Kopfschütteln bei Fuchs und Prödl über bevorstehenden Brexit
Der Transfer-"Deadline Day" am Donnerstag wird wohl als jener Tag in die Premier-League-Historie eingehen, an dem Englands Clubs letztmals als Vereine eines EU-Mitgliedslandes Spieler erwerben durften. Der für 31. Oktober geplante Brexit kommt näher, und mit ihm die Ungewissheit, welche Folgen Großbritanniens EU-Austritt für die populärste, finanzkräftigste und stärkste Fußball-Liga der Welt hat.
Nach derzeitigem Stand dürfen Kicker aus dem Nicht-EU-Ausland im Normalfall nur ab einer gewissen Anzahl von Länderspielen nach England geholt werden. Sollte diese Regelung nach dem Brexit auf alle Staaten umgelegt werden, wären die Auswirkungen gravierend, weil der Zugriff auf aufstrebende internationale Profis verloren gehen würde. So hätte etwa der französische Weltmeister Ngolo Kante, auf der Insel zum Star gereift, den Sprung in die Premier League erst gar nicht geschafft.
Keine Gefahr für die Liga
Auch Watford-Tormann Daniel Bachmann wäre unter diesen Voraussetzungen wohl nicht nach England zu transferieren, schließlich wartet der gebürtige Wiener noch auf seinen ersten Länderspiel-Einsatz. Als Profi mit einem schon vor dem Brexit gültigen Arbeitspapier muss er allerdings ebensowenig Ungemach befürchten wie die beiden übrigen österreichischen Premier-League-Profis Sebastian Prödl und Christian Fuchs.
Letzterer sieht im EU-Abschied Großbritanniens keine wirkliche Gefahr für die Premier League. "Die ist in England ein Heiligtum und spült viel Geld ins Land. Da wird es sicher Ausnahmeregelungen geben", sagte der seit 2015 bei Leicester City engagierte Niederösterreicher der APA.
Dieser Meinung schloss sich der seit vier Jahren bei Watford unter Vertrag stehende Prödl an. "Sie werden die Premier League schützen, denn die ist in England ein riesiger Wirtschaftsfaktor."
Fuchs musste nach London umziehen
Einig sind sich die beiden auch in ihrer grundsätzlichen Einstellung zum Brexit. Prödl meinte dazu: "Das ist schwer nachvollziehbar, weil Großbritannien kein Produktionsland, sondern ein Dienstleistungsland ist." Fuchs formulierte es drastischer. "England hat sich damit selbst ein Grab geschaufelt", sagte der 33-Jährige. "Das ist eine schlechte Entscheidung. Sehr viele Unternehmen werden darunter leiden."
Der Linksverteidiger hat die Auswirkungen des Votums im Juni 2016 gegen die EU schon zu spüren bekommen. Der Direktflug Birmingham - New York wurde wenige Monate nach der Abstimmung gestrichen, begründet wurde dies mit dem bevorstehenden Brexit und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Unsicherheit.
Da Fuchs oft zu seiner Familie nach New York reist beziehungsweise von seiner Frau und den Kindern in England besucht wird, entschloss er sich zum Umzug von Leicester nach London, um sich und seinen Angehörigen Reisestrapazen auf der Insel zu ersparen. Dafür nahm Fuchs die relativ lange Hin- und Rückfahrt zu den Trainings in Leicester in Kauf.
Ungewissheit
Prödl wiederum bemerkte in den vergangenen drei Jahren Veränderungen in seinem persönlichen Umfeld. "Es fällt mir bei vielen Nicht-Engländern auf, dass sie überlegen, auf den Kontinent zurückzukehren", erzählte der Steirer. "Das Schlimme ist die Ungewissheit. Keiner kann die Konsequenzen abschätzen."
Nach den Entwicklungen der vergangenen Monate geht Prödl mittlerweile von einem No-Deal-Brexit aus. "Wenn der Brexit überhaupt kommt. Aber wer weiß das schon? Es hat da schon so viele unerwartete Wendungen gegeben."
Ein zweites Referendum ist für den Innenverteidiger nicht völlig ausgeschlossen, jedoch unrealistisch - ebenso wie für Fuchs. "Ich glaube nicht, dass sie sich dieses Fass aufmachen", vermutete Fuchs. "Aber wenn es eine zweite Abstimmung geben sollte, dann würde sie gegen den Austritt ausgehen, weil die Leute jetzt besser informiert sind."