formel-1-Co-Kommentator im ORF viel zu tun. Die wichtigste Aufgabe des 34-jährigen Niederösterreichers ist, beim Honda-Formel-1-Team die Abwärtsspirale zu stoppen.
Neue Herausforderung
Und das könnte für Wurz aufreibender werden
als die Vaterpflichten für seine drei Buben. Vergangenen Oktober hatte er
seinen Rücktritt aus der Formel 1 verkündet, ehe ihn dann die kriselnden
Japaner kontaktierten und ihm den Job gaben, den er bei Williams nicht
bekommen hatte. Nämlich Test- und Ersatzfahrer. "Das wochenlange
Kaffeeaus-Sitzen war eh nicht meines", scherzte Wurz am Mittwoch bei der
Honda-Team-Präsentation in Melbourne, wo am kommenden Sonntag (5.30 MEZ) der
WM-Auftakt erfolgt.
Probleme angesprochen
Honda ist trotz aller Millionen ähnlich wie
Toyota derart ins Hintertreffen gekommen, dass dort niemand mehr die
Probleme schönredet. "Das Gute ist, dass es schlechter fast nicht mehr
geht", musste auch Wurz am sonnigen Strand von St. Kilda seufzend
eingestehen. "Deshalb ist es wichtig, diese Abwärtsspirale zu stoppen",
betonte Wurz, der keine GP-Ambitionen mehr hat und bei Honda weit mehr ist,
als "nur" Testfahrer.
Vom Erfolgsweg abgekommen
Im Rückspiegel stehen bei Honda
zahllose Formel-1-Erfolge als Motoren-Partner, aber nur ein GP-Sieg als
reines Honda-Team. Ende 2006 noch im Besitz des schnellsten Autos im Feld,
ging es 2007 steil bergab. Um wieder auf die Erfolgsspur zu kommen, hat man
vergangenen November zunächst das frühere Ferrari-Superhirn Ross Brawn als
Teamchef aus der Frühpension zurückgeholt und vergangenen Februar dann auch
Wurz, den man wegen dessen riesiger Entwicklungserfahren längerfristig an
Bord holte.
Wurz benötigte nicht allzu lange, um neben den Schwächen des Autos auch welche in der Team-Struktur auszumachen. Während Brawn von oben steuert, versucht Wurz nun, im "Feld" die Schwächen aufzuarbeiten und eine effektive Kommunikation im englisch-japanischen 600-Mitarbeiter-Betrieb in Brackley trotz Mentalitäts- und Sprachunterschieden zu gewährleisten.
Die Wurzel des Problems
"Japaner denken und arbeiten anders als
wir, da muss man öfter nachhaken. Jeder im Team muss verstehen, an welchem
Strang zu ziehen ist", erläuterte Wurz. Sein noch unkompletter Blick hinter
die Honda-Kulissen habe gezeigt: "Da ist noch viel zu tun. Vor allem
erfordert es mehr Arbeit außerhalb des Autos."
Hoffen auf 2009
Dass 2009 wegen erneut neuer Regeln ohnehin alle
Teams wieder bei Null beginnen müssen, ändert laut Wurz nichts daran, "dass
wir jetzt zulegen müssen". 2009 sei dann eine gute Gelegenheit für Honda,
"den Spieß komplett umzudrehen!" Beim Versuch, den aktuellen RA108 zumindest
fürs Mittelfeld fit zu bekommen, hat sich Wurz offenbar auf Anhieb bewährt.
"Nach nur zwei Tests hat mir Brawn am 15. Februar auf die Geburtstagskarte
geschrieben, dass ich mein Gehalt bereits jetzt wert bin. Also entweder ich
bin zu billig oder es stimmt, was er sagt."
Willkommen bei Honda
Der Schritt vom Einsatz- zum Testfahrer tut
Wurz jedenfalls nicht weh, "denn das ist genau meines". Und auch seine
Teamkollegen Jenson Button und Rubens Barrichello hätten ihn mit offenen
Armen begrüßt. Wohl nicht zuletzt auch deshalb, weil sie wissen, "dass ich
ihnen ihren Job nicht streitig mache".
Ferrari für Wurz Favorit
Wurz' WM-Einschätzung: "Ferrari hat
zumindest in Melbourne die Nase vorne. Man soll Felipe Massa nicht
unterschätzen, und auch Lewis Hamilton ist ein begnadeter Fahrer, aber
Raikkönen wird wieder Weltmeister", ist Wurz überzeugt. Die fehlenden
Fahrhilfen wird man laut Wurz am ehesten am Start bemerken. "Da kann's
happig werden. Es werden wie früher einige von hinten durchpreschen,
umgekehrt der Pole-Mann manchmal fünf Plätze verlieren. Das wird spannend."