Muster fordert:

"Die Jungen müssen erst was gewinnen"

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Ex-Nr.1 verteidigt Angebot für Wildcard bei Stadthallenturnier.

Frage: Hast du dir den Verlauf deines Comeback in etwa so vorgestellt?
Thomas Muster : Es ist ja kein Comeback . Schumacher und Armstrong machen Comebacks. Das sind Leute, die Formel 1 und Tour de France fahren. Ich spiele Challenger. Das wäre so, wie wenn Häkkinen DTM fährt. Das sind dort alles gute Autofahrer, es ist aber nicht die Formel 1. Wenn ich in Paris oder Wimbledon eine Wild Card bekommen würde, könnte man von einem Comeback reden. Für mich ist das im Moment ein tolles Hobby, bei dem ich jeden Monat dazu zahle. Das Preisgeld in der ersten oder zweite Runde eines Challenger-Turniers bewegt sich zwischen 150 und 350 Euro. Wenn ich mit dem Auto nach Italien fahre, geht das schon für den Sprit drauf. Es ist sicher nicht lukrativ. Ich mache es aber gerne und deshalb trainiere ich täglich dafür. Ich gehe jeden Tag auf den Platz, als ob es meine Arbeit wäre. Was dabei rauskommt ist völlig egal. Ich habe natürlich Zielsetzungen, mache mir aber keinen Druck.

Frage: Du hast in Ljubljana im fünften Anlauf dein erstes Match nach deinem Comeback gewonnen. Was war das für ein Gefühl nach elf Jahren Pause?
Muster: Naja, ich hab ja jetzt nicht elf Jahre lang probiert ein Match zu gewinnen. Es war auf alle Fälle ein schönes Gefühl, mal wieder ein Match zu beenden. Man sieht, dass es in die richtige Richtung geht und die Anstrengungen Früchte tragen.

Frage: Im Achtelfinale hast du gegen Di Mauro klar in zwei Sätzen verloren. Was fehlt gegen so einen Mann wie Di Mauro noch?
Muster: Ich habe mein erstes Match erst gegen Mitternacht beendet und am nächsten Tag das erste Match des Tages spielen müssen. Das war eine ziemliche Umstellung. Zuerst spiele ich bei kaltem Wetter und Flutlicht und dann um 13 Uhr zu Mittag gegen Di Mauro, der ein Routinier ist und auch schon einen Jürgen Melzer bei den US Open geschlagen hat. Die Kategorie "Challenger" darf man nicht unterschätzen. Zwischen einem Zweitrunden-Einzug bei den US Open und einem Halbfinale bei einem Challenger-Turnier ist nicht mehr viel Unterschied. Da bewegt man sich schon in Regionen, die Richtung Weltklasse gehen. Ich bin wegen der Niederlage nicht enttäuscht. Die Partie hat eineinhalb Stunden gedauert - das zeigt schon, dass da Qualität dahinter ist. Die Leistung war o.k. Ich habe aber auch gesehen, dass noch Aufholbedarf ist.

Frage: Wie hast du deine Ziele definiert?
Muster:
Für heuer habe ich überhaupt kein Ziel. Ich will einfach nur gut Tennis spielen und schauen, wo ich hinkomme. Im März, April des nächsten Jahres will ich ready sein.

Frage: Wie schaut derzeit dein Alltag aus?
Muster: Ich stehe jeden Tag um sechs Uhr auf, weil mich da meine Tochter aufweckt. Dann kriegt sie jeden Tag die Flasche von mir und wird gut gewickelt. Zwischen Frühstück und spielen beginnen wir unseren Tag. Dann übernimmt meine Frau und ich gehe zum Training. Am Vormittag sind das etwa vier Stunden und am Nachmittag noch einmal eine Einheit. Ungefähr trainiere ich täglich also fünf bis sechs Stunden. Dazu kommen zwei, drei Massagen in der Woche und etwas Physiotherapie. Ein normales Profileben.

