Er ist 28, bei seiner ersten WM – und plötzlich im Viertelfinale! Ramon Schnetzer will am Donnerstag (16.20 Uhr) mit einem Sieg gegen die Schweiz Geschichte schreiben. Im oe24-Talk verrät der Verteidiger aus Vorarlberg, was das Team so stark macht – und wie verrückt es hinter den Kulissen zugeht.
oe24: Als Österreich 1994 zuletzt in einem WM-Viertelfinale stand, warst du noch nicht einmal auf der Welt – und jetzt bist du Teil dieser neuen Erfolgsgeschichte. Was bedeutet es dir, Teil dieses historischen Erfolgs zu sein?
RAMON SCHNETZER: Es ist wirklich schwer, dieses Gefühl in Worte zu fassen. Während der WM realisiert man noch gar nicht, was da eigentlich gerade passiert. Und dann ist es auch noch meine erste WM – und wir stehen im Viertelfinale. Das ist einfach surreal. Ich glaube, „surreal“ beschreibt es am besten. So richtig realisieren werde ich es wahrscheinlich erst, wenn ich wieder zu Hause bin.
oe24: Hand aufs Herz – habt ihr als Team überhaupt daran geglaubt, dass ihr es diesmal so weit schaffen könnt?
SCHNETZER: Wir sind mit einem offenen Mindset ins Turnier gestartet. Unser erstes Ziel war ganz klar der Klassenerhalt – das haben wir offen kommuniziert. Dann haben wir uns gesagt: Wir wollen drei Siege holen, weil das zuvor noch nie gelungen ist. Und als wir das geschafft hatten, war das Viertelfinale unser nächstes Ziel. Als Profisportler gibt man sich natürlich nicht mit dem Minimum zufrieden – jeder will so weit wie möglich kommen. Und wir haben einen unglaublichen Teamspirit. Wir haben von Anfang an daran geglaubt, dass wir es schaffen können – und jetzt sind wir da.
oe24: Wenn du das Erfolgsrezept dieses WM-Teams beschreiben müsstest – was wären die drei Hauptzutaten?
SCHNETZER: Es ist meine erste WM – und plötzlich stehen wir im Viertelfinale. Also eigentlich muss ich es sein. (lacht) Nein, Spaß beiseite: An erster Stelle steht ganz klar unser Teamspirit. Jeder kämpft für jeden. Zweitens: unser Kampfgeist. Wir wissen, dass wir individuell vielleicht nicht die stärkste Mannschaft sind – aber wir werfen in jedem Spiel alles rein. Und drittens: Leidenschaft und Herz. Das sind unsere Hauptzutaten.
oe24: Stichwort „Teamspirit“ – was ist das Geheimnis hinter eurem starken Zusammenhalt? Gibt es bestimmte Rituale im Team?
SCHNETZER: Aktive Rituale haben wir keine. Es sind eher die Kleinigkeiten, die uns verbinden. Wir sind schon sehr lange zusammen im Nationalteam, und es sind im Grunde immer dieselben Spieler dabei. Wir kennen uns alle sehr gut – diese Vertrautheit schweißt uns zusammen.
oe24: Mit einem Altersschnitt von 27,5 Jahren seid ihr ein relativ junges Team. Welche Rolle übernehmen Routiniers wie Thomas Raffl oder Brian Lebler, die bereits viele Länderspiele absolviert haben?
SCHNETZER: Das sind absolute Respektspersonen. Das ganze Team schaut zu ihnen auf. Wenn jemand so lange auf Top-Niveau spielt, muss er gar nicht viel sagen oder tun – das wirkt einfach. Gleichzeitig sind beide extrem bodenständig und haben immer ein offenes Ohr für uns. Wenn zum Beispiel Raffl die Kabine betritt, spürt man sofort eine unglaubliche Energie. Und auf dem Eis merkt man ihr Alter überhaupt nicht – die hauen sich rein wie die Jüngsten. Wirklich beeindruckend. Zwei großartige Führungsspieler.
oe24: Teamchef Roger Bader wird oft als Architekt dieses Erfolgs bezeichnet. Was macht ihn aus deiner Sicht besonders?
SCHNETZER: Jeder Trainer hat seine eigene Erfolgsformel. Bei Roger ist es besonders beeindruckend, wie gut er uns auf unsere Gegner vorbereitet – egal ob das Slowenien, Schweden oder Kanada ist. Wir gehen in jedes Spiel mit dem Gefühl, dass wir gewinnen können. Und dieses Gefühl gibt er uns auch immer – das macht viel aus.
oe24: Jetzt wartet mit der Schweiz ein besonderer Gegner. Wie hat euch Bader auf sein „Heimduell“ vorbereitet, und worauf kommt es an?
SCHNETZER: Im Prinzip kommt es auf dasselbe an wie in den bisherigen Spielen. Es gibt bei einer WM keinen leichten Gegner – jede Partie erfordert 100 Prozent Einsatz. Ob Schweden oder Schweiz – das macht keinen Unterschied. Der einzige Unterschied ist, dass wir jetzt im Viertelfinale stehen. Das Niveau, die Intensität und das Tempo sind nochmal höher. Deshalb wollen wir heute als Team unser bestes Spiel abliefern.
oe24: Egal wie das Viertelfinale ausgeht – ist nach der WM eine Party wegen des historischen Erfolgs geplant?
SCHNETZER: Früher oder später wird’s auf jeden Fall eskalieren. Wenn man das erste Mal seit Jahrzehnten im Viertelfinale steht, muss das natürlich gefeiert werden. Je weiter wir kommen, desto härter wird gefeiert. Aber solange wir noch im Turnier sind, denken wir daran kein bisschen – da zählt nur der Sport.
oe24: Zum Abschluss: Was nimmst du persönlich von deiner ersten WM-Teilnahme mit?SCHNETZER: Die Erfahrung. Natürlich ist mein Ziel, noch viele weitere Weltmeisterschaften zu spielen. Ich wusste immer, was in mir steckt – und ich habe gezeigt, dass ich es verdient habe, dabei zu sein. Dass es dann so gut läuft, hätte ich mir aber nie erträumt. Ich mache in Schweden einen Assist vor ausverkaufter Kulisse, dann ein Tor gegen Frankreich – das sind Momente, die bleiben. Diese Erinnerungen kann mir niemand nehmen. Ich werde für immer mit einem Lächeln auf die WM 2025 zurückblicken.