Spionage-Affäre

Lauda hält Urteil für überzogen

Teilen

Für 3fach-Weltmeister Lauda ist das Urteil gegen McLaren "extrem hart". Toro Rosso-Boss Berger sieht die Strafe gelassener.

Die österreichischen Formel-1-Experten haben das harte Urteil der FIA im Spionage-Fall um McLaren-Mercedes zum Teil sehr differenziert zur Kenntnis genommen. Während der dreifache Weltmeister Niki Lauda das "extrem harte Urteil" heftig kritisierte, erklärte Gerhard Berger im Gespräch: "Man muss die 100 Millionen Dollar in Relation sehen. Das ist bei McLaren vielleicht ein Fünftel des Budgets. Das werden sie überleben."

Lesen Sie hier: Drakonische Strafe gegen McLaren

Der Weltverband müsse allerdings schlüssige Beweise gehabt haben, vermutete Berger, sonst hätte er nicht eine dermaßen hohe Strafe aussprechen können. "Das ist sehr viel Geld, aber falls eine Verletzung der Regeln passiert ist, muss das auch ordentlich bestraft werden. Natürlich tut die Strafe weh", erklärte Berger. "Uns würde schon eine Million sehr wehtun", erinnerte der Mitbesitzer des Red-Bull-Zweitteams Scuderia Toro Rosso.

Lesen Sie hier: Die härtesten Strafen in der F1

Versetzung in der Boxenstraße
In der kommenden Saison wird McLaren am hinteren Ende der Boxengasse ganz in der Nähe von Toro Rosso anzutreffen sein. Denn dem Topteam werden auch alle Punkte für die Konstrukteurs-WM abgezogen. "Ob das gerecht oder ungerecht ist, kann ich nicht beurteilen", betonte Berger, der einst selbst für McLaren-Teamchef Ron Dennis gefahren war. "Das ist sicher keine leichte Situation für ihn."

Kritik an Urteilsverkündung
Dennis fühlt sich und sein Team jedenfalls ungerecht behandelt, will mit einem Protest aber zumindest bis zur offiziellen Urteilsbegründung, die für Freitagnachmittag erwartet wurde, warten. Dass die Begründung nicht gleich mit dem Urteil erfolgt war, kritisierte der ehemalige McLaren-Weltmeister Lauda: "Ich kann mir nicht vorstellen, was für Beweise dem FIA-Weltrat vorgelegen sind, um zu so einer Entscheidung zu kommen."

McLaren oder zumindest dessen ehemaliger Chefingenieur Mike Coughlan hatte vertrauliche Ferrari-Daten zugespielt bekommen. "Aber selbst wenn McLaren im Besitz der Ferrari-Zeichnungen sein sollte, könnten sie das nicht 1:1 umsetzen", hält Lauda den Wettbewerbsvorteil für gering. Den Transfer von Know-how habe es in der Formel 1 allerdings schon immer gegeben. Etwa wenn ein Ingenieur den Rennstall gewechselt hatte.

Lesen Sie hier: Die Chronologie der Spionage-Affäre.

"Das Urteil ist extrem hart. Ich habe noch nie in irgendeiner Sportart von einer solch hohen Strafe gehört", erinnerte Lauda. Selbst in der Formel 1 hatten neunstellige Dollar-Beträge als Strafe bis zuletzt utopisch gewirkt. Seit Donnerstag sind sie Realität.

Lauda befürchtet durch die gesamte Spionage-Affäre einen nachhaltigen Imageverlust für die Königsklasse des Motorsports. "Aber die Formel 1 ist schnelllebig. Am Samstag und Sonntag spielt das Sportliche wieder die Hauptrolle", meinte der 58-jährige Wiener. Dann steht der Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps auf dem Programm. Und der Favorit heißt einmal mehr McLaren.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.