Stallduell eskaliert

Vettel und Leclerc müssen zum Rapport

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Die beiden Ferrari-Piloten lieferten sich nach Crash ein Schreiduell

Die Teamleitung von Ferrari ist einmal mehr gefordert. Das schon vielfach hitzig geführte Stallduell zwischen Jungstar Charles Leclerc und dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel ist am Sonntag im Grand Prix von Brasilien eskaliert. "Die Dummheit", titelte die italienische Sportzeitung "Gazzetta dello Sport" am Montag nach dem Doppelausfall in Interlagos in großen Lettern.
 

Schuldfrage

Die Schuldfrage für die Berührung auf der Strecke, die sowohl Leclerc als auch Vettel sechs Runden vor Schluss aus dem Rennen bugsierte, ist vorerst ungeklärt. Mattia Binotto nahm beide Streithähne in die Pflicht. "Ich denke, den Fahrern sollte in erster Linie das Team leid tun", betonte der Ferrari-Teamchef. "Es war ein kleiner Unfall mit großen Folgen."
 
Binotto will die Kollision nach der Rückkehr aus Brasilien in Maranello aufarbeiten. Es gehe aber nicht darum, jemanden zu bestrafen oder alleine dafür verantwortlich zu machen, erklärte der 50-Jährige. Zumal der zweite Platz in der Konstrukteurs-WM gegenüber Red Bull bereits abgesichert gewesen war, hätten beide Piloten frei fahren dürfen. "Frei fahren heißt aber nicht, sich dumme Aktionen zu erlauben unter zwei Teamkollegen. Und das war für mich eine dumme Aktion", sagte Binotto.
 

Schreiduell

Vettel war beim Überholen auf der Geraden minimal nach links geschwenkt, es kam zur Berührung. Am Boliden von Leclerc brach die Radaufhängung, Vettel schlitzte sich den linken Hinterreifen auf. Es folgte ein Schreiduell auf dem Boxenfunk, bei dem die internationale Regie Schimpfwörter aussparen musste. "Mein Gott, muss das sein?", fluchte Vettel. "Was zur Hölle?", fragte sich auch Leclerc. Die Rennkommissäre werteten die Aktion als normalen Rennunfall, sahen von einer Bestrafung ab. Beide Piloten hätten ihrer Einschätzung nach die Chance gehabt, den Unfall zu vermeiden oder zumindest zu mildern.
 
 Die Atmosphäre bei Ferrari ist schon seit Saisonbeginn angespannt. Leclerc hat früh deutlich gemacht, dass er sich mit der Nummer-zwei-Rolle nicht begnügen wird. Der 22-Jährige gilt als große Zukunftshoffnung. Vettel, der wegen eigener Fehler zusehends in die Kritik gerät, hat den zehn Jahre jüngeren Monegassen sportlich nicht im Griff.

Drahtseilakt für 2020

Auch nach der fünften Saison mit Vettel im Cockpit steht Ferrari ohne WM-Titel da. Die Übermacht von Mercedes ist zu groß, dazu scheint Red Bull mit Brasilien-Sieger Max Verstappen die Lücke geschlossen zu haben. Die Nervosität bei den Italienern wird zusehends größer. Auf welches Pferd sie in Zukunft setzen werden? Vettels Vertrag läuft nur noch bis Ende der kommenden Saison, jener von Leclerc ist bis 2022 befristet.
 
Leclerc hat in seiner ersten Ferrari-Saison immerhin zwei Siege und sieben Polepositions geholt. Vettel stand einmal ganz oben und zweimal auf Startplatz ein. Während der Deutsche in Interlagos am Start einen Platz verlor, holte der wegen einer Motorenstrafe nur von Rang 14 gestartete Leclerc in sieben Runden sieben Positionen auf. Erst dadurch kamen sie einander überhaupt in die Quere.
 
Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. "Das Problem der Scuderia für 2020 wird es sein, mit der Rivalität umzugehen", meinte die Zeitung "Tuttosport". Toto Wolff etwa, Teamchef beim Konkurrenten Mercedes, hatte am Höhepunkt des Stallkrieges zwischen Lewis Hamilton und dessen damaligem Teamkollegen Nico Rosberg 2016 einen Verhaltenskatalog erstellt. Binotto kann damit wenig anfangen. "Ich weiß nicht, was Toto gemacht hat", sagte der Italiener. "Ich will es nicht beurteilen und es interessiert mich auch nicht."
 
Ferrari hat eigene Sorgen. Durch seinen dritten Saisonsieg schob sich Verstappen in der Fahrer-WM hinter dem Mercedes-Duo Hamilton und Valtteri Bottas an Leclerc vorbei auf Rang drei. Elf Punkte liegt der Niederländer vor dem Finale in zwei Wochen in Abu Dhabi vor dem gleichaltrigen Monegassen. Vettel kann nur noch mit einem Sieg in den Emiraten an Leclerc vorbeiziehen. WM-Endrang fünf wäre für den 32-Jährigen der bisher schlechteste seiner Ferrari-Ära.
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