Drama um Österreicher bei der Leichthletik-WM in Osaka: Hindernisläufer Weidlinger stürzte schwer - er knallte mit dem Kinn gegen den Balken.
Dramatisch zu Ende gegangen ist der vielleicht letzte WM-Auftritt über 3.000 m Hindernis von Günther Weidlinger. Der 29-Jährige kam am Sonntag im Vorlauf der Leichtathletik-Welttitelkämpfe in Osaka bei der ersten Hürde der zweiten Runde zu Sturz, knallte mit dem Kinn gegen den Balken und zog sich eine Rissquetschwunde an Unterlippe und Unterkiefer zu, die genäht werden musste. Der WM-Neunte 1999 von Sevilla und WM-Zwölfte 2005 in Helsinki bleibt zur Beobachtung zumindest eine Nacht im Spital, danach wird der Gesundheitszustand weiter beurteilt.
Ausfall nicht kompensierbar
Für den Österreichischen
Leichtathletikverband, der nur drei Sportler bei der WM im Einsatz hat
(Andrea Mayr 41. über 3.000 m Hindernis; Clemens Zeller über 400 m am
Dienstag), ist der Ausfall von Weidlinger, der eine große Finalchance hatte,
nicht kompensierbar. "Zum Glück ist es weniger schlimm als im ersten
Moment befürchtet, aber trotzdem eine Katastrophe, weil er unser bester
Athlet war. Ich sehe die Zukunft vom Günther auf den 10.000 Metern. Er hat
heuer schon damit geliebäugelt, er war Zweiter beim Europacup in Ferrara, er
wollte auch das WM-Limit laufen, das hat aber nicht geklappt", sagte
ÖLV-Sportdirektor Hannes Gruber.
Weidlinger war im ersten Vorlauf um 10:00 Uhr früh am Start, nach nur rund 450 Metern lag der Oberösterreicher nach dem Sturz bewegungslos auf dem Boden und blutete stark im Gesichtsbereich. Er war beim letzten Schritt vor dem Abspringen mit der Schuhspitze vermutlich am neuen relativ glatten Belag hängen geblieben und wegen der Geschwindigkeit in sehr tiefer Lage auf die spitze Kante der Hürde gekracht, was die extreme Rissquetschwunde erklärt. Danach rutsche er unter dem Hindernis durch und kam bewusstlos auf der Bahn zu liegen.
Rempler?
"Wir sind auf mittlerer Höhe im Stadion gesessen
und es war auf der Leinwand im Stadion keine Wiederholung zu sehen, sonst
bekommt man ja immer Szenen von Stürzen nachgespielt. Ich habe mehrere
Personen gefragt, niemand hat Fremdeinwirkung gesehen. Ich will es nicht
hundertprozentig ausschließen, aber es ist unwahrscheinlich",
sagte auch Gruber. Die TV-Bildern lassen keine eindeutigen Rückschlüsse zu,
ob ein kleiner Rempler eines Konkurrenten dabei war, was im Steeple aber
keine Seltenheit ist.
Teamarzt Dr. Andreas Kröner, der neben Gruber saß, schnappte sich sofort die "Post Event Control Special Card" und eilte ins Infield zum Athleten, der während der Erstversorgung noch auf der Laufbahn lag. Das Rennen wurde indes fortgesetzt, ein Kampfrichter sperrte die erste Bahn ab, und die Läufer gingen direkt neben Weidlinger über die Hürden: "Medizinisch gesehen war das absolut richtig, er war bewusstlos und mit Kopfverletzung, da darf man niemanden wegzerren", war Gruber ob der professionellen Vorgehensweise erleichtert. Proteste wegen Behinderung wären aber möglich gewesen, da die Sportler einen "weiteren" Weg hatten.
Schock
Nach rund 30 Minuten Versorgung im Stadiongelände wurde
der OIympia-Achte von Sydney mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht,
begleitet von seinem Vater und Trainer Heinrich Weidlinger, dem der Schock
ins Gesicht geschrieben stand, und Dr. Kröner. "Ich bin froh, dass
wir so einen kompetenten Teamarzt mithaben, er war bei allen Untersuchungen
dabei und hat auch organisiert, dass Heinrich über Nacht bei Günther im
Zimmer bleiben kann", meinte Gruber.
Der Oberösterreicher Weidlinger, dessen erfolgreiche Karriere auch von zahlreichen Stürzen geprägt ist, war während einer halben Stunde nach dem Sturz immer wieder bewusstlos. "Er wacht manchmal auf und spricht dann, aber er ist sich der Situation nicht bewusst. Er fragt zum Beispiel, welche Zeit er gelaufen ist", erzählte Gruber. Um halb zwölf Uhr Ortszeit hatte Kröner dann gute Nachrichten. "Günther war rund 30 Minuten nach dem Sturz meist bewusstlos, ist aber nun wieder klar orientiert und ansprechbar. Er hat keinen Bruch erlitten, alle Zähne sind in Ordnung, eine Computertomographie von Schädel und Halswirbelsäule hat keine weiteren Verletzungen ergeben."