Frage: Hast du auch sonst dein Leben umgestellt? Wie zum Beispiel die Ernährung oder das Rauchen.
Muster: Das geht sowieso nicht - weder Rauchen noch Alkohol. In den letzten Monaten habe ich keinen Tropfen getrunken. Das würde sich nicht vereinbaren lassen und wäre auch nicht o.k. Ich lebe so, wie ich früher gelebt habe. Völlig frei von jeglichen Lastern (lacht).

Frage: Wie geht deine Familie mit deiner Rückkehr ins Turnier-Tennis um?
Muster: Meine Familie ist mir das Wichtigste. Sobald es auf Kosten der Familie gehen würde, würde ich es sofort sein lassen. Meine Frau unterstützt mich und das ist mir sehr wichtig.

Frage: Du bist derzeit im Gespräch für eine Wild Card in der Wr. Stadthalle. Wie schätzt du deine Chancen ein bzw. willst du überhaupt im Hauptbewerb spielen?
Muster: Ich würde gerne spielen. Ich habe die Wild Card angeboten bekommen und würde sie auch gerne annehmen. Es hängt aber davon ab, wie es in den nächsten Wochen läuft. Deshalb habe ich auch um Bedenkzeit gebeten, um eine Entscheidung zu treffen. Es gibt ja mehrere Anwärter und da gilt es abzuwägen, ob man jemandem eine Wild Card wegnimmt. Qualifikation werde ich aber auf jeden Fall spielen.

Frage: Ein bisschen ein schlechtes Gewissen hättest du also schon, wenn du einem anderen Österreicher eine Wild Card wegnehmen würdest.
Muster: Nein, ein schlechtes Gewissen hätte ich nicht. Die müssen erst einmal einen Grand-Slam-Titel und 44 Turniersiege gewinnen. Es ist nicht so, dass die Leistungen der Österreicher so vom Dach winken, dass sie unumgänglich sind. Außerdem kann ja auch ein Ausländer eine Wild Card bekommen. Eine Wild Card für Martin Fischer ist sicher gerechtfertigt. Er hat heuer sehr gut gespielt, im Davis Cup gewonnen und ist zweitbester Österreicher im Ranking. Dann gibt es aber eine große Kluft. Ob man sie einem Stefan Koubek, einem Andi Haider-Maurer oder meiner Person gibt, hängt vom Turnierveranstalter ab. Der muss entscheiden, bei wem er mehr Zuschauer und Interesse erwartet. Da kann man sicher drüber diskutieren. Wenn ich die Wild Card annehme, nehme ich sie aber mit einem ruhigen Gewissen an.

Frage: Wie siehst du derzeit die Lage im österreichischen Tennis? Jürgen Melzer kratzt an den Top Ten, im Davis Cup sind wir wieder in der Weltgruppe - es hat schon mal schlechter ausgesehen.
Muster: Es hat schon mal besser und es hat schon mal schlechter ausgesehen. Tennis hat in Österreich einen sehr hohen Stellenwert von den Leistungen her. Vom Publikum wird es aber nicht so akzeptiert wie zum Beispiel Fußball oder Skifahren. Das ist mir nicht ganz verständlich. Es ist aber nun mal so, dass wir im Davis Cup seit langer Zeit zu den besten Nationen der Welt gehören. Im Fußball sind wir seit 20 Jahren nicht unter die besten 16 Nationen gekommen. Skifahren ist nur ein Fünf- oder Sechs-Nationensport. Ich will deren Leistungen aber nicht schmälern. Der ÖSV ist ein sehr gut geführter Verband. Deshalb kommt da auch was raus. Tennis ist aber ein Weltsport und trotzdem gehören wir zur Weltklasse. Ich weiß nicht, wann man das einmal honoriert. Ich hoffe, dass die Erfolge der letzten Monate viele Leute dazu animieren, heuer wieder in die Stadthalle zu kommen.

Frage: Du nimmst bei der BA-TennisTrophy auch erstmals die Rolle des offiziellen Turnier-Botschafters ein. Wie schauen da deine Aufgaben aus?
Muster: Naja, das ist eine Funktion, die man bekommt wie graue Haare. Ich werde das Turnier nach außen vertreten und unterstützen. Mit Spielerverpflichtungen oder dergleichen habe ich aber nichts zu tun.

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