Erste Prozesswoche war Bestätigung für alle, die den Fußball als verkommen ansehen.
Angebliche Morddrohung im Gerichtssaal gegen den Kronzeugen der Staatsanwaltschaft, ein Suizid und die Offenlegung eines mafia-ähnlichen Bestechungssystems - der erste Prozess im Zuge des FIFA-Korruptionsskandals im New Yorker Stadtteil Brooklyn hat alle Zutaten für einen Hollywood-Thriller. Die Hauptrolle im ersten Teil hatte dabei Alejandro Burzaco.
Der frühere Chef einer argentinischen Sportmarketingfirma sagte von Dienstag bis Freitag als wichtigster Zeuge der Anklage aus. Er belastete die einstmals hochrangigen Fußball-Funktionäre Jose Maria Marin (Ex-Chef des brasilianischen Verbandes), Angel Napout aus Paraguay (Ex-Chef des südamerikanischen Verbandes CONMEBOL) und Manuel Burga (Ex-Chef des peruanischen Verbandes).
Alle drei müssen sich in New York wegen Bestechlichkeit im großen Stil verantworten. Sie sollen über zwei Jahrzehnte Millionen an Schmiergeldern bei der Vergabe von Fernsehrechten eingestreift haben. Das Trio plädiert auf "nicht schuldig".
Burzaco packt aus
Doch Burzaco nannte in seinen Aussagen während dieser Woche in New York noch andere Details, Namen und Summen und lieferte eine Bestätigung der Korruptions-Auswüchse im Welt-Fußball. "Es überrascht mich nicht, was ich aus den Vereinigten Staaten höre", sagte der ehemalige Chef der FIFA-Ethikkommission und deutsche Richter, Hans Joachim Eckert, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Die amerikanischen Justizbehörden verfügen wohl aufgrund der Vielzahl der Verfahren und Angeklagten über eine Menge Hinweise auf korruptives Verhalten oder Merkmale von organisierter Kriminalität, dass es jetzt ans Eingemachte geht."
Burzaco hat sich selbst in mehreren Punkten schuldig bekannt und erhofft sich durch seine Kooperation mit den US-Ermittlungsbehörden Strafmilderung. Dass der Vergleich mit einem Mafia-Prozess nicht weit hergeholt ist, zeigte sich, als der 53-Jährige am Mittwoch von Todesdrohungen gegen ihn berichtete. Im Gerichtssaal soll der Angeklagte Burga dabei in Richtung Burzacos mit der Hand über seine Kehle gegangen sein - was als Drohung interpretiert wurde und nun von Richterin Pamela Chen untersucht wird. Vorerst wurde der Peruaner unter Hausarrest gestellt.
Gleich zum Auftakt des Prozesses hatte Burzaco für Aufsehen gesorgt. Er bezichtigte am Dienstag den 2014 gestorbenen Ex-FIFA-Vizepräsidenten Julio Grondona, bei der Vergabe der WM 2022 an Katar im Dezember 2010 für seine Stimme mehr als 800.000 Euro angenommen zu haben. Ein erster Hinweis darauf, dass möglicherweise Stimmen bei der Wahl Katars tatsächlich gekauft wurden. Ein Vorwurf, der schon lange im Raum steht, den aber das Emirat stets bestreitet.
Selbstmord nach Bestechungsvorwurf
Am Donnerstag gestand Burzaco, mit seiner Firma über mehrere Jahre bis zu seiner Verhaftung 2015, 30 Fußball-Funktionäre mit insgesamt bis zu 160 Millionen Dollar (135,93 Mio. Euro) bestochen zu haben. Er habe ja gewusst, dass Bestechung Teil des Geschäfts sei, als er 2004 zu seiner Firma kam. "Ich dachte aber nicht, dass es sich in ein so schmutziges Geschäft verwandeln würde", sagte er.
Burzaco belastete auch den argentinischen früheren Regierungsbeamten Jorge Delhon. Der Rechtsanwalt soll als Angestellter des Regierungsprogramms "Fußball für alle" Bestechungsgelder angenommen haben. Der 52-Jährige beging in Buenos Aires nach Burzacos Vorwürfen Selbstmord.
Mehr als 40 Personen haben sich im Zuge der US-Ermittlungen inzwischen schuldig bekannt, mehr als zwei Jahrzehnte insgesamt mindestens 150 Millionen US-Dollar (127,43 Mio. Euro) an Schmiergeldern angenommen zu haben. Das Schauspiel im Brooklyner Gerichtssaal soll bis zu sechs Wochen dauern. Weitere dramatische Höhepunkte dürften also folgen.