ÖSV-Läufer und Speed-Spezialist Julian Schütter (26) ist Klima-Aktivist. Doch mit seiner Einstellung, den Planeten zu retten, stößt er nicht überall auf Gegenliebe. Besonders nicht im eigenen Team.
«Wenn mir der Schütter noch einmal meinen Fleischkonsum madigmachen sollte, werde ich ihm eine reinhauen.» Wie bitte? Solche rauen Töne ist man von den ÖSV-Fahrern nicht gewöhnt. So soll es sich im letzten Winter im ÖSV-Abfahrtsteam zugetragen haben. Die Fronten zwischen Klima-Aktivisten und Profi-Sportler verhärten sich. Das sah man zuletzt in Gurgl. Beim ÖSV-Dreifachsieg rastete Henrik Kristoffersen im Zielraum aus. Grund war eine Protestaktion der «Letzten Generation». Kristoffersen platzte der Kragen, konnte gerade noch zurückgehalten werden, ehe es zu Handgreiflichkeiten kommen konnte.
Schütters Aktionen sollen für Unmut im Team sorgen
Dass es auch ÖSV-intern Reibereien gibt, ließ Herren-Speed-Trainer Sepp Brunner im Interview mit dem Schweizer «Blick» durchklingen. «Es ist wirklich beeindruckend, was Julian für seine Vision von einer besseren Welt alles auf sich nimmt», wird Brunner zitiert. Schütter reise vor allem mit dem Zug an, was oft zu mehrstündigen Verspätungen führen kann. Hinter vorgehaltener Hand soll Österreichs Abfahrts-Hoffnung sogar als Nestbeschmutzer verunglimpft werden. Seine vegane Ernährungsweise kommt wohl auch nicht bei allen Kollegen gut an.
Brunner hat seinen Schützling bis jetzt immer verteidigt: «Ich mag den Julian, er ist ein netter Bursche. Aber natürlich habe ich ihn bis jetzt vor allem deshalb gestützt, weil ich von seinen sportlichen Qualitäten überzeugt bin.» Und die stellte er letztes Jahr in Kitzbühel unter Beweis - mit Startnummer 49 war Schütter auf der 1. Abfahrt mit drittbester Zwischenzeit unterwegs, ehe wegen eines Sturzes vor ihm abgewunken wurde. Tags darauf wurde Schütter von der Streif abgeworfen: Riss des vorderen Kreuzbandes sowie eine Meniskusverletzung im linken Knie.
Herrenchef Brunner stellt Schütter die Rute ins Fenster
Den Sommer nach der Operation nützte Schütter für Reha und Klimaschutz. In Innsbruck unterstützte er die «Letzte Generation» bei einer ihrer Aktionen. Aus Brunners Sicht keine gute Kombination: «Anstatt eine seriöse Reha zu machen, hat er das Thema Klimaschutz in meinen Augen zu stark forciert. Meines Wissens ist er für einen Vortrag über den Umweltschutz viermal nach Paris gefahren. So hat er mindestens einen Monat Zeit verloren, welche für seine Zukunft als Skirennfahrer so wichtig gewesen wäre.»
Der Herren-Chef erwarte von Schütter nun vollen Fokus auf den Rennsport. «Ansonsten werde ich nach dieser Saison wenig Argumente für seinen Verbleib im ÖSV-Kader haben.» Schütter reiste bereits mit dem Tross nach Beaver Creek an.
Speed-Saison startet in den USA
In den USA herrschen perfekte Trainingsbedingungen. Bereits das Sommertraining in Chile war von untypischem Wetter gekennzeichnet gewesen, wie Vincent Kriechmayr erklärte. «Sehr viel Niederschlag, sehr viel Schnee. Normal haben wir da immer sehr gute Verhältnisse, sehr stabiles Wetter, heuer war das überhaupt nicht der Fall», sagte der Oberösterreicher.
Am 1. Dezember soll dann die erste Abfahrt der Saison in Beaver Creek über die Bühne gehen. Dort will der rekonvaleszente Schütter zumindest mittrainieren - danach werden seine Karten neu gemischt.